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Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Das neue Jahr beginnt so, wie das alte geendet hat: mit Streit um das Bildungssystem. Es ist ineffizient, teuer und sozial unfair. In höhere Schulen und an die Universität kommt fast nur, wer auch aus „gutem Hause" stammt: Der familiäre Hintergrund und ein Migrationshintergrund fallen für Kinder und Jugendliche in Österreich viel stärker ins Gewicht als in anderen Ländern. Sozial am fairsten beim Zugang zur Bildung sind Island, Finnland und Dänemark. Hinter Österreich, das beim gerechten Zugang zur Bildung unter 31 OECD-Staaten lediglich auf Platz 24 liegt, befinden sich nur noch Länder wie die Slowakei oder die Türkei.
Verantwortlich dafür ist der Zwang zur frühen Festlegung des Bildungswegs. In Österreich muss die erste Schulwahlentscheidung für das Kind mit zehn Jahren gefällt werden. Diese ist wesentlich vom familiären Hintergrund geprägt. Die Schulleistung der Kinder fällt weniger ins Gewicht als der Bildungshorizont der Eltern und ihre finanziellen Möglichkeiten.
Mit dem Retrovorschlag, Aufnahmsprüfungen in Gymnasien einzuführen, würde die Bildungsungerechtigkeit noch verstärkt. Jede Bestrebung nach einer modernen Bildungspolitik würde zunichtegemacht. Statt früher Selektion sollte das Bildungssystem bessere Integration und Förderung von Talenten durch Einführung der differenzierten Gesamtschule bieten. Kein Witz, sondern bezeichnend ist, dass der Vorstoß von Fritz Neugebauer kommt, der als Chef der Beamtengewerkschaft etliche Bildungsreformen verhinderte und jetzt gegen ein Gesetz Verfassungsklage einbringen will, das er selbst mitbeschlossen hat. So weit, so schlecht. Aber Leute mit Ideen aus der Mottenkiste des frühen 20. Jahrhunderts sollten nicht über die Zukunft der Kinder im 21. Jahrhundert bestimmen.
Andreas Unterberger
Die Abschaffung der Aufnahmsprüfungen war einer der vielen populistischen Fehler, die das Niveau unserer Schulen nachhaltig gesenkt haben. Ihre Wiedereinführung ist genauso sinnvoll wie eine anspruchsvolle (Teil-)Zentralmatura, wie universitäre Zugangsregeln, wie regelmäßig extern überprüfte und notenrelevante Leistungsstandards.
Die ständige Reduktion der Anforderungen und die Umwandlung vieler (zum Glück nicht aller) Schulen in Kuschelstuben hat jungen Menschen vorgetäuscht, automatischen Anspruch auf Schul-„Erfolge" zu haben. Ohne Anstrengungen und objektiv von Dritten überprüfte Leistungen. Beim Berufseintritt waren dann manche überrascht - und die Arbeitgeber enttäuscht -, dass freigiebig verteilte Zeugnisse und Diplome nicht viel wert waren. Auch international nicht: Siehe Uni-Rankings, PISA- und TIMSS-Tests.
Solange Lehrer ausschließlich selbst den Erfolg ihrer Bemühung benoten, sind sie versucht, zu gut zu bewerten. Auch viele Schulbehörden und Direktoren üben Druck aus, gut zu benoten. Der Abbau von Leistungshürden ist vor allem für bildungsfern aufgewachsene Kinder unsozial, weil sie dann auch in der Schule nicht gezwungen werden, das zu lernen, was die Eltern versäumt haben. Als krasse Folge gehen etwa in der Wiener Brigittenau (ein Bezirk mit hohem Migrantenanteil) fast alle Volksschüler mit lauter Einsern ab. Obwohl viele weder Lesen noch Rechnen beherrschen.
Sobald jedoch am Ende jeder Schule wie in vielen Ländern ein extern bewerteter Test steht, müssen sich Lehrer wie Schüler angesichts einer von ihnen selbst nicht zu beeinflussenden Hürde gemeinsam anstrengen. Mit einer objektiven Aufnahmsprüfung würde auch die Polemik ad absurdum geführt, dass Zehnjährige sozial „selektiert" würden.