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Josef Konsenspröll und die Schule

Der ÖVP ist auf den ersten Blick zu ihrem nach langen Geburtswehen entstanden Bildungskonzept einmal zu gratulieren – oder genauer den davon (hoffentlich) profitierenden Schülern und Eltern. Vier sehr kritische Fragen können ihr aber nicht erspart werden, die den Wert der Gratulation wieder stark vermindern.

Zu loben ist einmal, dass die ÖVP dem Schwachsinn einer Einheitsschule nicht nachgegeben hat, auch wenn das flächendeckende rot-grüne Bombardement samt deren „intellektuellen“ Vorfeld-Partisanen wie „Österreich“, Androsch&Freimaurerfriends sowie ORF schon manche Schwarze zeitweise eingeschüchtert hat. Vom BZÖ, das ebenfalls den Gesamtschul-Schwachsinn trompetet, das aber ohnedies immer mehr zu einer Heide-Schmidt-Reproduktion wird, wollen wir wegen seiner Bedeutungslosigkeit gar nicht reden.

Zu loben ist, dass die Beherrschung der deutschen Sprache zur Vorbedingung für den normalen Schulunterricht wird. Ebenso positiv ist, dass sich künftig die Direktoren die Lehrer selbst aussuchen sollen (Was ist mit dem Kündigen?).

Auch die Idee, dass man nur noch "modular" jene Fächer nachholen soll, in denen man negativ abschneidet, ist im Prinzip gut - die organisatiorische Durchführung wird aber noch sehr spannend und schwierig. Denn mit Schulklassen lässt sich das nicht mehr gut verbinden. Eine richtige Idee ist auch, die Pflichten der Eltern stärker zu betonen - nur traut sich die ÖVP noch nicht wirklich, das auch mit Konsequenzen zu verbinden, etwa einer Reduktion der Familienbeihilfe bei Schulschwänzen oder Aufgabenverweigerung.

Auch das Projekt einer „mittleren Reife“ für alle 14-Jährigen ist im Prinzip gut – selbst wenn es auf den ersten Blick gegenüber der bisher schlicht „Hauptschulabschluss“ genannten Qualifikation nicht wirklich etwas Neues zu bedeuten scheint. Dennoch könnte die mittlere Reife ein Element werden, das alle Schulen wieder ein Stück stärker ergebnis- und leistungsorientiert macht (auch den Gymnasien täte so etwas allemal gut).

Es kommt dabei nur ganz auf das Wie der Durchführung an. So wie ja jetzt schon das Wie der von Claudia Schmied gerade vorbereiteten Zentralmatura und Bildungsstandards die meisten Hoffnungen wieder zerstört, die man an diese Instrumente geknüpft hat. Denn wenn diese mittlere Reife nur bestätigen sollte, dass man halt acht Jahre mehr oder weniger eifrig zur Schule gegangen ist, dann ist sie das Papier nicht wert und das Wort „Reife“ schon gar nicht.

Jedoch kann man gleichzeitig der ÖVP vier kritische Fragen nicht ersparen:

