Angela - Home alone
28. März 2011 09:36
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 4:30
Wie kann die deutsche Regierung nach diesem vernichtenden Ergebnis bei zwei Landtags- und etlichen Kommunalwahlen noch weiterarbeiten? Wenn CDU/CSU und FDP trotz heftigen Gegenwinds das noch wollen, wird es sicher nicht helfen, die Schuld auf die regionalen Häuptlinge zu schieben oder gar sich zu freuen, dass „nur“ die Grünen“ – diese jedoch erdrutschartig –, nicht jedoch die SPD gewonnen haben. Das wird wohl nur dann gehen, wenn man sowohl bei der CDU wie bei der FPD plötzlich wieder klar erkennen kann, wofür diese Parteien stehen. Ja, dass sie überhaupt noch für etwas stehen. Dass die Regierung an der Spitze des größten europäischen Landes doch noch Führungskraft hat.
Und das hat die Regierung Angela Merkels bisher in keiner Weise geschafft. Gewiss können Deutschlands Schwarze und Gelbe klagen, dass binnen wenigen Wochen zwei GAUs passiert sind, die nicht wirklich beeinflussbar waren. Weder der japanische Atomunfall noch die (wenn auch unter kräftiger Mitwirkung linker Uni-Netzwerke erfolgte) Demontage des Ministers Guttenberg waren von den Parteiführungen ausgelöst worden. Aber schlecht reagiert haben sie in jedem Fall. Das trifft auch auf die Migrations-, Finanz- und Nahostkrise zu.
Merkel und ihr Partner Westerwelle erwecken in keinem Deutschen mehr den Eindruck, klar für einen Kurs zu stehen. Sie strahlen Unsicherheit aus, man merkt bei jeder Maßnahme, dass sie nur auf die Umfragen schielen und nicht von irgendwelchen klaren liberal oder konservativ geprägten Überzeugungen ausgehen. Das kann man Thema für Thema durchdeklinieren.
- Atomunfall: Die Regierung ließ sich von der Panikwelle mitreißen und signalisierte mit ihrem über Nacht verhängten Moratorium eigenhändig einer durch die Medien ohnedies schwer verunsicherten Bevölkerung, dass CDU und FDP mit ihrem vor wenigen Monaten erneuertem Bekenntnis zur Atomkraft einen Fehler begangen hätten. Sie gewannen dadurch jedoch keinen der Verängstigten zurück – dies umso weniger, als der FDP-Wirtschaftsminister in einer die letzte Glaubwürdigkeit zertrümmernden Rede das Moratorium als bloße Wahlkampftaktik geoutet hat. Was ohnedies die meisten vermutet hatten. Gleichzeitig hat die Regierung dem weniger verängstigten Teil Deutschlands aber auch keine Antwort gegeben, wie das Land seine Energiezukunft lösen wird, ohne den Standort zusätzlich massiv zu belasten. Denn acht Atomkraftwerke zusperren und dafür halt jede Menge französischen Atomstroms importieren, ist noch keine wirklich überzeugende Ansage.
- Guttenberg-Rücktritt: Das Video, das Merkels triumphierendes Lächeln zeigt, als sie auf ihrem Handy die Nachricht vom Rücktritt des plagiierenden, aber ungemein beliebten CSU-Ministers erhielt, war für viele schockierend. Hatte sie doch stets ihre Loyalität zu Guttenberg beschworen.
- Libyen-Krise: Es haben zwar viele verstanden, dass die Regierung keine deutschen Flugzeuge nach Libyen entsendet, aber dass sich die deutsche Diplomatie im Sicherheitsrat den Russen und Chinesen statt den Franzosen, Briten und Amerikanern anschloss, ließ in vielen Deutschen die Frage hochkommen: Wozu eine rechte Regierung wählen, wenn sie dann ohnedies eine linke, neutralistische Politik verfolgt?
- Noch viel vernichtender war der EU-Gipfel unmittelbar vor den deutschen Landtagswahlen. Merkel ist – wie zu erwarten war – mit dem groß angekündigten Versuch gescheitert, den schuldenlustigen Südeuropäern ein wirksames Korsett anzulegen. Sie hat aber dennoch zugestimmt, dass Deutschland mit der größten zusätzlichen Schuldenlast beschwert wird, die je eine Regierung zu verantworten hatte. Alle Deutschen, die nur einigermaßen Verständnis von finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenhängen haben, konnten und können darüber nur entsetzt sein. Der Eindruck ist umso verheerender, als vom EU-Gipfel knapp vor der Wahl doch noch ein „Erfolg“ Merkels gemeldet worden war: Deutschland muss seine Zahlungen in den europäischen „Stabilisierungs“-Fonds nicht zur Gänze im Wahljahr für den nächsten Bundestag, sondern kann sie auf Raten zahlen. Sodass sich schnell noch vor der Wahl eine Steuersenkung ausgeht. Mit anderen Worten: Merkel hat dort nicht für die Interessen Deutschlands, sondern in erkennbarer Weise für jene ihrer Parteitaktik gekämpft.
- Und auch beim letzten Punkt, weshalb Menschen normalerweise eher eine Partei rechts der Mitte als eine linke wählen, haben CDU und FDP versagt (lediglich die CSU hat die Hand noch ein wenig am Puls der Wähler): Nämlich bei der wachsenden Sorge vor Überfremdung und einer rapide zunehmenden islamischen Bevölkerung. Merkel hat die kluge und seriöse, aber auch schmerzhaft ehrliche Analyse des SPD-Dissidenten Thilo Sarrazin scharf verurteilt (ohne sie gelesen zu haben). Der CDU-Bundespräsident hat den Islam als Teil Deutschlands bezeichnet. Und die FDP-Justizministerin versucht in diesen Fragen überhaupt die SPD links zu überholen.
In allen fünf Punkten bleibt die Antwort offen: Warum soll man dann noch eine dieser beiden Parteien wählen? Da man keine Antwort mehr auf diese Fragen bekommt, geht man lieber gleich zu den Grünen, die wenigstens den Eindruck vermitteln, Überzeugungen zu haben. Was umso alternativloser war, da es zum Unterschied von anderen Ländern rechts von den deutschen Regierungsparteien keine brauchbaren Alternativen gibt.
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