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Shit of the World

Die sensationelle Einstellung der britischen Massenzeitung „News of the World“ – trotz einer satten Millionenauflage – an diesem Wochenende lässt uns mit einer Reihe von Erkenntnissen wie auch Fragen zurück. Über die Rolle der Medien wie auch über unser Recht auf Privatheit.

Als Erstes sollte dennoch etwas gesagt werden, was in der Häme vieler medialer Berichte über dieses plötzliche Ende einer Zeitung bewusst vergessen worden ist: Es ist ein Akt der Anständigkeit, wenn der Verleger Rupert Murdoch das vor Unanständigkeit triefende Blatt, das illegal Verbrechensopfer und andere Bürger abhören ließ, nun über Nacht schließt. Es bleibt ein eindrucksvolles Signal – auch wenn er es vermutlich nicht zuletzt deshalb tut, um seinen Ruf als Geschäftsmann zu retten.

Zweitens: Noch nie ist vor den Augen aller Welt so klar geworden, dass Boulevard-Journalismus die Grenze zum Kriminellen längst und fast ständig überschreitet. Er hat mit dem um Wahrheit, um einen Beitrag zur demokratischen Diskussion ringenden Journalismus nichts mehr zu tun. Er bedient primär niedere voyeuristische Gelüste der Menschen. Außer dem Bedrucken von Papier (beziehungsweise seit einigen Jahren dem  elektronischen Beflimmern von Bildschirmen) sind das völlig getrennte Welten. Sie haben ungefähr so viel miteinander zu tun wie eine echte Liebesbeziehung mit einem betrunkenen Besuch im Bordell: In konkreten physischen Aktionen mag es Ähnlichkeiten geben, innerlich sind es totale Gegensätze.

Drittens fällt auf, dass dieses Aus für „News of the World“ am gleichen Tag verkündet worden ist, da wir in einer österreichischen Boulevardzeitung Badephotos von Karl Heinz Grasser und seiner Frau zu sehen bekommen, die ganz offensichtlich ohne die Zustimmung der beiden veröffentlicht und höchstwahrscheinlich auch geschossen worden sind. Wer die Bordellwelt des Boulevards kennt, weiß, dass für solche Photos viel Geld bezahlt wird, auch wenn ihr Nachrichtenwert einzig im voyeuristischen Blick auf die weitgehend unbedeckten Körper der beiden Promis besteht. Dass wir vom Verleger jenes Blattes nicht dieselbe Anständigkeit wie von einem Murdoch erwarten können, scheint klar. Wirklich übel wird dem Bürger nur, wenn er entdeckt, wie sehr die SPÖ dieses Blatt durch Inserate auf Kosten unserer Steuergelder am Leben erhält. Und die Korruptionsstaatsanwaltschaft dagegen noch immer nicht vorgeht.

Viertens: Wir sollten uns aus all diesen Fällen heraus bewusst werden, dass die moderne Technik imstande ist, praktisch jeden Schutz der eigenen Privatheit zu durchbrechen. Telefone werden problemlos abgehört; Teleobjektive durchdringen jede Entfernung; geheim angebrachte Funksender können jedes Auto verfolgen; Trojaner, Viren und Spyware können unsere Computer missbrauchen; jeder Adressverlag hat uns mit all unseren Eigenschaften gespeichert und verkauft die Adressen (notfalls über das Ausland) an zahlungswillige Interessenten. Bei allem Segen, den die moderne Technik gebracht haben, sind das extrem schmerzende Nebenprodukte. Und es können nur sehr naive Menschen glauben, dass es jemals wieder ein Leben ohne diese Spionage-Instrumente geben wird. Ein Wissen und eine Technologie, die in der Welt sind, können nicht mehr aus dieser geschafft werden.

Fünftens: Es zeigt sich erneut, dass es geradezu lächerlich ist zu glauben, dass die komplizierte Datenschutz-Gesetzgebung gegen diese üblen Entwicklungen etwas hilft. Ganz im Gegenteil: Der Datenschutz schützt nur wieder andere Übeltäter: Das gilt vor allem für faule oder korrupte oder ihre Schrebergartenherrschaft verteidigende Beamte und Politiker. Deswegen ist ja auch die Korruption in jenen Ländern am niedrigsten, die volle Transparenz aller Daten und Akten der öffentlichen Verwaltung herstellen. Und überdies schützt der Datenschutz oft Verbrecher vor einer Entdeckung, wenn sich die Polizei im Gegensatz zu Journalisten an Gesetze hält.

Sechstens: Was als einziges die Privatheit ein wenig besser sichern könnte, wären strenge Strafen für all jene, die illegal beschaffte Photos oder Abhörprotokolle veröffentlichen. Denn diese Täter können in aller Regel nicht geheimbleiben. In Österreich braucht sich aber kein halbseidener Verleger zu fürchten, wenn er solche Photos veröffentlicht. In Österreich werden von einer ideologisierten Staatsanwaltschaft nach außen gespielte Akten mit geheimen Abhörprotokollen von grünen Abgeordneten im Parlament verlesen. In Österreich werden solche Texte vom Dekan der juridischen(!) Fakultät zur öffentlichen Aufführung gebracht.

Siebentens: Medien in ihrer Verkommenheit und Geldgier drohen zum Totengräber der Demokratie zu werden. Denn diese kann ohne Medien nicht funktionieren, die einem gemeinsamen demokratischen Werte- und Verhaltenskodex verbunden sind. Sie sind es aber kaum noch.

 

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