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Wolfgang Ruttenstorfer, der Chef der OMV, muss vor den Strafrichter. Das schafft ein gewaltiges Dilemma, bei dem es keine guten Lösungen gibt, bei dem aber rasche Antworten dringend notwendig sind. Und wo es nur eine Antwort gibt – die freilich lediglich das geringste Übel verkörpert. Das noch immer groß genug ist.
Auf der einen Seite steht der Rechtsstaat: Ruttenstorfer hat knapp vor einer für den Kurs der OMV-Aktie positiven Entwicklung ein sattes Aktienpaket der von ihm geleiteten Firma erworben. Was ihn zumindest auf dem Papier deutlich reicher gemacht hat. Daher steht ein massiver Vorwurf des Insiderhandels im Raum. Insiderhandel ist in Österreich bisher ja viel zu wenig geahndet oder durch Diversion im Hinterzimmer erledigt worden, obwohl hier die normalen Kleinaktionäre von Managern mit ihrem Wissensvorteil über den Tisch gezogen worden sind.
Auf der anderen Seite steht mindestens ebenso viel: Ruttenstorfer hat die Aktien im Zuge seines Vertrages als normalen Bonus erworben. Er muss sie jedenfalls drei Jahre behalten, konnte sie also nicht gleich wieder verkaufen, als die ihm – möglicherweise – exklusiv zugängliche gute Nachricht dann allgemein bekannt wurde.
Ruttenstorfer ist darüber hinaus einer der besten Manager Österreichs. Er hat die OMV zum Vorteil der Mitarbeiter und(!) Aktionäre auf sehr guten Kurs geführt. Er ist auch innerhalb der Sozialdemokratie (die ihn unter Klima zum Staatssekretär gemacht hatte) eine der ganz wenigen Stimmen der wirtschaftlichen Vernunft – viel vernünftiger als der Tag und Nacht mediengeile Hannes Androsch.
Jedoch: Ein Strafverfahren gegen den Chef eines so wichtigen Unternehmens legt diesen jahrelang lahm. Da scheint es bei aller Diskussionswürdigkeit der Anklage doch im Interesse von Mitarbeitern und Aktionären zu liegen, wenn Ruttenstorfer bis zur Rechtskraft eines hoffentlichen Freispruchs ins zweite Glied zurücktritt.
Unter einer einzigen Voraussetzung wäre ein Verbleib denkbar: Wenn der Zeitpunkt des Aktienerwerbs gar nicht von Ruttenstorfer, sondern von den Klauseln seines Vertrags bestimmt worden wäre. Dann wäre die Anklage nur noch ins Kapitel des Absurden einzureihen.
Ansonsten sollte jeder Vorstand einer Aktiengesellschaft zehnmal nachdenken, ob er künftig im Umgang mit Aktien der eigenen Firma noch irgendeine Entscheidung selbst treffen will, oder ob das nicht alles an einen völlig unabhängig und ohne jeden Kontakt agierenden Vermögensverwalter delegiert werden soll. Sonst haben wir es bald so wie in der Politik: Dass nur noch eine negative Auswahl bereit ist, sich solchen Risken auszusetzen.