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Ich habe es nie verstanden, dass es Menschen gibt, die sich mit scharfen Waffen beim Fechten Kopf oder Oberkörper blutig schlagen lassen. Oder die Spass daran haben, dies bei anderen zu tun. Daher hat mich die Nachricht, dass fast der halbe FPÖ-Klub in Wien einer Burschenschaft angehört, doch ziemlich verstört.
Beim zweiten Nachdenken finde ich an dieser – von etlichen Medien wie ein Kriminalbericht transportierten – Nachricht noch viel mehr verstörend. Aber in ganz anderer Richtung.
Denn erstens ist nicht jeder Burschenschafter ein schlagender, was bei Verbreitung jener Meldungen elegant verwischt worden ist.
Zweitens sind alle jene (Ex-)Burschenschafter, denen ich bisher in meinem Leben begegnet bin, durch die Bank friedliche, aggressionsarme und wohlerzogene Menschen gewesen, ob nun mit oder ohne Schmiss (wenn man einmal den bisweilen heute noch zu verbalen und sonstigen Exzessen neigenden Ex-Schlagenden Michael Häupl außer Betracht lässt). Haben da vielleicht gar jene seltsamen Fechtrituale bei manchen dazu beigetragen, der Rauflust junger Burschen auf Dauer den gefährlichen Dampf abzulassen?
Drittens aber ist es eigentlich ziemlich auffällig, von wem diese Aufstellung an die Öffentlichkeit transportiert worden ist: nämlich vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. Denn dieses wiederum wird via Gemeinde Wien mit Steuergeldern gefüttert, kann also insofern durchaus als sehr SPÖ-nahe bezeichnet werden (trotz zweier betagter „Schwarzer“, die dort seit urdenklichen Zeiten der Form halber in einem Gremium sitzen dürfen). Das heißt mit anderen Worten: Steuergelder werden ausgegeben, damit ein Privatverein Unterlagen gegen politische Gegner der Wiener Machthaber sammelt und nun veröffentlicht. So als ob es sehr gewichtig wäre, was jemand vor sechs Jahren in einer Bezirkszeitung über die Zunahme der Türken in Wien gesagt hat.
Diese geheimdienstartige Vorgangsweise erscheint mir nun demokratiepolitisch viel gefährlicher als idiotische Fechtrituale junger Burschen.
Immerhin war es einmal ein SPÖ-Innenminister gewesen, der sich recht großspurig ins Fernsehen gesetzt und vor der ganzen Nation darüber erregt hat, dass die Staatspolizei Materialien gegen unbescholtene Bürger sammelt. Welche jener Innenminister, es war Franz Olah, daraufhin verbrennen ließ. Wir wollen nun nicht annehmen, dass Olah dann ausgerechnet aus diesem Grund aus der SPÖ ausgeschlossen und wegen eines recht undurchsichtigen Sachverhalts zu Strafhaft verurteilt worden ist.
Halten wir lediglich fest: Das DÖW macht ziemlich genau das, was damals als Skandal aufgedeckt und angeblich eingestellt worden ist. Und zwar weiterhin mit Steuergeldern finanziert, die aus roten Händen fließen.
Was das demokratiepolitische Bild aber noch viel mehr verzerrt: Weit und breit sammelt oder publiziert niemand und schon gar nicht mit Steuergeld bezahlt die Sünden von Rot und Grün. Ob diese Sünden nun in jungen oder nicht mehr so jungen Jahren begangen worden sind. Obwohl nur das ein wirklich umfassendes Bild über die seltsamen Biographien und Vorgeschichten unserer politischen Akteure ergeben würde.
Wer aller hat einmal an gewalttätigen Studenten-, Opernball oder sonstigen Demonstrationen teilgenommen? Wer hat sich etwa gar strafbar gemacht? Wer hat mit Hassaufrufen politische Gegner denunziert? Wer gehört geheimen Logen an, in denen – bei aller Geltung der Unschuldsvermutung – in bedenklicher Weise gemauschelt wird? Wie schaut es mit nepotistischen Ehe- und Verwandtschaftsbeziehungen unter führenden Genossen aus? Wer hat ohne jede einschlägige Ausbildung der Partei wegen einen gut bezahlten Job in einer großen Bank bekommen?
Und was derlei Fragen noch mehr wären. Deren Beantwortung wäre jedenfalls in einer rechtsstaatlichen Demokratie mindestens genauso wichtig wie die Frage, wer welcher Studentenverbindung angehört hat. In einer rechtsstaatlichen Demokratie eben, und nicht in einem halbtotalitären Denunziantenstaat.