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Mut und Hirn kann man nicht kaufen

Sie haben gepatzt, geschludert, unsensibel agiert und gleichzeitig fast alle sinnvollen Einsparungsmaßnahmen auf der Straße liegen gelassen. Dieses Urteil lässt sich eine Woche nach den Budgetbeschlüssen der Regierungsmitglieder fällen – auch wenn jetzt noch immer täglich weitere Details bekannt werden. Die nur dazu führen, dass sie nun nach der Reihe in Einzelpunkten in die Knie gehen, was natürlich nur noch weitere Begehrlichkeiten weckt.

Bei aller Kritik muss ja eines klar sein: Das alleroberste Gebot für die Regierung hat ein drastischer Abbau des Defizits zu sein, denn sonst droht der Republik eine absolute Katastrophe. Daher sind auch alle jene nicht ernst zu nehmen, die nur jammern, aber nicht genau sagen, wo statt dessen gespart werden sollte, wie die Wirtschaftskammer. Oder die gar nach noch mehr Steuern rufen, wie Gewerk- oder Hochschülerschaft.

Die Katastrophe eines Rückgangs der österreichischen Kreditwürdigkeit ist wahrscheinlich ohnedies nicht aufzuhalten. Denn abgesehen vom trotz Sparpakets ohnedies einprogrammierten weiteren Anwachsen der offiziellen Staatsschuld wird die EU demnächst die seit den 90er Jahren durch Tricks ausgelagerten Schulden von ÖBB und Asfinag nun wohl doch dieser Staatsschuld zurechnen. Was diese vor den Augen der ganzen Welt schlagartig um 8 Prozent erhöhen dürfte.

Dabei scheut die EU ohnedies vor der Anrechnung auch aller Verpflichtungen, also Schulden, unseres üppigen Pensionssystems zurück – zum Glück für die Budgettrickser aller Länder. Die Kreditgeber tun das hingegen immer weniger, weil Schulden ja Schulden sind, egal welches Mascherl sie haben, egal wie gut sie versteckt sind. Daher muss Österreich jetzt schon höhere Zinsen als Deutschland zahlen. Und dieses muss wiederum schon höhere Zinsen als die Begeber seriöser Industrieanleihen bezahlen. Was es alles noch nie gegeben hat.

Wo man wirklich sparen hätte können

Damit wir hier ehrlicher sind, seien einige Punkte ausgelassener Sparmöglichkeiten aufgezählt (viele andere sind schon in den letzten Tagen und Wochen hier aufgezählt worden):

