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Die (Ober-)Staatsanwaltschaft in Graz setzt offenbar alles daran, die Wiener Kollegen als oberster Schwachpunkt der österreichischen Justiz zu entthronen. Jetzt hat man dort schon zum zweiten Mal einen Strafprozess gegen die FPÖ begonnen. Anlass ist das – zweifellos grenzintelligente – Minarett-Abschießspiel der steirischen Freiheitlichen.
Was die Staatsanwälte einfach nicht begreifen: In einem liberalen Rechtsstaat haben sie in der Politik absolut nichts verloren. Es sind ja primär Länder wie Ukraine und Belarus, wo die Staatsanwälte das schmutzige Geschäft der Politik gegen die Opposition betreiben. In Amerika oder auch Deutschland hält sich hingegen die Justiz aus der Parteipolitik völlig heraus. Dabei gibt es in all diesen Ländern genug Geschmacklosigkeiten a la Minarettspiel, wie etwa die antisemitischen Exzesse der deutschen Linkspartei.
Ganz zufällig wird auch die Grazer Oberstaatsanwaltschaft so wie die Wiener von einem Mann geleitet, der der SPÖ sehr, sehr nahe steht. Und noch pikanter ist der Zufall, dass es ausgerechnet dieser Grazer Staatsanwalt war, der seinen Wiener Kollegen bei ihrem üblen Pfusch in Sachen Kampusch-Zweittäter die Mauer gemacht hat.
Er hat ihnen einen mehr als bedenklichen Persilschein ausgestellt, obwohl die Wiener einen als Mittäter Verdächtigen nicht vor Gericht gebracht haben. Und wiederum in Graz hat es im Kampusch-Zusammenhang auch den Skandalprozess gegen den Bruder eines toten Polizisten gegeben, weil der nach dem Selbstmord seines Bruders Computer und Datenträger an sich genommen hat. Dieser Bruder wurde zeitweise sogar verhaftet!
Er war und ist nämlich überzeugt, dass sein Polizisten-Bruder nur deshalb Selbstmord begangen hat, weil er unter gewaltigen Druck gesetzt worden war, seinen jahrelang gehegten Verdacht in Richtung dieses Zweittäters zu vergessen. Da liegt nun die Vermutung mehr als nahe, dass manche Herren in der Justiz an den Aufzeichnungen dieses toten Bruders überaus interessiert sind. Anders ist ein Prozess samt Haft wegen einer solchen Lächerlichkeit überhaupt nicht vorstellbar.
Freilich bemühen sich auch die Wiener Staatsanwälte heftig, im Wettbewerb um die problematischste Justizbehörde Österreichs aufzuholen: Hier wurde einem Mitarbeiter der Meinl-Bank auch nach zwei Jahren nicht das Protokoll seiner Einvernahme durch einen Staatsanwalt ausgehändigt. Dabei hat sogar ein Gerichtsurteil die Staatsanwaltschaft schon dazu aufgefordert. Diese Vorgänge hat zumindest die erbitterte Bank inseriert – die Wiener Staatsanwaltschaft wusste dazu aber nur zu sagen: „Wir kommentieren das nicht.“
Vor diesen als Folge der neuen Strafprozessordnung gleichzeitig übermütig wie überfordert wirkenden Staatsanwälten muss man sich zunehmend fürchten. Und da ist es eine gefährliche Drohung, wenn sich nun die neue Justizministerin bei einem Gespräch mit Vertretern der Staatsanwälte offenbar bereit gezeigt hat, deren Forderung nach völliger Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit näherzutreten.
Sollen die Staatsanwälte wirklich jede Hemmung verlieren können, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen gibt? Wäre die Ministerin gut beraten, würde sie statt dessen intensiv nachdenken (lassen), wie man die neue Allmacht der Staatsanwälte wieder einbremst. Und außerdem müsste sie einige Oberstaatsanwälte darüber belehren, dass die Justiz nicht dazu da ist, parteipolitisch motivierte Jagden zu betreiben, während potenziellen Gewaltverbrechern kein Prozess gemacht wird.
PS: Zumindest peinlich für die Staatsanwaltschaft ist es auch, dass der Waffenlobbyist Mensdorff-Pouilly von Großbritannien eine Haftentschädigung von nicht weniger als 430.000 Euro bekommt, weil er eine(!) Woche zu Unrecht in britischer U-Haft gewesen ist. In Österreich hingegen verfolgt die Staatsanwaltschaft den Mann wegen des gleichen Vorwurfs (Verwicklung in Bestechungsvorgänge rund um einen britischen Rüstungskonzern) im üblichen Tempo weiterhin. Dabei besteht seit der Einstellung durch London keine Chance mehr, Mensdorff zu verurteilen.