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Ein paar Idealbesetzungen, die es nicht geben wird

Jetzt beginnt in der ÖVP wieder einmal das lustige Köpferaten. In diesem könnte es durchaus einige kreative Varianten geben, die das realisieren würden, was Michael Spindelegger als „Neuaufstellung“ angekündigt hatte. Man darf gespannt sei, für wen er sich entscheidet – und ob er sich dabei auch für „gut“ oder nur für „neu“ oder für gar nichts entschließt.

Bei der Bestellung des neuen Parteiobmannes hat sich die ÖVP ja erwartungsgemäß für den raschen Weg entschieden, also für die Erbeinsetzung durch den Vorgänger Josef Pröll. Dessen Vorschlag ist von den Parteigranden (die ohnedies alle mehr an sich als an die Partei denken) ohne große Emotionen – weder positive noch negative – durchgenickt worden. Dieser traditionelle Weg der Bestellung (den ja fast alle Parteien so gehen), hat zweifellos das Entstehen von Konflikten vermieden – auch wenn ich nach wie vor überzeugt bin, dass eine direktdemokratische Wahl durch alle Parteimitglieder einen großen Beitrag zur Wiederbelebung einer siechenden Partei geleistet hätte. Wobei übrigens Spindelegger ja auch dabei gute Chancen gehabt hätte.

Jedenfalls spannend wird nun die Nominierung des Ministerteams. Diese obliegt formal dem neuen Chef ganz alleine. Aber auch Spindelegger weiß, dass die Geldquellen der Partei nicht im ÖAAB, sondern in Wirtschaft und Raiffeisen sprudeln – oder auch nicht.

Spindelegger hat sich jedenfalls selbst den Ball weit vorgelegt, indem er eine Neuaufstellung angekündigt hat. Falls die primär darin besteht, dass Frau Fekter oder Herr Mitterlehner das Ressort wechseln, wäre das eher enttäuschend. Dabei müsste man vor allem um das Innenministerium fürchten, das vor Fekter ja einige problematische Minister erlebt hatte. Es gibt also absolut keinen Grund, Fekter dort wegzuholen. Dazu ist dieses Ressort viel zu wichtig.

Wer aber soll nun Finanzminister werden? Spindelegger ist klug genug, das nicht selbst anzustreben. Er weiß aber hoffentlich auch, dass die Wirtschaftskompetenz der Volkspartei wieder sehr gestärkt würde, wenn der Parteiobmann dem Finanzminister volle Rückendeckung gibt. So wie es beim Duo Schüssel-Grasser mit großem Erfolg der Fall war. Ein sachkundiger Finanzminister, der ohne Rücksicht auf irgendwelche Gruppierungen Nein zu sagen vermag, und ein Parteiobmann, der ihm dabei hilft (da es schon der populistische Kanzler nicht tut): Das wäre das perfekte Doppelpass-Spiel.

Für diese Besetzung gibt es zwei gute Namen: einen perfekten und einen sehr guten. Perfekt wäre Stephan Koren, der ohne Angabe von nachvollziehbaren Gründen vor wenigen Tagen als Langzeit-Vorstandsmitglied der Bawag-PSK zurückgetreten ist. Geschah das eigentlich ganz zufällig jetzt oder hat Koren da schon jemand angerufen, der mehr wusste als wir alle? Das wäre jedenfalls mehr, als ich der ÖVP zutraue.

Koren kennt die Finanzwelt perfekt, er versteht viel von der Wirtschaft, er denkt trotz der Karriere außerhalb der Politik mit einem politischen Kopf, er hat den faszinierenden intelligenten Zynismus seines legendären Vaters geerbt, und er wirkt bei aller Härte in der Sache verbindlich. Er wäre aber dennoch eine große Überraschung, damit jedoch auch ein umso mutigeres Signal Spindeleggers. Denn Koren ist in den derzeitigen Machtstrukturen der ÖVP in keiner Weise mehr präsent. Mit dem Populismus eines Christoph Leitl fängt er nicht viel an. Außerdem gilt er als ein Freund von Wolfgang Schüssel.

Hinter Koren gäbe es noch einen zweiten zumindest guten Kandidaten: den Steirer Herbert Paierl. Auch er beherrscht sowohl das politische wie das wirtschaftliche Klavier. Auch er ist einer, bei dem sich alle Minister und Landeshauptleute mit der ständig aufgehaltenen Hand wohl schwerer tun würden als bei den beiden jüngsten Ministern. Freilich steht Paierl zugleich für so manche in der Steiermark grassierende ÖVP-Dummheit, wie etwa die leistungsfeindliche Gesamtschule. Auch seine Freundschaft mit dem Linksaußen Bernd Schilcher spricht nicht für ihn (der sich gerade wieder durch eine Demonstration an der Seite von Caritas-Küberl, Kommunisten und anderen gegen das mutige steirische Sparpaket populistisch betätigt hat).

