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Wo Abgeordnete noch das Volk vertreten

Die USA sind für die Weltwirtschaft noch immer der entscheidende Schauplatz. Daher bringt der seit Wochen tobende – und nur scheinbar entschiedene – Kampf zwischen Präsident und Kongress um Budgeteinsparungen besondere Spannung.

Im Kongress konnten die Republikaner mit einigem Erfolg Barack Obama kontra geben. Obamas 14 Billionen Dollar Schulden und das jährliche Defizit von über zehn Prozent gaben den Republikanern viele Angriffsflächen. Sie zwangen ihn in den vergangenen Tagen schon weiter in die Knie, als das einst ein ebenfalls republikanisch geprägter Kongress bei Bill Clinton konnte. Damals wurde dem Präsidenten von den Republikanern so lange das Geld verweigert, bis Botschaften und andere Regierungseinrichtungen tagelang schließen mussten. Jetzt hat Obama schon vor einer solchen Blockade die größten Einsparungen in der Geschichte Amerikas akzeptiert. Und er wird weiter unter Druck bleiben.

Der Rückblick macht sicher, dass das nicht den Untergang der USA bedeutet. Der damalige Budgetkrieg hat dem Land vielmehr sehr geholfen: Die Regierung musste so hart sparen und so viele Big-Spender-Programme streichen, dass das Land erstmals wieder Jahre mit Budgetüberschuss erleben konnte. Zwar ging das in die Geschichtsbücher als Erfolg Bill Clintons ein. Aber in Wahrheit hat er damals nur unter der Peitsche des republikanischen Führers Newt Gingrich die Sparsamkeit entdeckt.

Die Vaterschaftssuche ist freilich irrelevant. Denn die Republikaner können sich gar nicht laut der Einsparungen berühmen. War es doch auch ein republikanischer Präsident namens George W., der dann das Land – insbesondere nur durch zwei teure Kriege – wieder in hohe Schulden geführt hat. Und zwar in katastrophal hohe, die freilich sein Nachfolger Barack Obama noch weit übertraf.

Die viel wichtigere Lehre ist aber: Regierungsapparate werden erst unter immensem Druck halbwegs sparsam. Daher ist der Druck des heutigen Kongresses jedenfalls positiv. Auch wenn natürlich viele Nutznießer protestieren und den Sparefrohs schlechtes Gewissen einjagen wollen.

An den USA sollten sich vor allem Europas Abgeordnete ein Vorbild nehmen. Denn hier ist es gerade umgekehrt: Da sind es sowohl im EU- wie im österreichischen Parlament meist die Abgeordneten, denen alle möglichen Forderungen einfallen, wo man noch eine Gruppe begünstigen, wo man noch mehr ausgeben kann. Hingegen sind es die Finanzminister, die gegenzuhalten versuchen. Dass ein europäisches Parlament einer Regierung den Budgetentwurf wegen zu hoher Ausgaben zurückgeschickt hätte, ist mir jedenfalls nicht in Erinnerung.

Dabei stand genau das an der Wurzel der modernen Demokratie: Die Steuer zahlenden Bürger erkämpften sich die Kontrolle über die Ausgaben ihres Geldes und die Höhe der Steuern. Inzwischen ist das Wissen um diese zentrale Wurzel der Demokratie aber verloren gegangen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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