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Grob fahrlässiger Keynes-Missbrauch

Österreich und viele andere Länder erfreuen sich fast einem Jahr einer Hochkonjunktur. Das gilt für jene Staaten nicht, die zu viele Schulden haben. Was auch die Boomstaaten zur Vorsicht mahnen sollte.

Für kräftigeres Sparen eintreten sollten aber auch alle (Neo-)Keynesianer, die in der jüngsten Krise besonders laut zusätzliche Staatsverschuldung verlangt haben. Dabei bleibe einmal ausgeklammert, ob dieses Rezept von John Maynard Keynes überhaupt richtig ist, was ja eine wachsende Gruppe von Ökonomen bezweifelt; deren Studien zeigen nämlich, dass „keynesianische“ Staatsverschuldung keine zusätzliche Ankurbelungskraft mehr ausübt; dass die Konjunktur von ganz anderen Faktoren abhängt; dass es also ein Fehler ist, wenn sich die Staaten in Krisenzeiten über die Wirkung der „automatischen Stabilisatoren“ hinaus verschulden (darunter versteht man das Entstehen von Defiziten durch krisenbedingt automatisch geringere Steuereinnahmen und höhere Arbeitslosengelder).

Aber selbst wenn Keynes recht hätte, fällt auf, dass seit einigen Monaten niemand mehr von seinen Rezepten redet. Die schuldensüchtige Politik beruft sich nämlich immer nur in Krisenzeiten auf ihn, ignoriert aber, dass Keynes für Boomzeiten Budget-Überschüsse verlangt, damit man dann in der Krise nach seinen Rezepten Defizite machen kann.

Die Gegenspieler von Keynes – von Friedman bis Hayek bis Mises – sehen Defizite noch viel kritischer als er. Das heißt aber: Welcher Theorie man auch immer glaubt, spätestens in den Budgets 2011 hätten Bund wie Länder wie Gemeinden Überschüsse planen müssen. Also echte Überschüsse und nicht nur das sogenannte Maastricht-Ziel eines „bloß“ dreiprozentigen Defizits.

Nur ein echter Abbau von Schulden hält das Vertrauen der Anleger in Staat und Anleihen aufrecht. Nur ein solcher Schuldenabbau garantiert, dass Österreich nicht in der nächsten Krise, wie etwa zuletzt Griechenland, im absolut dümmsten Zeitpunkt Steuern erhöhen und Ausgaben streichen muss. Die nächste große Krise kommt jedoch bestimmt.

Die Politik behauptet jedoch: Österreich leide noch unter den Folgen der Krise; und es genüge ja, wenn der Staatshaushalt über den Konjunkturzyklus ausgeglichen sei. Beide Argumente sind falsch, ja bewusste Lügen. Denn die Arbeitslosigkeit sinkt schon seit einem Jahr. Konsum und Exporte boomen in unerwarteter Heftigkeit. Und diese „Konjunkturzyklus“-Theorie hat noch nie funktioniert: Sie hat immer nur – wie etwa in den Boomjahren vor 2008 – dazu geführt, dass der Defizitabbau stets noch weiter hinausgeschoben wird.

Es gibt keine einzige Konjunkturprognose, die Österreich für die nächsten fünf Jahre ein höheres Wachstum als das von 2010 oder 2011 prophezeit. Dennoch hat Österreichs Politik auch für 2011 ein sattes Defizit geplant und klopft sich sogar auf die Schulter, nur weil es nicht noch höher ist. Dabei ist sie grob fahrlässig.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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