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Ganz ohne Ironie: Die Welt ist besser geworden

 Zu Recht weisen Leser bisweilen darauf hin, dass das Tagebuch ein oft sehr deprimierendes Bild der Wirklichkeit zeigt. Dem kann man nur entgegenhalten, dass es eben ein ehrlicher wie realistischer Blick auf die österreichische und europäische Wirklichkeit ist. Global ist der Blick auf die ganze Welt hingegen viel erfreulicher. 

Das ist nicht nur für viele überraschend, sondern endlich ein positives Thema. Das muss auch umso mehr betont werden, als es von der Entwicklungshilfsindustrie und leider auch vielen Medien verschwiegen wird. Für die ist jede gute Nachricht ja eminent geschäftsstörend. Für die einem primitiven Neo-Rousseauismus verhaftete Attac-Linke würde überhaupt ein Weltbild zusammenbrechen.

Daher wurde der vor wenigen Tagen publizierte neue Bericht der Weltentwicklungsorganisation UNDP vielerorts einfach verschwiegen. Diesem Schweigen seien einmal einige Zitate aus diesem Weltentwicklungsbericht entgegengestellt, der nun schon seit 20 Jahren alljährlich erstellt wird.

„Dieser Bericht zeigt, dass die meisten Länder in den meisten Bereichen signifikante Fortschritte erzielt haben, wobei die ärmsten Länder häufig die höchsten Gewinne aufweisen. Die starken Verbesserungen auf dem Gebiet der Gesundheit, der Bildung und (in geringerem Ausmaß) des Einkommens, die die meisten Länder mit niedrigem Einkommen heute verzeichnen, wurden vor 40 Jahren bei weitem nicht von allen erwartet.“

Der unter oberster Verantwortung eines Pakistani und eines Inders erstellte Bericht verschweigt aber auch nicht, dass manche Länder zurückgefallen sind. Wörtlich: „Diese Länder bieten eine Lektion für die verheerenden Auswirkungen von Konflikten, der Aids-Epidemie sowie wirtschaftlichem und politischem Missmanagement. Die meisten litten unter mehr als einem dieser Faktoren, wenn nicht sogar unter allen zusammen.“

Fast noch überraschender als die generell positive Stimmung des Weltentwicklungsberichts ist seine Botschaft: Menschliche Entwicklung bei den wichtigsten Faktoren kann auch ohne sonderliches Wirtschaftswachstum erzielt werden.

Aber Hallo! Wo bleiben da die Stehsätze, dass vor allem anderen wir Europäer schuld an der Not der Dritten Welt seien? Dass diese immer ärmer werde? Wo bleibt da die Phrase von den verheerenden Folgen des Neokolonialismus? Von der angeblich für die Dritte Welt so schädlichen Ausbeutung der Bodenschätze, für deren Nutzung sich die Europäer stündlich einmal schämen sollten? Wo ist da das Gewäsch von unseres Egoismus wegen fehlender Gleichheit und Gerechtigkeit, von dem eine ganze, ununterbrochen an Schuldgefühle appellierende Entwicklungshilfeindustrie und tausende sogenannter Politologen so perfekt lebt (die in Wahrheit zu einem erschreckend großen Teil aus Marketingabteilungen zum Selbstvermarkten im schönen Europa besteht)?

Würden sie diesen Bericht gelesen, müssten Kardinäle, Landpfarrer und Pastoren, Professoren, Journalisten und sonstige Stammgäste von Talkrunden jedenfalls ihr ständiges Da capo eliminieren. Denn das UNDP bezeichnet die Ergebnisse seiner Analysen „in einem entscheidenden Punkt“ als „zwingend und eindeutig“: „Die einzelnen Länder können sehr viel tun, um die Lebensqualität ihrer Menschen selbst unter widrigen Umständen zu verbessern. Zahlreiche Länder haben trotz bescheidener Einkommenszuwächse große Fortschritte im Gesundheits- und Bildungswesen erzielt, während es anderen trotz starker Wirtschaftsleistung über Jahrzehnte hinweg nicht gelang, ähnlich beeindruckende Fortschritte bei der Lebenserwartung, beim Schulbesuch und beim allgemeinen Lebensstandard zu erzielen.“ Die zentrale Botschaft des UNDP: Der wichtigste Faktor der Entwicklung ist die politische Führung jedes Landes.

Freilich wird vom UNDP Entwicklungshilfe nicht ganz als nutzlos abgeschrieben. Das tun zwar immer mehr Autoren. Dennoch bin ich ziemlich sicher, dass es einen Rest von Unterentwicklung gibt, wo die Hilfe von außen als befristete Not- und Starthilfe nützlich ist. Viel wichtiger wäre es aber jedenfalls, wenn Europa und die USA alle Exporte – auch von Nahrungsmitteln – aus der Dritten Welt aufnehmen würde, statt mit Exportsubventionen und anderen Agrarförderungen die Erzeuger aus der Dritten Welt aus dem Weltmarkt hinauszukonkurrieren.

Und jedenfalls negativ wirkt sich das Entwicklungshilfesystem dann aus, wenn es bei den Menschen und insbesondere Regierungen der Dritten Welt die Einstellung nährt, dass man nicht selbst für Entwicklung zuständig sei, sondern dass andere die Schuld daran tragen. Wenn Entwicklungshilfe-Gerede und schlechtes Gewissen in Europa zur billigen Ausrede für Drittwelt-Diktatoren oder korrupte Beamte werden, dann sind sie jedenfalls schädlich.

Zurück zum UNDP. Es erstellt alljährlich einen Index der menschlichen Entwicklung (HDI). Dieser misst viele Faktoren wie Bildung, Gesundheit, Lebenserwartung, Lebensstandard, geschlechtsspezifische Disparitäten und andere Faktoren, die den Entwicklungsstand einer Gesellschaft viel genauer zeigen, als es bloße „BIP pro Kopf“-Statistiken können. Von 135 Ländern, die solcherart seit 20 Jahren intersucht werden, haben heute nur drei einen niedrigeren HDI: die Demokratische Republik Kongo, Zambia und Zimbabwe.

In den meisten Ländern mit einer enttäuschenden Entwicklung haben – was das UNDP natürlich nicht so direkt ansprechen kann – korrupte Diktatoren mit sozialistischen Rezepten das Land gegen die Wand gefahren. In fast allen anderen haben sich hingegen nicht nur die Gesundheits-, Ernährungs-, Bildungsverhältnisse und die Lebenserwartung verbessert. Sie sind auch fast durchwegs alle einen Schritt Richtung mehr Freiheit, also Demokratie, Rechtsstaat und Marktwirtschaft gegangen.

Das ist eine in jeder Hinsicht gute Nachricht, die wir jetzt nicht dadurch stören wollen, dass wir über die Entwicklung von Freiheit&Co in Österreich nachzudenken beginnen. Oder über die deprimierend klingende Tatsache, dass Österreich bei der menschlichen Entwicklung nur am 25. Platz liegt. Während Norwegen, Australien, Neuseeland, die USA und Irland die ersten Plätze einnehmen. Freilich muss man Österreichs letzten Platz relativieren: Denn die UNDP-Statistik straft Österreich für sein - an sich ausgezeichnetes und international anerkanntes - System der Lehrlingsausbildung, indem es die Lehrjahre nicht als Schuljahre rechnet. Was Ö beim Index weit zurückwirft.

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