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In der Jauchengrube und an deren Rand

Es stinkt gewaltig. Die nun veröffentlichten Überwachungsprotokolle der Telefonate von Walter Meischberger zeigen eine ganze Reihe von politischen und wirtschaftlichen Akteuren dieses Landes, besonders aus dem Umkreis der (früheren) FPÖ, tief in der Jauchegrube. Daneben gehen aber auch Rot und Grün alles andere als geruchsfrei aus diesen Veröffentlichungen heraus.

Die Kenntnis der Gesprächsprotokolle der Herren Meischberger, Grasser und Plech darf als bekannt vorausgesetzt werden. Auszüge daraus finden sich jedenfalls in einer grünen Anfrage auch auf der Parlaments-Homepage. Hier sei statt dessen eine analytische Bewertung der handelnden Personen unternommen.

Walter Meischberger: Er hat sich mit jenen Telefonaten wohl endgültig um Kopf und Kragen geredet. Ein Lobbyist, der sechsstellige Summen kassiert, sich aber in Hinblick auf das „Wofür eigentlich? “, „supernackt“ zeigt, der spricht sich selbst schuldig. Wenn das nicht Korruption ist, dann sind wahrscheinlich auch die Regierungsinserate in bestimmten Boulevard-Zeitungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Überdies hat sich Meischberger endgültig auch höchstpersönlich der wirtschaftlichen und rechtlichen Ahnungslosigkeit wie auch der abgrundtiefen Dummheit überführt. Das wirft wieder ein mehr als düsteres Licht auf all jene, die ihn politisch oder auch privat gefördert haben, von Jörg Haider bis Karl-Heinz Grasser. Und natürlich auf alle jene, die mit ihm Geschäfte welcher Art immer gemacht haben.

Ernst Karl Plech: Er hat fast immer dann die Hände im Spiel gehabt, wenn FPÖ-Minister – insbesondere aus dem Justiz- und Finanzressort – völlig überflüssige und teure Übersiedlungen von Ämtern in neue Gebäude angeordnet haben. Diese Übersiedlungen haben schon vor zehn Jahren heftig nach Korruption gerochen.

Horst Pöchhacker: Er ist zweifellos der durch die Protokolle am drittmeisten Belastete, auch wenn er nun auf Tauchstation zu gehen versucht, und auch wenn viele SPÖ-nahe Medien seinen Namen nicht erwähnen. Denn Meischberger müsste ja nicht krampfhaft darüber nachdenken, wofür er eigentlich von der Baugesellschaft Porr Geld bekommen hat, hätte es da nicht dubiose Zahlungen der Porr mit unsauberen Zusammenhängen geben. Pöchhacker ist deshalb besonders pikant, weil er als einziger noch in sehr hohen Würden für die Republik steht. Denn nach der 25 Jahre dauernden Leitung der ziemlich roten Baufirma Porr leitet er nun den Aufsichtsrat der knallroten ÖBB – und hat dort im Aufsichtsrat Äußerungen in Hinblick auf Schmiergelder gemacht, die ebenfalls so skandalös sind wie die Meischberger-Telefonate. Die aber in den SPÖ-nahen und ÖBB-finanzierten Medien im Gegensatz zu den Meischberger-Äußerungen total hinuntergespielt werden.

Gabriele Moser: Die grüne Abgeordnete – durch ihre Verkehrskompetenz eigentlich eine der wenigen sachseriösen Grünen – hat durch die Veröffentlichung des Abhörprotokolls einen schamlosen Missbrauch der Abgeordneten-Privilegien begangen. Denn wenn das Parlament mit gutem Grund die Veröffentlichung von Abhörprotokollen gesetzlich verboten hat, ist es eigentlich unfassbar, dass ein Abgeordneter desselben Parlaments seine Immunität ganz gezielt benutzt, um solche Protokolle dann sehr wohl zu veröffentlichen. Nach dem provozierenden OGH-Urteil, das sogar einen Journalisten, der einer Straftat verdächtig ist, die Unterdrückung von Beweismaterial erlaubt, zeigt damit eine zweite Bevölkerungsgruppe dem Rest der Menschheit voll Hohn, dass sie viel gleicher als alle anderen ist. Niemand solle sagen, dass das Delikt der Frau Moser notwendig war, um die unfassbaren Dialoge Meischbergers vor die Justiz zu bringen: Denn dort waren sie längst. Und nur dort gehören sie hin. Es ist auch nicht Aufgabe des Parlaments mitzubestimmen, ob jemand in U-Haft kommt oder nicht. Noch gilt in Österreich die verfassungsrechtliche Gewaltentrennung.

Karl-Heinz Grasser: Für den Ex-Minister gilt nach diesen Dialogen der Satz „Es stinkt“ ganz besonders. Das für viele seiner Feinde – und derer hat er sich mit seiner überheblichen Art wie auch mit seinen politischen Erfolgen viele gemacht – besonders Ärgerliche dabei ist jedoch: Nach allem, was bekannt ist, ist Grasser auch diesmal offenbar noch nicht selbst so tief in die Jauche gefallen, dass eine Anklage oder Verurteilung wahrscheinlich wäre. Er ist ihr nur so nahe gekommen, dass er den Gestank wohl nie mehr loswerden wird.

Claudia Bandion-Ortner: Eine guter Justizminister müsste jetzt ganz anders agieren. Aber die amtierende Ministerin hängt selbst schwer angeschlagen in den Seilen – und zwar weil sie vom ersten Tag an aus vielen Gründen eine peinliche Fehlbesetzung war, nicht aber weil ihr Elsner-Urteil teilweise revidiert wird; letzteres ist ein ganz normaler Vorgang, auch wenn nun reihum juristisch ahnungslose Journalisten (die sie anfange bejubelt haben) aus dem Elsner-Prozess einen gegen Bandion-Ortner zu machen versuchen. Ein starker Justizminister würde jetzt jedenfalls zum Kampf gegen diese parlamentarischen Tricks zur Umgehung der rechtlich zwingenden Vertraulichkeit antreten – und sei es durch den Vorschlag einer Gesetzesnovelle –, er würde auch energische Maßnahmen gegen das ständige Hinausdringen vertraulicher Akteninhalte aus der Staatsanwaltschaft setzen. Und er würde die dortigen Missstände nicht jeweils so lange ignorieren, bis ein früherer Gerichtspräsident das Parlament auf die zahllosen dortigen Missstände aufmerksam macht.

ORF: Der hat sich zwar nicht schuldig gemacht, aber es ist geradezu unfassbar, wie dort praktisch täglich derselbe grünlastige Kampfjurist interviewt wird. Offenbar hat im ganzen ORF niemand so viel juristisches Grundwissen, um zu begreifen, dass ein (noch dazu mittelmäßiger, wenn auch fescher) Verfassungsjurist mit dem Strafrecht ungefähr so viel zu tun hat wie ein Schickeria-Zahnarzt mit dem Herzinfarkt.

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