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Wie buchstabiert man Privatisierung?

Soll die ÖIAG künftig alle Staatsbeteiligungen der Republik halten? Über dieser Frage liegt sich die Koalition in den Haaren. Der gelernte Österreicher weiß: Da geht es letztlich nur um parteipolitische Machtfragen. Die ÖIAG ist zwar per Gesetz vom Eigentümervertreter, also dem Finanzminister, unabhängig, und der Aufsichtsrat erneuert sich aus sich selber heraus – hat aber eine klare Schlagseite zur Industriellenvereinigung. Der Verbund untersteht hingegen dem ÖVP-Wirtschaftsminister – dort gibt es noch wenigstens private Miteigentümer, die dem totalen Machtdurchgriff im Wege stehen. Die ÖBB und die Asfinag gehören überhaupt ungeschützt dem SPÖ-Verkehrsminister.

Angesichts dieser Machtinteressen droht nun eine ÖIAG-neu. Diese wird in schlechtem altem Proporz die Unternehmen wieder schön nach Parteifarben aufteilen. Die Parteien werden wieder die Posten vergeben. Und die Marketingbudgets werden jeweils ganz nach parteipolitischen Interessen missbraucht werden.

Ein besonders übles Beispiel einer Renaissance des politischen Missbrauchs von Staatsbetrieben ist die aktuelle Quotendebatte, also ein verordneter Anteil von Frauen in Aufsichtsräten. Da es schon ohne Quote schwierig genug ist, halbwegs qualifizierte Aufsichtsräte zu finden, will man der Privatwirtschaft vorerst keinen Quotenzwang antun (es sei denn, eine radikalfeministische EU-Kommissarin setzt sich diesbezüglich noch durch). Aber die in gesellschaftspolitischen Fragen besonders feige Politik will halt doch irgendwie irgendwas in Sachen Quote tun: Und beschließt daher eine solche für staatsnahe Betriebe.

Dort ist die Qualifikation offenbar wurscht. Dort kommt primär die Partei, sekundär künftig das Geschlecht, tertiär der Betriebsrat und bestenfalls quartär die Fähigkeit einer Person. Aber meistens nimmt diese letzte Stelle in der Hackordnung sowieso schon der Steuerzahler ein. Quasi als Quartalszahler.

Über das, was viel wichtiger ist als Quoten und Parteien, wird überhaupt nicht debattiert: nämlich über die Notwendigkeit von Privatisierungen. Zwar zeigen Wirtschaftsexperten wie Wifo-Chef Aiginger, IHS-Chef Felderer oder Claus Raidl beharrlich deren Notwendigkeit auf. Aber die Politik weiß nicht einmal, wie man Privatisierung buchstabiert.

Dabei wären sie in vielfacher Hinsicht (außer für die Macht von Politikern und Gewerkschaftern) eine Win-Win-Situation: In 90 Prozent der Fälle agieren privatisierte Unternehmen nachher erfolgreicher, machen mehr Gewinne und sichern die Arbeitsplätze besser. Gleichzeitig könnten Bund und Länder mit den Privatisierungserlösen ihre Schulden reduzieren und sich für die nächste Krise wappnen. Das täte insbesondere auch den Bundesländern gut, die dauernd über zu wenig Geld jammern, aber wie etwa die Gemeinde Wien statt zu privatisieren sogar Unternehmungen aufkaufen.

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