  1. Wie will sie glaubhaft Sparsamkeit verkörpern, wenn man schon wieder 130 Millionen Euro (jährlich!) für ein stark nach Zeitgeist klingendes Projekt auszugeben gewillt ist? Immerhin bringt es diese Regierung – und damit an führender Stelle dieser Finanzminister – selbst in der gegenwärtigen (Zwischen-)Konjunktur nicht zustande, auch nur in die Nähe eines ausgeglichenen Budgets zu kommen.
    Gleichzeitig haben ja bisher alle Analysen gezeigt, dass die ländlichen Hauptschulen nach wie vor exzellent sind. Das heißt, dort wäre ja gar kein dringender Handlungsbedarf gegeben. Und bei Pisa gibt es nur einen einzigen Ort mit wirklich katastrophalen Ergebnissen, nämlich Wien (trotz einer Fülle von Neuen Mittelschulen und ähnlichem). Statt dass dort die Frau Brandsteidl und ihre Genossinnen hinausgeschmissen werden, was eine ziemlich billige Investition wäre, geben wir wieder (in altem Geld) fast zwei Milliarden mehr aus. Obwohl Österreichs Bildungsausgaben in allen Vergleichsstatistiken jetzt schon im absoluten Spitzenfeld liegen.
  2. Aber gehen wir einmal davon aus, dass Geld offenbar wieder grenzenlos vorhanden ist. Und nehmen wir überdies einmal an, dass die teure Methode „Neue Mittelschule“ – die primär darin besteht, deutlich mehr Lehrer in die Klassen zu stellen – wirklich pädagogisch etwas bringt. Dann stellt sich die zentrale Frage: Warum bekommen nicht auch die Gymnasien eine so heftige Vermehrung der Lehrkräfte? Ist der ÖVP die Qualität der Ausbildung unserer künftigen Elite wurscht, also jener relativ wenigen Menschen, die einmal als Wissenschaftler, Manager, Freiberufler, Forscher, Ingenieure usw. den Wohlstand für die wachsende Gruppe von Wohlfahrtsabhängigen erwirtschaften sollen? Verbirgt sich hinter dem Modell nicht doch ein gewaltiger Schritt hin zu mehr Gleichmacherei? Will man die Fleißigeren, Begabteren, stärker Bildungsorientierten bewusst bremsen? Gleichsam als Strafe dafür, weil sie überdurchschnittlich oft aus sozial arrivierten Familien kommen (die ja in der großen Mehrzahl deshalb arriviert sind, weil sie und damit im Schnitt auch ihre Kinder stärker bildungsorientiert und fleißiger sind)? Ist auch die ÖVP letztlich doch vom Virus der totalen Gleichmacherei befallen, der früher Kommunismus, jetzt aber „Soziale Gerechtigkeit“ heißt, die aber mit Gerechtigkeit absolut nichts zu tun hat, sondern nur mit Gleichmacherei?
  3. Warum kämpft die ÖVP nicht gleichzeitig für die vielen Qualitäts- und leistungsorientierten Schulversuchs-Ideen, wie sie etwa einst Bernhard Görgs Karl-Popper-Schule gewesen ist, die sensationelle Ergebnisse erzielt? Was bedeutet der gleiche Fächerkanon zwischen Mittelschule und Gymnasien? Wird den Gymnasien die zweite Fremdsprache (etwa Latein in den anspruchsvollsten Schulen) verboten, weil viele Mittelschüler ja schon mit Hochdeutsch Probleme haben?
  4. Und last not least: Warum will nicht einmal die ÖVP in den Gymnasien wieder die Aufnahmsprüfung einführen, damit endlich die Volksschulen (das wahre Problemfeld!) unter Leistungsdruck kommen? Und damit nur die wirklich Leistungsbereiten in die AHS kommen?

Letztlich ist das wieder eine typische Josef-Pröll-Entscheidung, wie bei der Schwulenehe, wie beim Budget: Gute Absichten werden aus lauter Konsens-Sucht wieder weitestgehend zunichte gemacht. Und nützen wird das Pröll erst recht nichts. Die Linken werden das ÖVP-Bildungspapier als Teilsieg verbuchen und sofort weiter um den Endsieg kämpfen. Auch wenn dieser eine totale Niederlage für Österreichs künftige Schüler bedeuten wird. So wie sie beim Budget trotz der Pröllschen Nachgiebigkeit schon wieder neue Steuererhöhungen verlangen, so wie sie bei der Schwulenehe nicht aufgeben, bis auch die letzten Mini-Differenzierungen weggefallen sind.

Was Pröll einfach nicht begreift: Die Menschen respektieren nur Politiker, die auch in Konfliktzeiten zu ihren Überzeugungen und denen ihrer Wähler stehen. Er begreift auch nicht, dass die überwiegend linksgestrickten Medien die ÖVP erst dann loben werden, wenn sie das grünrote Programm wirklich ganz übernommen hat. Also wenn es die ÖVP nicht mehr gibt.

 

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