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Zuerst die gute Nachricht: Ganz im Westen und im Norden regiert noch die wirtschaftliche Vernunft. Im Rest Europas ist sie jedoch dahingeschmolzen. Anders ist es nicht zu erklären, dass jetzt auch die EU-Kommission eine Finanztransaktionssteuer vorschlägt, samt einer saftigen Erhöhung ihres Ausgabenrahmens. Und dass sie damit vielerorts auf Zustimmung stößt.
Besonders erstaunt, dass sogar der Chef der europäischen Liberalen, der Belgier Guy Verhofstadt, diese neue Steuer lobt. Der Liberalismus ist offensichtlich schon ganz schön weit herumgekommen, wenn sein oberster Repräsentant in der EU eine Steuererhöhung „einen fantastischen Vorschlag“ nennt. Dass die selbsternannten liberalen Parteien mit Liberalismus nicht mehr viel zu tun haben, sieht man freilich auch am orientierungslosen Zerfall der deutschen FDP. In Österreich haben wir sicherheitshalber gar keine liberale Partei, daher brauchen wir uns gar nicht erst den Kopf zu zerbrechen, was am Jubel über neue Steuern noch liberal sein soll.
Dass die Wiener Regierung unreflektiert für eine Transaktionssteuer ist, wissen wir ohnedies schon lange. Blöd ist nur, dass jetzt die EU selbst jene Steuer kassieren will, auf die Rot und Schwarz schon gelauert haben.
Umgekehrt kommt vielleicht auch die EU mit ihrer Geldgier – die den Finanzrahmen 2014 bis 2020 aufbessern soll – zu spät. Denn Italien hat soeben in seiner Finanznot beschlossen, diese Steuer im Alleingang einzuführen. Und begreift nicht, wie sehr sich damit einer der ältesten Finanzplätze Europas selbst schadet.
Man muss jetzt jedenfalls ganz auf die eine solche Steuer strikt ablehnenden Skandinavier und Briten hoffen, damit der Unfug nicht europaweit Wirklichkeit wird. Aber derzeit wird ja in Europa offenbar jeder Unfug Wirklichkeit. Bevor die EU auf die vielen Geldverschwendungsprojekte verzichtet, lassen sich ihre Machthaber nur das einfallen, was Politikern immer einfällt: Steuern, Steuern, Steuern. Die EU-Kommission will einfach mehr Geld zum Ausgeben haben.
Und warum ist das ein Unfug? Weil die Lasten auf der europäischen Wirtschaft diese immer weniger wettbewerbsfähig machen; weil immer mehr Investitionen abwandern; weil die europäischen Länder ohnedies schon die höchsten Steuerquoten der Welt zu tragen haben; weil bis auf seltene Ausnahmen die Politik mit Geld viel schlechter umgeht als Bürger oder Wirtschaft; weil der Finanztransaktionssteuer wegen künftig viel Geld, Zeit und Gehirnschmalz unproduktiv für komplizierte Konstruktionen verschwendet werden wird, um die neue Steuer zu umgehen; weil nichts so schnell aus Europa weg ist wie Kapital; weil Finanzzentren wie Singapur oder Hongkong nur darauf warten, europäische Vermögen aufzunehmen; weil dadurch unweigerlich jede noch so harmlose Banküberweisung mit einer zusätzlichen Mittelstands-Steuer belastet wird.
Oder sollen die Menschen ihren Obolus künftig wieder im Plastiksackerl beim Finanzamt, beim Hausverwalter, beim Stromlieferanten abgeben?
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.