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Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Den Ruf nach Freiheit darf niemand überhören. Nicht in Ägypten und nirgendwo sonst." In einem berührenden Interview mit der Süddeutschen Zeitung schildert der frühere deutsche Außenminister Hans Dietrich Genscher, heute 83 Jahre alt, sein Verhältnis zu dem eben von der 2011er Generation ins Ausgedinge geschickten ägyptischen Diktator Hosni Mubarak.
Genscher lernte ihn 1981 unmittelbar nach der Ermordung des großen ägyptischen Staatsmanns und Friedensnobelpreisträgers Anwar el Sadat kennen. Beide arbeiteten in der Folge pragmatisch für den Erhalt des Friedens in dieser für die Welt so sensibel Region des Nahen Ostens. Wobei es nicht nur um den Frieden vor der europäischen Haustür geht, wie die Ereignisse in den anderen Ländern der arabischen Welt zeigen. Der ist - und vielleicht lernen die reichen Länder der EU dies endlich zu akzeptieren - nicht zum Nulltarif zu bekommen.
Eine noch offene Rechnung ist die faire Verteilung der ökonomischen Lasten in der globalisierten Welt. Denn der reiche Norden sollte nicht verdrängen, dass der zündenden Funke für die Umstürze in Tunesien und Ägypten die hohen Lebensmittelpreise waren. Keine noch so gut gesicherte Festung namens EU mit Frontex und anderen Überwachungssystemen wird Hungernde davon abhalten können, diese zu stürmen. Womit wir bei der anderen und ebenso schwierig zu lösenden Verpflichtung des reichen Nordens wären. Es geht um das Festhalten an den eigenen Grundwerten und somit an einem Asylrecht, das seinem Namen gerecht wird. Hier haben die Europäer eine Bringschuld im eigenen Interesse. Klar ist, dass nicht alle aufgenommen werden können. Aber für politische Verfolgte muss und wird es Platz in den 27 Ländern geben. Damit sich die Katastrophen des 20. Jahrhunderts auf europäischem Boden nicht wiederholen.
Andreas Unterberger
In jüngster Zeit hat Österreich das Asylrecht gegen einige Missbrauchs-Taktiken abgesichert. Dennoch zeigen sich noch immer große Lücken, ganz abgesehen von den unendlich langen (Alt-)Verfahren beim VwGH - dessen Präsident dennoch heftig protestierte, als dem Gericht schließlich die Asylkompetenz genommen wurde.
Fragwürdig ist etwa das neu eingeführte „Bleiberecht", das schon Tausenden rechtskräftig abgewiesenen Asylwerbern doch noch den Verbleib in Österreich ermöglicht. Noch problematischer ist die Nichtabschiebung einer noch größeren Zahl abgewiesener Asylwerber, weil man ihre (meist geheim gehaltene) Heimat nicht eruieren kann oder weil man in viele Länder nicht abschiebt. Das schützt auch in Österreich verurteilte Drogendealer, etwa wenn ihnen deshalb daheim die Todesstrafe droht. Sie bleiben hier - samt Anspruch auf Mindestsicherung.
Noch Schlimmeres tut sich an den EU-Außengrenzen. Seit dem Umsturz in Tunesien sind über 5000 Möchtegern-Immigranten auf Lampedusa gelandet; noch größer ist der Andrang auf Griechenland.
Verantwortungsbewusste Politik müsste daher europaweit das Asylrecht durchleuchten. Was einst angesichts des Schocks über scheiternde Versuche, vor der Mordmaschine der Nazis zu fliehen, ausgebaut worden ist, was sich dann bei den Opfern des Kommunismus als gut und wichtig erwiesen hat, hat heute eine total andere Funktion: Heute ist das Asylrecht bis auf wenige Ausnahmen die Eintrittskarte für Arme der Dritten Welt ins Wohlfahrtsparadies.
Dadurch können sie eine Zeitlang legal hier bleiben und sich die Chance auf Eheschließung bzw. Vaterschaft - oder Untertauchen eröffnen. Manchen gelingt mit cleveren Helfern die Konstruktion wasserdichter Lebensläufe, die ihnen tatsächlich Asyl verschaffen. Handeln täte dringend not.