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Die Justiz in allen Gassen

Karl-Heinz Grasser ist nun erstmals wirklich angepatzt. Wolfgang Ruttenstorfer ist hingegen entpatzt. Und auch die sich sonst so sehr im angeblichen oder wirklichen Schmutz Anderer suhlenden Fellner-Brüder sollten sich eine gute Putzerei suchen.

Grasser hat während seiner Ministerzeit die Versteuerung von Aktiengewinnen vergessen. Wohl ist er mittels Selbstanzeige und der sofortigen Bezahlung der Steuer jedem Strafverfahren entgangen. Auf Ahnungslosigkeit oder Vergessen kann sich ein Finanzminister aber nicht ernsthaft berufen. Auch wenn sich der "vergessene" Betrug angesichts der jahrelangen Anschuldigungen einer ganzen Anti-Grasser-Industrie gegen ihn eher wie Peanuts ausnimmt.

Der Beinahe-ÖVP-Obmann ist damit wohl politisch für den Rest seines Lebens verbrannt. Oder doch nicht? Immerhin gibt es einen anderen ehemaligen Finanzminister, der sich in Steuersachen viel schwerer schuldig gemacht hat. Der deshalb zum Unterschied von Grasser auch vorbestraft ist. Dieser Ex-Finanzminister wird nun jedoch von der SPÖ und von den durch die SPÖ aus unseren Steuern und Abgaben bestochenen Zeitungen und Fernsehanstalten als Retter des Bildungssystems herumgereicht. Trotz erwiesener Ahnungslosigkeit in diesen Fragen. Freilich: Ein Linker steht bekanntlich moralisch immer auf einem viel höheren Grund als ein rechter Politiker.

Erfreulich und berechtigt ist hingegen der Freispruch eines anderen Expolitikers der SPÖ, des OMV-Chefs Ruttenstorfer (auch wenn es recht seltsam ist, dass von den Medien der genannten Kategorie in Zusammenhang mit dem Prozess nie auf die SPÖ-Vergangenheit Ruttenstorfers hingewiesen wurde).

Der Freispruch – sofern er auch in der Instanz hält – befreit jedenfalls sämtliche Vorstände von Aktiengesellschaften aus einer sonst tödlichen Doppelmühle: Auf der einen Seite legen alle Aktionäre großen Wert darauf, dass auch die Topmanager ihr Geld in Aktien der Gesellschaft anlegen und ihr Gehalt zum Teil in Aktien bekommen. Die Aktionäre wollen dadurch erreichen, dass die Manager immer auch an sie denken. Was leider nicht ganz selbstverständlich ist. Auf der anderen Seite aber geraten die Vorstände stets in den Verdacht der Insiderei, sobald sie diese Optionen realisieren, sobald sie die Aktien erwerben: Denn es gibt wohl keine einzige Stunde in der Amtszeit eines Vorstandes, es sei denn er ist völlig inaktiv, in der dieser nicht Insiderwissen hätte, in der dieser nicht mehr wüsste als alle anderen Aktionäre. Was ihn aber im Zeitpunkt eines Aktienkaufs sofort zum Verbrecher zu machen droht.

Im Fall des OMV-Chef hat man eine gute Lösung gefunden: Da Ruttenstorfer die erworbenen Aktien erst nach Jahren verkaufen darf, kann niemand ernsthaft an eine Bereicherung durch den momentanen Wissensvorsprung glauben. Vielleicht sollte endlich auch der Gesetzgeber das klarstellen. Damit die Chefs der großen Firmen wieder mehr ans Geschäft als an die Angst vor dem Staatsanwalt denken.

Noch einmal Justiz: Erstaunlich, dass sich diese traut, bei den mächtigen Medienbrüdern Fellner Hausdurchsuchungen zu machen. Anlass ist ein sehr dubioses Immobiliengeschäft. Freilich wird es noch sehr spannend, ob die Justiz am Ende auch wirklich gute Karten gegen die Fellners in der Hand hat. Denn sonst wird deren Geschrei „Justiz-Skandal“ ohrenbetäubend werden. Noch spannender wäre es allerdings, wenn die Korruptionsstaatsanwaltschaft endlich auch den Zusammenhang zwischen den aus Steuermitteln fließenden Inseraten und der parteipolitischen Schlagseite der Fellner-Zeitung untersuchen würde. Da liegt nämlich wirklich ein Skandal begraben.

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