  1. Die Länder könnten auf ihre für Bürger wie Budget teure Gesetzgebungskompetenz ebenso wie auf den Bundesrat komplett verzichten – und dafür die gesamte Kompetenz über die Lehrer bekommen (mit einem präzisen Kopfgeld pro Kind, das nicht in eine Privatschule geht). Dadurch könnten die Landesfürsten ihr Gesicht voll bewahren, was für politische Lösungen immer wichtig ist.
  2. Besonders absurd und reif für den Mistkübel ist das bürokratieaufwendige Projekt „Gender budgeting“. In Nachplappern einer grotesken Modetorheit muss bei jedem einzelnen Budgetposten neuerdings erklärt werden, wie sich dieser Posten jeweils auf Männer und Frauen auswirkt. Was letztlich zu völlig abwegigen Fragen führen wird wie:
    - Wieviel Prozent der ÖBB- oder der Autobahnnutzung entfällt auf Frauen und wieviel auf Männer?
    - Dient die Landesverteidigung mehr den Männern, weil sie die Mehrzahl der Soldaten stellen, oder mehr den Frauen, weil sie die Mehrzahl der geschützten Gesamtbevölkerung stellen und überdies keine Präsenzdienstpflicht haben?
    - Sind Panzer oder Granatwerfer frauenfreundlicher?
    Am Rande sei vermerkt, dass der Gender-Budgeting-Schwachsinn das einzige(!) Ziel ist, dass nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder und Gemeinden gilt. Allein mit dem, was sich da einsparen ließe, könnte man alle Mehrkinderfamilien von den Kürzungen ausnehmen. Was auch viel frauenfreundlicher wäre als das blöde Gender budgeting.
  3. Das gilt natürlich auch für die Inflation an überflüssigen Gleichbehandlungsstellen, Frauenbeauftragten und wie die Konstruktionen und Kommissionen sonst noch heißen mögen, die nicht nur viel Geld für ihr Personal an kampfbereiten Feministinnen verschlingen, sondern auch massive indirekte Kosten verursachen. So kann beispielsweise ein Universitätsposten nicht vergeben werden, wenn sich dort keine Frau bewirbt und eine dieser Beauftragtinnen Einspruch erhebt.
  4. Schon mehrfach sind hier die Mega-Verschwendungsprojekte zur Befriedigung einiger Lokalpolitiker und der Bauwirtschaft im Bereich der ÖBB aufgezählt worden: Das reicht vom Koralm- und Brenner-Tunnel bis zum (neuerlichen) Totalneubau fast aller größeren Bahnhöfe des Landes, deretwegen aber kein einziger Mensch zusätzlich Bahn fahren wird.
  5. Ebenfalls aus lauter Angst vor den Landeshauptleuten hat die Regierung auf die Schließung Dutzender Bezirksgerichte und Polizeiwachstuben verzichtet.
  6. Auch im Gesundheitssystem ist keine einzige der möglichen Einsparungsreformen bekannt.
  7. Weder Länder noch Gemeinden noch ausgegliederte Gesellschaften wurden gezwungen, künftig ihre Einkäufe über die Bundesbeschaffungsgesellschaft zu poolen, obwohl das gewaltige Einsparungen brächte. Alleine bei den Spitälern wären das mehrere hundert Millionen (angefangen vom gerade aktuellen Reinigungsdienst des AKH, den das Wiener Rathaus wie alles in Wien im teuren Alleingang  vergeben hat). Aber bekanntlich sind Einkäufe der öffentlichen Hand der beste Weg der Partei- wie auch privaten Finanzierung . . .
  8. Die Regierung schenkt ungezwungen den Landeshauptleuten Anteile an den neuen Steuern – sie hat aber bisher keine einzige Sparmaßnahme der Länder erreicht. Dort wird also weiterhin fürstliche Hofhaltung herrschen. Was man etwa in diesen Stunden daran ablesen kann, wie in Wien ein teures rot-grünes Neuprojekt nach dem anderen bekanntgegeben wird. Wo also überhaupt nicht gespart wird, nur um einige sozialistische Weltveränderungsprojekte auf kosten der Zukunft durchziehen zu können.
  9. Nirgendwo hat man bisher auch etwas davon gelesen, dass die unter Faymann vervierfachten Summen für Bestechungs-Inserate in den Zeitungen – oder gar die diesbezüglichen Ausgaben der Länder – reduziert werden würden. Dafür kürzt man die legale und völlig korruptionsfreie Presseförderung um drei Millionen, was abgrundtief dumm ist – auch wenn ich bekanntlich als einer von ganz wenigen Journalisten Österreichs nicht davon profitiere.
  10. Und natürlich gehört in diese Liste der Versäumnisse schließlich auch die sofortige Abschaffung der Hacklerregelung – notfalls mit Verfassungsgesetz. Ebenso wie andere Maßnahmen zur Hinaufsetzung des realen Pensionsantrittsalters. Dabei könnte man im Gegenzug den Pensionisten eine Garantie geben, dass ihre Pensionen künftig auch wirklich wertgesichert bleiben – zumindest in dem Ausmaß, in dem die Pensionen versicherungsmathematisch durch Einzahlungen gedeckt sind.
    Das wäre für die ältere Generation zweifellos wichtiger als die Möglichkeit, allzu früh aus dem Berufsleben vertrieben zu werden. Heftige Maßnahmen gegen die Frühpensionen wären umso dringender, als der Bundeszuschuss zu den Pensionen 2011 voraussichtlich um 500 Millionen (und 2014 um 2000 Millionen) höher ausfallen dürfte, als „Experten“ noch im Frühjahr berechnet hatten! Da spielt nicht zuletzt der üble Trick der Gemeinde Wien mit, mit dem zahlreiche Wiener Beamtinnen durch Wechsel ins ASVG-System umgehend die Möglichkeit einer Hacklerpension erhalten haben.

