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Nicht Ägypten, sondern der Sudan macht die Welt besser

Es mag ungewöhnlich klingen, am Tag nach dem Rücktritt von Hosni Mubarak über den Sudan zu schreiben. Aber im Nachbarland Ägyptens passiert etwas, was wohl noch fundamentalere Bedeutung haben könnte als der Abgang des Diktators im mächtigsten Land der arabischen Welt. Auch wenn nach Mubarak nun weitere Diktatoren bangen müssen. Auch wenn in vielen islamischen Ländern nun Chaos und ein Machtzuwachs der Fundamentalisten drohen.

Denn zum ersten Mal seit langen Zeiten geht nun im Sudan die Teilung eines afrikanischen beziehungsweise islamischen Landes über die Bühne. Und das ist in jeder Hinsicht eine gute Nachricht, an deren Zustandekommen pikanterweise auch Mubarak ein wenig mitgewirkt hat. Steter internationaler Druck hat einen unendlichen Bürgerkrieg mit Millionen Toten beendet. Die Sezession beendet nun überdies die Vorherrschaft einer islamischen Diktatur über einen bedeutenden christlichen Landesteil.

Und das könnte – und sollte – nun in der Tat zum Vorbild für viele andere Länder werden. Vielleicht kann es dort dann auch ohne Millionen Tote passieren? Von Jugoslawien bis zur Tschechoslowakei zeigt sich, dass nach der Zustimmung aller Beteiligten zur Trennung die Dinge einen viel friedlicheren Verlauf nehmen können. Vor allem Tschechen und Slowaken sind heute wieder die besten Freunde – vor allem schon deshalb, weil sie sich ohne Blutvergießen getrennt haben. Auch der Nordirland-Konflikt wurde erst entschärft, als London den Nordiren die Selbstbestimmung garantierte (wobei es dort ja für eine Sezession – noch – keine Mehrheit gibt).

Würde der Sudan Schule machen, dann würde das Wort Selbstbestimmungsrecht von der hohlen Phrase zu einer neuen Realität werden, die einen fundamentalen Fortschritt der Menschheit bedeuten könnte. Ein  wirkliches globales Selbstbestimmungsrecht ist – zusammen mit einem international ausgebauten Minderheitenschutz –  für eine gute Weltordnung mindestens so wichtig wie die Herrschaft von Recht und Demokratie.

Und alle würden profitieren davon. Warum sollte es etwa den Spaniern schlechter gehen, wenn sie die Basken in die Unabhängigkeit entlassen? Wären die Italiener ärmer oder weniger angesehen, würden sie den Südtirolern die Freiheit geben?

Was für ein Fortschritt wäre es für die Türkei, wenn sie die aufsässigen und unterentwickelten Kurden los wäre! Wie viel Blutvergießen würden sich Nigeria oder die Elfenbeinküste ersparen, wenn die Länder (wahrscheinlich nach religiösen Linien) getrennt würden! Was kostet es China, die Tibetaner und Uiguren ständig zu unterdrücken! Welch Vorbild wäre Indien, würde es den Kaschmiri die Selbstbestimmung erlauben! Wie viel weniger Leid gäbe es in Burma, würde es den rebellischen Stämmen im Osten die Sezession erlauben!

Letztlich ist es lediglich uraltes nationalistisches Machtdenken, dass all das verhindert. Dabei gibt es weltweit viele Beispiele von Singapur bis Botswana und Luxemburg, dass gerade kleine oder bevölkerungsarme Länder oft extrem erfolgreich sind. Das häufig gebrauchte Gegenargument „Kleinstaaterei“ hat keinerlei Gewicht für sich. Nur Dinosaurier mögen Größe für einen Wert an sich halten.

Ich weiß natürlich auch, dass der Traum von der globalen Selbstbestimmung auch weiterhin nicht sehr realistisch ist. Aber der Sudan, die zähneknirschende Zustimmung Khartums zur Sezession des Südens ist ein erster wichtiger Spalt im globalen Beton der Fremdherrschaft.

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