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Fußnote 166: Die letzte Chance der Wiener Uni

Die Wiener Uni steckt wie die meisten Universitäten des Landes in einer tiefen Lähmung. Die bevorstehende Rektorswahl wäre eine letzte Gelegenheit, sie herauszuholen.

Freilich: Glaubt jemand noch ernsthaft an diese Chance? Aber warten wir halt die Wahl ab. Dabei stehen einige sicher sehr honorige Kandidaten zur Wahl, ein bisheriger Vizerektor sowie ehemalige Grazer Rektoren mit durchaus ordentlichem Leumund. Aber eben alles "More of the same". Rätselhafterweise hat es aber auch ein Brite mit einer mehr als eindrucksvollen Vita geschafft, in den Wahlvorschlag zu kommen. Dieser war bisher in Leitungsfunktionen am University College London tätig, das in weltweiten Rankings auf Platz 9 liegt. Er hat auch selbst eine sehr lange Liste an Forschungserfolgen, nicht nur in der Ökonomie, sondern auch als Querdenker in etlichen anderen Disziplinen. Er wagt es sogar, die ökonomischen Erfolge seiner Uni und seines Departments zu erwähnen, was ja hierzulande ein absolut unsittliches Denken beweist. Gegen seine Intelligenz spricht nur, dass er glaubt, in Wien wirklich eine Chance zu haben. Das haben ja wahrscheinlich nicht einmal die immerhin schon rektoratserfahrenen Grazer. Man will doch lieber weiterhin unter sich bleiben und in seiner Beschaulichkeit nicht gestört werden. Und wenn es Probleme, etwa katastrophal schlechte oder überflüssige Studienrichtungen mit minderwertiger Absolventenqualität gibt, dann werden diese primär ignoriert oder dem geizigen Steuerzahler angekreidet. Niemals würde man auf die eigene Unfähigkeit kommen. Niemals würde man sich gar durch einen ganz offensichtlich dynamischen Ausländer aufwecken lassen.

Zur Illustration des Istzustandes ein kleines Beispiel: Der prominente Theologe Adolf Holl hat von einem Sponsor das Geld für die Einrichtung eines Adolf-Holl-Lehrstuhls bekommen (den natürlich, schon seines Alters wegen, nicht mehr Holl selber einnehmen würde). Das ist eine international übliche Vorgangsweise, eine Uni zu sponsern und einen interessanten Mann zu ehren. Holl bot in einem Brief dem amtierenden Wiener Rektor den Lehrstuhl an. Er bekam zwei Monate lang gar keine Antwort, dann gab es ein nettes, aber völlig unverbindliches Gespräch nach Wiener Art. Worauf sich Holl entschloss, den ausfinanzierten Lehrstuhl der privaten Wiener Sigmund-Freud-Universität anzubieten. Mit der war er nach einer Woche handelseins. Was das heißt? In Wahrheit sollte man die Wiener Uni zusperren und dem Dekan der juristischen Fakultät, Heinz Mayer, als Kabarett oder Obdachlosenasyl überantworten. Und statt dessen sollte man viele funktionierende und ernsthafte neue Hochschulen fördern. Wer jedoch noch an die Reformierbarkeit der Mega-Universität glaubt, mag die Rektorswahl abwarten. Die Hoffnung stirbt ja zuletzt.

Sollte die Wahl anders ausgehen als prophezeit, bin ich gerne zur Abbitte bereit.

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