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Der ORF-Kaiser ist nackt und verkommen

Gerhard Zeiler hat explosiven Klartext über den ORF gesprochen. Der RTL-Spitzenmann hat in den Mund genommen, was hierzulande freilich jeder längst weiß: Nämlich dass es "wesentlichen Teilen der Politik nicht darum geht, wer das Unternehmen am besten führen kann, sondern wer willfährig parteipolitische Personalwünsche umsetzt". Deshalb verzichtet Zeiler auf die von ihm – wie er nun zugibt – seit einiger Zeit ins Auge gefasste Kandidatur als ORF-Generaldirektor. Deutlicher hätte man es nicht formulieren können, wie verkommen dieses Land unter einem Werner Faymann geworden ist.

Zwar weiß es jeder Fernseh-Zuschauer, jeder Radio-Hörer mit einigem kritischen Denkvermögen, aber es ist unglaublich wichtig, dass auch ein SPÖ-Mann solches einmal klar und vor allem in aller Öffentlichkeit ausspricht: "Man kann kein Unternehmen, das so große Herausforderungen zu bewältigen hat wie der ORF – kreative,  finanzielle und strukturelle –, erfolgreich führen, wenn Personalbesetzungen bis zur Abteilungsleiter-Ebene von politischer Seite beeinflusst werden und ständig parteipolitische Personalwünsche geäußert werden. Das geht schlicht und einfach nicht. Da leidet die Professionalität und da leidet die Kreativität."

Und noch deutlicher das Urteil über die charakterlosen Herren in allen ORF-Führungspositionen: "Es ist ein Problem, wenn eine ORF-Führung heute nicht Herr im eigenen Haus ist und glaubt, nur dann gewählt zu werden, wenn sie politische Postenbesetzungen akzeptiert. Das schadet dem Unternehmen nachhaltig."

Zeiler macht in Interviews unverwunden klar, dass sich seine Kritik primär gegen die SPÖ richtet. Dabei war der Mann einst Pressesprecher des SPÖ-Bundeskanzlers Fred Sinowatz!

Das Unfassbare ist, dass eine Partei, die weit weniger als 30 Prozent der Wähler hinter sich hat, im ORF wie in einer Parteiorganisation fuhrwerken kann. Wer ist daran schuld? Primär die Grünen, die den Roten bei jeder Sauerei die Mauer machen. Und sekundär die Orangen, die unfassbarerweise auch heute noch auf das Regime des Alexander Wrabetz setzen und sich gute Behandlung erkaufen wollen (die offenbar darin besteht, BZÖ-Skandale nicht zu erwähnen).

Historisch tragen aber auch Schwarz und Blau Mitschuld. Die FPÖ hat zumindest beim ersten Antreten des Herrn Wrabetz – wahrscheinlich auch wegen dessen familiärer Verquickungen tief ins blaue Milieu – für ihn gestimmt. Und die ÖVP hat zwar zu ihrer Ehre immer gegen ihn gestimmt, es aber bei den Koalitionsverhandlungen 2008 nicht einmal versucht, den ORF dem totalen (und totalitären) Zugriff der SPÖ zu entziehen. Medienpolitisch waren Josef Pröll die Raiffeisen-Interessen ganz offensichtlich ausreichend, die allen nutzen, nur nicht der ÖVP. Und bei Michael Spindelegger sieht man vorerst nicht einmal den Hauch einer kreativen Medienpolitik.

Wie eine solche Medienpolitik aussehen könnte? Primär würden zwei Initiativen genügen: Wenn die SPÖ eine Volksbefragung über die Wehrpflicht will, dann können ÖVP und FPÖ allemal noch eine über die Unabhängigkeit des ORF wollen und lancieren. Und zweitens müsste man natürlich der gigantischen Medienkorruption vor allem der SPÖ-Ministerien mit allen Mitteln des Straf- und Budgetrechts den Kampf ansagen. Ein Opfer dieses Kampfes wäre freilich auch der schwarze Inseratenverschleuderer Nikolaus Berlakovich. Was nicht wirklich schade wäre.

 

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