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Zurück ins Jahr 2006: Fortschritt nach SPÖ-Art

Durchbruch in der Ortstafelfrage! Der Jubel und das Eigenlob der Unterhändler sind groß. Der Skeptiker weiß freilich: In dieser Frage hat es schon oft Jubel gegeben. Und der war bisher immer unberechtigt.

Festzuhalten ist erstens: Die nunmehrige Einigung ist für die Kärntner Slowenen deutlich schlechter als das, was der Verfassungsgerichtshof seit Jahren durchdrücken will. Der vereinbarte Prozentsatz von mindestens 17,5 Prozent Slowenenanteil in Ortschaften als Voraussetzung für die Aufstellung von Ortstafeln ist ja weit höher als die bloß 10 Prozent, die der Verfassungsgerichtshof als ausreichende Schwelle ansieht. Daher muss das Parlament das neue Ortstafelgesetz nun mit Zweidrittelmehrheit beschließen (wohl mit den Stimmen der FPÖ, die ja de facto die mitverhandelnde Kärntner Landeshauptmann-Partei ist). Ohne Verfassungsgesetz könnte nämlich wieder ein radikaler Slowene die Causa zum ixten Mal vor das Oberstgericht bringen. Andererseits sind diese 17,5 Prozent mehr als die 25 Prozent Slowenenanteil, die Bruno Kreisky einst in einem – bloß einfachen – Gesetz als Ortstafelvoraussetzung festgelegt hatte.

Festzuhalten ist zweitens: Nun kommt endlich doch das vom österreichischen Verfassungspapst Günther Winkler immer als rechtlich notwendig verlangte Verfassungsgesetz. Die linken Verfassungsrechtler der Wiener Universität hatten den Staatsvertrag hingegen immer als direkt umsetzbar dargestellt. Sie hatten es auch als unbedenklich hingestellt, dass sich der Gerichtshof in der Causa illegitimerweise selbst zum Gesetzgeber aufzuschwingen versucht hatte, während er ja in Wahrheit nur einzelnen Bestimmungen aufheben, aber eben keine neuen erlassen kann. Deshalb ist auch zu Recht nie jemand verurteilt worden, der die „Gesetze“ des Verfassungsgerichtshof gebrochen hat.

Festzuhalten ist drittens, dass die Verhandlungen mit fünf Jahren Verspätung wieder fast haargenau bei jener Zahl von Ortschaften gelandet sind, bei der Wolfgang Schüssel und Jörg Haider nach der Vermittlung des Grazer Historikers Stefan Karner einst gestanden sind. 2006 hatten sich die Drei mit fast allen involvierten Gruppen auf eine präzise Liste von 158 Ortschaften geeinigt.

Und jetzt? Jetzt werden es statt 158 laut dem SPÖ-Unterhändler Josef Ostermayer „150 bis 160 Ortschaften“ sein. Also möglicherweise sogar weniger! Das wird die SPÖ-Medien wie den ORF und die Boulevardzeitungen aber wohl nicht hindern, die Einigung als großen Erfolg der SPÖ zu verkünden. Und sie werden mit großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Tagen auch verschweigen, dass damals Alfred Gusenbauer aus rein parteipolitischen Motiven ein solches Verfassungsgesetz verhindert hat.

Dennoch würde ich nicht allzu viel Geld verwetten, dass das in wenigen Monaten endlich auch wirklich so im Bundesgesetzblatt stehen wird. Viel Kleingedrucktes harrt nämlich vorher noch der Präzisierung. Schon die Tatsache, dass Ostermayer eine Von-Bis-Zahl genannt hat, ist ein Indiz, dass da noch viel Sprengstoff lauert. Und auf beiden Seiten gibt es bei etlichen Akteuren Motive, den Konflikt wieder anzuheizen – der in Wahrheit für die Menschen in Kärnten freilich nur mehr ein Konflikterle einiger Funktionäre ist.

Unterzünd-Material für eine weitere Konflikt-Etappe liegt auch jenseits von Ostermayers seltsam ungenauer Zahlenangabe immer noch genug herum: Immerhin müssen sich die Slowenen halt doch mit einer viel kleineren Zahl von Orten als erträumt abfinden, auf denen künftig ihre Sprache zu lesen sein wird. Das wird so manchen nicht passen. Insbesondere im Slowenen-Verein des Valentin Inzko wird man daher am Ende wohl wieder Nein sagen.

Und umgekehrt haben auch die Kärntner Freiheitlichen etliche Scharfmacher- Forderungen nicht durchgesetzt. So hatten sie verlangt, dass im Gegenzug die (heute nur noch winzige) deutsche Minderheit in Slowenien einen Minderheitenschutz bekommen müsse. So hatten sie eine echte Minderheitenzählung verlangt. Eine Festsetzung der Zahl der Slowenen bloß auf Grund der Sprachangaben bei der Volkszählung haben sie hingegen abgelehnt. Das alles kommt nun nicht.

Was man aber jedenfalls mit Interesse verfolgen sollte: Wie werden Bundespräsident und unsere linken Journalisten das Verhandlungsergebnis kommentieren? Immerhin haben sie ja in den letzten Jahren jeden, der die Linie des Verfassungsgerichtshofes – also die Zehn-Prozent-Voraussetzung – nicht als Evangelium betrachtet und nicht umgesetzt hat, als rechtsradikal, wenn nicht gar Verbrecher dargestellt.

Werden sie das jetzt auch in Hinblick auf alle jene Politiker machen, die sich jetzt für die 17,5-Prozent-Hürde aussprechen? Oder ist es ihnen nur um die übliche billige Polemik gegen alles gegangen, was mit Schwarz-Blau zusammenhängt? Weil sie es halt nicht aushalten, dass ausgerechnet jene Regierung, in der die SPÖ nicht saß, die erfolgreichste der letzten Jahrzehnte war.

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