Wahrscheinlicher als diese beiden wäre jedoch die drittbeste Lösung: nämlich ein weiterer Spitzenmanager, der ebenfalls – wieder ganz sicher ganz zufällig – vor wenigen Tagen aus einer wichtigen Vorstands-Funktion ausgeschieden ist. Und wieder gab es keine nachvollziehbaren Erläuterungen für diesen Rücktritt: Es ist Werner Wutscher, ein früherer Spitzenbeamter aus dem Landwirtschaftsministerium, der in den letzten Jahren an der Spitze von Rewe-Österreich gestanden war (also von Billa, Bipa&Co). Bei ihm macht die Herkunft aus dem subventionsgierigen Bauernbund skeptisch – was aber gleichzeitig wieder Wutschers Chancen gewaltig erhöht. Denn es wäre mehr als ungewöhnlich, wenn die ÖVP-Bauern nur noch durch den Landwirtschaftsminister in der Regierung vertreten wären.

Wutscher wäre hingegen sicher eine sehr spannende Lösung für das Parteigeneralsekretariat. Dort könnte er zeigen, dass er bei Billa viel Organisatorisches gelernt hat, und sich für künftige Aufgaben freispielen. Nachdem er – zum Unterschied von der amtierenden Ministerin – auch ein Jahr an einer ausländischen Universität verbracht hat, wäre er übrigens auch ein sehr spannender Wissenschaftsminister.

Wie die Fälle Molterer und Pröll gezeigt haben, ist es jedenfalls nicht gut, wenn der Parteiobmann auch das Finanzministerium übernimmt. Denn ein ÖVP-Chef kann nie so brutal Nein sagen, wie es ein Finanzminister im Interesse der Staatsfinanzen ständig sollte.

Die schwierigste Frage für die ÖVP wird aber sein, wie das Justizministerium besetzt wird. Zwar scheinen alle einig, dass da großer Handlungsbedarf gegeben ist. Aber das dortige Anforderungsprofil ähnelt einer Quadratur des Paragraphen-Zeichens: Durchsetzungsstark gegen die Staatsanwalts- und Richter-Kamarilla, die ja bei einer Erhöhung der Leistungsanforderungen immer sehr redegewandt agieren; aber auch gegen die Regierungsparteien, die keine effektiven Maßnahmen gegen die Korruption etwa im Inseraten-Bereich oder im Bereich Kammern und Gewerkschaften wünschen; geistig unabhängig, um jeden Eindruck einer parteipolitischen Instrumentalisierung der Justiz zu verhindern; und auf einem anständigen Wertefundament beheimatet, damit er der ideologischen Instrumentalisierung der Justiz durch die Linke energisch entgegentreten kann. Da fällt mir überhaupt nur ein Name ein: nämlich Franz Fiedler. Freilich ist der so unbequem und unberechenbar, dass das Leichtgewicht Claudia Bandion-Ortner doch noch Überlebenschancen hat.

Außerdem hat sie das in allen Konstellationen begünstigte Geschlecht. Während zum Teil ahnungslose Journalisten ständig vom Bünde- und Länder-Problem der ÖVP schreiben, ist der neuerdings viel starrere Geschlechterproporz ein viel größeres Problem. Denn bei den Frauen ist das Angebot noch viel dünner als bei den Männern, wie die schwachen Besetzungen Karl, Bandion-Ortner, Remler oder (einst) Marek zeigen, um nur die schwarze Seite zu nennen.

Hingegen habe ich es immer verstanden – auch wenn sich alle Kommentatoren mit Kritik daran die Finger wund geschrieben haben –, dass einst bei der Marek-Nachfolge der Blick nach Westen gerichtet worden ist. Wenn auch mit einem vorerst wenig überzeugenden Ergebnis einer Newcomerin auf einem absolut überflüssigen Posten. Der ja einst nur erfunden worden war, um Marek einen Namen zu geben.

Aber im Prinzip ist es eine durchaus demokratische Haltung, darauf zu schauen, dass sich alle Regionen irgendwie – ohne starren Proporz – in einer gemeinsamen Regierung wiederfinden. Es ist auch (für mich als Wiener) mehr als nachvollziehbar, dass man in Tirol, Vorarlberg und Salzburg geraunzt hat, als der Westen kein einziges Regierungsmitglied entsendet hat; das Burgenland, also das kleinste Bundesland, hingegen gleich drei (durchwegs untermittelprächtige). Ein krampfhafter 50:50-Proporz der Geschlechter ist hingegen bei der Bemühung um eine möglichst gute Ministerliste absurd und ein Bleigewicht, das der ÖVP keine einzige Stimme bringen wird. Die paar Kampffeministinnen dieses Landes sind ohnedies längst bei den Grünen gelandet.

Spindelegger sollte sich jedenfalls seines Startvorteils bewusst sein: Die allgemeine Erwartungshaltung an die ÖVP ist im Gegensatz zum einstigen Heiland Pröll sehr gering, sodass er gleich die besten verfügbaren Köpfe suchen könnte. Und die verächtliche Kritik der meisten Medien ist ihm ebenso gewiss, was auch immer die ÖVP tut. So könnte sie es gleich richtig zu machen versuchen.

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