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SN-Kontroverse: Irland-Krise

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Ist die Krise in Irland eine Folge der neoliberalen Politik?

 In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Stoppt die Zocker!

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Der Zockerkapitalismus bedroht Staaten und Kontinente. Die Zeche zahlen wie stets die „kleinen Leute". Ihnen werden die Sozialleistungen gekürzt, gespart wird bei den Ausgaben für Bildung sowie Gesundheit und Pensionskürzungen drohen. Dies alles, weil eine Hand-voll Banker den Hals nicht vollkriegen kann und fahrlässig agierende Regierungen keine vernünftigen Maßstäbe für wirtschaftliches Handeln setzen.

Jüngstes Beispiel ist Irland, wo die Krise durch einen ungehemmt agierenden Bankensektor ausgelöst wurde. Die Bankenkrise ist Folge eines halsbrecherischen Immobilienbooms. Dessen Ursprung liegt Jahre zurück. Seit der Einführung des Euro gilt in der EU ein einheitlicher Leitzins. Dieser orientierte sich zu Anfang des Jahrzehnts an der vergleichsweise niedrigen Inflationsrate in Kontinentaleuropa. Aus irischer Sicht war dieser Leitzins viel zu niedrig, denn auf der Insel war die Teuerung hoch. Ein niedriger Nominalzins und eine hohe Inflation führen jedoch zu einem extrem niedrigen Realzins. Die irische Regierung hätte darauf reagieren müssen - doch sie ignorierte alle Warnungen und heizte Konsum und Konjunktur durch immer neue Steuererleichterungen an. Das irische Steuerdumpingmodell wurde von den Neoliberalen als Wirtschaftswunder gefeiert. Man faselte vom „keltischen Tiger" und scheffelte enorme Gewinne. Irland wurde zum Spielcasino Europas.Vieles, was anderswo von Gesetz oder Bankenaufsicht verboten war, ging in Irland.

Ausländische Banken, vor allem britische und deutsche, gaben den irischen Kollegen Kredite in dreistelliger Milliardenhöhe. Und jetzt musste die EU wieder einen teuren Rettungsschirm aufspannen. So kann es nicht weiter gehen. Falls der Zockerkapitalismus ungezügelt bleibt, sind bald alle Rettungsschirme der Welt vergeblich. 


Zwei Todsünden wider liberale Prinzipien

Andreas Unterberger

Neoliberal" ist das neue Schimpfwort vieler Linker - ohne dass sie auch nur ahnten, was es bedeutet. Das Wort „neoliberal" ist als Bezeichnung für die Schule der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards entstanden, des Schöpfers des deutschen Wirtschaftswunders. Das ist die erfolgreichste Wirtschaftspolitik der Geschichte.
Auch Europas einstiges Armenhaus Irland hat durch liberale Politik eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hinter sich. Durch niedrige Steuern boomte das Land und hatte dennoch bis 2007 nur halb so viel Schulden wie Österreich. In der globalen Finanzkrise beging es aber einen schweren Fehler: Der Staat übernahm die Haftung für die ins Schleudern gekommenen irischen Banken.

Solche Staatsinterventionen sind das genaue Gegenteil dessen, was jeder Neo-, Alt- und sonstige Liberale empfiehlt. Wenn ein Unternehmen in eine Krise gerät, dann gibt es in der liberalen Marktwirtschaft nur zwei Konsequenzen: Entweder es findet einen Käufer oder geht in die Insolvenz - mit allen schmerzhaften Folgen für die Gläubiger, etwa die internationalen Banken. Höchstens der Konten der kleinen Sparer dürfte sich eine liberale Politik annehmen.
Die zweite Todsünde gegen das liberale Grundprinzip der Eigenverantwortung beging Angela Merkel. Sie zwang die deutschen Steuerzahler, zuerst den Griechen und nun den Iren mit großen Summen zu helfen. Die Wiener Regierung torkelte hinterher, sie begriff nicht einmal, was da passiert.

Faszinierend ist, dass die deutsche Regierung plötzlich wieder zu den liberalen Prinzipien zurückkehren und die Gläubiger statt der Steuerzahler in die Pflicht nehmen will. Nach dem doppelten Sündenfall tut man sich aber furchtbar schwer, aus der sozialistischen Falle herauszukommen, dass die „Reichen" -  also die Sparsamen wie Deutschland, Österreich & Co. - für die Fehler der Leichtsinnigen zu zahlen haben.

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