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An den Turbulenzen auf den Finanzmärkten ist ein Aspekt besonders schlimm – und den Akteuren zuwenig bewusst: die absolute Ungewissheit der bevorstehenden politischen Entscheidungen. Dabei braucht jedes wirtschaftliche Handeln sichere Rahmenbedingungen dringender als alles andere.
Investitionen wie Kreditaufnahmen sind nur dann rational möglich, wenn das Verhalten von Staaten und Notenbanken vorhersehbar ist. Und das ist es in Europa keineswegs. Bekanntestes Beispiel für falsche Behauptungen von Notenbanken, Regierungen und EU-Instanzen sind die regelmäßigen Beteuerungen, dass Griechenland/Irland/Portugal/(und wieder)Griechenland keine Sonderhilfe benötigen. Was dann wenige Wochen später jeweils anders war. Wer soll da heute noch den fast bis auf den Buchstaben gleichlautenden Beteuerungen in Hinblick auf Spanien und Italien glauben?
Das führt Banken wie Versicherungen in ein unlösbares Dilemma. Sie stehen nämlich vor der Frage: Soll und darf man das Geld der Anleger, Sparer und Lebensversicherten nun in einem der genannten Länder anlegen oder nicht? Legen sie dort im Vertrauen auf die Aussagen der Politik und Notenbanken Geld an, aber eines jener Länder wird dann doch fallengelassen (oder gar mehrere), dann sind manche Finanzinstitute selber in Lebensgefahr. Zumindest werden sie in jedem Fall erneut als böse Spekulanten an den Pranger gestellt, die in Junk-Papiere investiert hätten.
Legen sie hingegen in den Wackelländern – zu denen Skeptiker übrigens auch schon Frankreich rechnen – nicht an, dann hat das zwei andere Folgen: Makroökonomisch könnten dadurch diese Länder erst recht ins Schleudern kommen, wenn sie kein Geld mehr bekommen. Überstehen die Krisenländer aber ihre Solvenzprobleme, dann haben sich die vorsichtigen Banken und Versicherungen selbst schwer und ohne Nutzen geschädigt. Sie verlieren dramatische Marktanteile, weil sie zum Unterschied von der Konkurrenz ihren Kunden nicht die hohen Zinserträge südeuropäischer Anleihen verschafft haben. Banken, die Anlegern wegen ihrer vorsichtigen Veranlagung niedrige Zinsen zahlen, Lebensversicherungen, die deswegen geringe Gewinnbeteiligungen erzielen, haben bald keine Kunden mehr.
Dabei ist derzeit sehr viel Geld zu veranlagen. Viele Fonds und insbesondere Versicherungen sind überdies rechtlich verpflichtet, einen Teil nur in Staatspapieren zu veranlagen. Deutschland aber legt gar nicht so viele Anleihen auf, wie es als derzeit relativ sicherster Platz Europas könnte. Was den Deutschen wieder sehr niedrige Zinssätze ermöglicht. Was wiederum manche Anleger zu spekulativen Papieren greifen lässt.
Das alles ist eine tödliche Spirale. Und sie würde nur gebrochen, könnte man den Aussagen von Finanzministern, Regierungs- und Notenbankchefs wieder vertrauen. Was man aber nur noch als Coniunctivus Irrealis sagen kann.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.