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Der Anti-Lügen-Pakt

Die Regierung scheint taktisch nicht gut beraten. Sonst hätte sie die überraschende Einigung mit den Bundesländer über die heikle Pflegefinanzierung und den Stabilitätspakt nicht ausgerechnet am Höhepunkt der Japan-Aufregung bekanntgegeben. Immerhin klingt das ja nach einem Erfolg einer nicht gerade Erfolg-reichen Regierung. Und den verkünden Politiker in der Regel dann, wenn sie das erreichen können, was ihnen am wichtigsten ist: Publicity.

Freilich müssen auch Bund und Ländern zugeben, dass es ihnen nur zur Hälfte gelungen ist, das Glas der Notwendigkeiten und Erwartungen zu füllen. Manche mäkeln auch, dass der Finanzausgleich um ein Jahr bis 2014 verlängert worden ist, also jener Pakt über die Verteilung des Steuergeldes auf Bund und Länder, auf dem viele Reformhoffnungen ruhen. Andererseits: 2013 sind Parlamentswahlen fällig. Und in deren Sog wäre auch eine stärkere Regierung nicht imstande, mit den Ländern Klartext zu reden. Also ist die Verschiebung gar nicht so blöd.

Ignorieren kann man auch die Klagen von Caritas & Co, dass das zusätzliche Geld für Pflege noch immer zuwenig sei. Denn ich habe noch nie gehört, dass man dort einmal sagt: Danke lieber Steuerzahler, das ist reichlich und genug.

Das Spannendste ist jedoch der Stabilitätspakt, der sich als ein Antilügenpakt erweist. Er soll die Bundesländer endlich zur Disziplin anhalten. Bei seiner Lektüre kommt der Staatsbürger freilich ordentlich ins Staunen. Denn darin werden – als große Errungenschaft! – Dinge untersagt, die man bisher nur für griechische Nationalbräuche gehalten hatte:

  • Ab nun dürfen Bundesländer Schulden nicht mehr in ausgegliederten Organisationen wie Wohnbaugesellschaften verstecken. Was sie skandalöser Weise bisher getan haben.
  • Außerdem müssen sie künftig die Übernahme von Haftungen per Gesetz beschließen. Was sie unfassbarer Weise bisher nicht getan haben. Dadurch wird man erstmals erfahren, ob es noch andere Länder gibt wie Kärnten, das für die Jörg-Haider-Privatbank vulgo Hypo-Alpen-Adria unfassbare 20 Milliarden an Haftungen eingegangen ist. Freilich: Verboten oder zumindest limitiert werden solche Haftungen auch künftig nicht. Der Steuerzahler muss offenbar schon froh sein, wenn er wenigstens erfährt, wofür er haftet.
  • Ein Limit gibt es hingegen für direkte Schulden der Länder. Das hat es freilich auch bisher gegeben. Aber die Big spender in den Landesregierungen und im Wiener Rathaus haben sich nie darum geschert, sondern immer mehr ausgegeben. Nun soll es zwar gewisse Strafen geben – können. Die machen nur maximal 15 Prozent des überzogenen Betrages aus. Und sie müssen vorher erst von einer paritätischen Kommission aus lauter Politikern beschlossen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dort jemals eine Mehrheit für eine Strafe stimmen wird, ist ungefähr so groß, wie es für mich ein Lottogewinn wäre. Ich habe allerdings  noch nie Lotto gespielt . . .

Vielleicht also hat sich die Politik mit ihrer Diskretion doch etwas Gutes getan.

 

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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