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Bitte um Notbremsung

In den letzten Tagen hat ganz Österreich intensiv über die Kandidaten für den Job des Finanzministers diskutiert. Viel wichtiger wäre aber eine Debatte über die Aufgaben der neuen Ministerin. Denn die gleichen einem Herkules-Job.

Sie sollte vor allem anderen täglich vom ersten bis zum letzten Zähneputzen folgende zwei Schlüsselsätze memorieren: Der eine stammt von Josef Pröll, dem einmal unvorsichtiger-, aber ehrlicherweise der Satz entschlüpft war, dass Österreich nur noch zwei Jahre von Griechenland entfernt sei. Der zweite stammt vom Erste-Bank-Chef Andreas Treichl, der eine Abstufung des österreichischen Ratings prophezeit hatte, sollte nichts Gravierendes passieren. Und das könnte schon 2012 passieren, wenn es bis dahin keine signifikanten Reformen gibt. Im kommenden Jahr ist ein viel größeres Paket der österreichischen Staatsschuld als zuletzt auf den Märkten zu refinanzieren. Gleichzeitig wird bis dahin die Europäische Zentralbank wohl noch ein- oder zweimal die ganz normalen Zinssätze erhöhen.

Werden aber 2012 die Märkte deutlich höhere Zinsen von Österreich verlangen, dann kommt eine unheilvolle Spirale in Gang. Dann werden automatisch Defizit und Staatsschuld noch größer. Was wieder die Zinsen weiter zu erhöhen droht. Wie das dann weitergeht, hat man in den letzten 18 Monaten an den Ufern von Mittelmeer und Atlantik genau studieren können.

Was vielen gar nicht bewusst ist: Verschlechtert sich das Rating der Republik und erhöhen sich ihre Zinsen, dann müssen fast automatisch auch die gesamte Finanz- und Realwirtschaft des Landes höhere Zinsen zahlen, Gemeinden und Länder sowieso. Eine spürbare Kreditverteuerung wird daher auch sehr schnell den Konjunkturboom wieder abwürgen.

Selbst wenn die neue Ministerin die großen liberalen Ökonomen wie Friedman, Hayek oder Mises geringschätzen, sondern eher den von der Linken adoptierten Keynes respektieren sollte, muss sie eines erkennen: Das heurige Defizit von weit über drei, wahrscheinlich sogar vier Prozent ist angesichts der Hochkonjunktur absolut verantwortungslos. Denn sogar nach Keynes müsste es heuer einen Budgetüberschuss geben. Auch wenn die, die sich auf ihn berufen, dieses Wort wohl nicht einmal buchstabieren können.

Die neue Finanzministerin müsste daher ringsum die Notbremsen ziehen. Sie müsste enormen Druck auf die ÖBB ausüben. Sie müsste sich gegen Koralm- und Brenner-Tunnel stellen. Sie müsste – trotz aller Versprechungen von Josef Pröll – Nein zu den Wünschen der Unterrichtsministerin sagen (die ohnedies durch schrumpfende Schülerzahlen Spielraum gewinnt). Sie müsste viel ernsthafter die Konfrontation mit den ausgabenwütigen Bundesländern suchen als ihre roten, blauen und schwarzen Vorgänger. Sie müsste in den europäischen Gremien gegen die Hilfspakete für die bankrotten EU-Staaten auftreten.

Alles unrealistisch? Wahrscheinlich – aber dennoch absolut notwendig.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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