Wo falsch gespart wird

Absolut schädlich sind dafür viele der nun bekannten Einsparungs-Details:

  1. So wird die Halbierung des sogenannten Gerichtsjahres die Ausbildung der österreichischen Juristen verschlechtern – und bei den Gerichten wohl zu noch langsameren Prozessen führen.
  2. So wird es eine massive Abwanderung österreichischer Flugreisender nach Zürich, Pressburg, Marburg und in andere Nachbarstädte geben. Was bei der privatisierten AUA weitere Jobs kosten wird. Und eine neue AUA-Krise, falls auch Transitreisende diese Steuer zahlen müssen.
  3. So wird der Asylgerichtshof um ein Viertel verkleinert. Offenbar weiß eine  hellseherische Regierung, dass es nie wieder neue „Flüchtlings“-Wellen geben wird, die dann neuerlich zu jahrelangen Verfahrens-Verzögerungen führen würden. Dabei bringen ohnedies Konjunkturerholung, seltsame Gerichtsurteile und politische Feigheit schon jetzt ein neues Anwachsen der „Asyl“-Zuwanderer.
  4. So wird der für die Schaffung von Eigenkapital wichtige heimische Kapitalmarkt schwer beschädigt.
  5. So werden die Banken veranlasst, nach vorzeitiger Zurückzahlung der Staatshilfe möglichst rasch möglichst viel Geschäft – oder gar die eigenen Unternehmens-Zentralen – in ein billigeres Ausland zu verlagern.
  6. So will sich die Regierung zwar die Familienbeihilfe zwischen dem 25. und dem 27. Geburtstag ersparen: Die Unterhaltspflicht (in den meisten Fällen) der Väter wird aber nicht parallel gekürzt. Was zeigt, dass die Regierung den Spruch: In dieser Zeit kann man ja locker fertigstudieren, selbst nicht ernst nimmt. Denn sie unternimmt ja auch nichts, um die effektive Studiendauer zu verkürzen (weil sich die SPÖ vor den linksradikalen Dummmädchen der Hochschülerschaft und deren Demonstranten fürchtet).

Andere Länder haben sehr wohl regierende Regierungen

Apropos Ausland: Dort finden sich etliche Regierungen, die nicht nur bei den Sparmaßnahmen großen Mut zeigen.

  • Beispiel Frankreich: Dort ist der kleine wie mutige Präsident auch vor einer extrem aggressiven (und vom ORF in widerlicher Art bejubelten) Streik- und Protestwelle nicht in die Knie gegangen, bis diese nun von selbst verebbt ist. Während in Österreich die Regierung der Gewerkschaft zuliebe eilfertig das umweltschädliche Pauschale für die „Pendlerinnen und Pendlerinnen“ (O-Ton des ÖGB-Chefs bei seinem täglichen Kampf mit der deutschen Sprache) erhöht hat.
  • Beispiel Großbritannien: In einem kraftvollen Akt werden 500.000 Beamtenposten abgebaut (und gleichzeitig wagt es die neue Regierung, auch noch an vielen Fronten der Political correctness den Kampf anzusagen: So sollen fette Menschen wieder als „fett“ bezeichnet werden dürfen und nicht beschönigend „adipös“/“obsese“, um nur ein winziges, aber bezeichnendes Beispiel zu nennen).  
  • Beispiel Osteuropa: In zahlreichen Ländern werden Pensionen und Beamtenbezüge trotz heftiger Proteste massiv gekürzt oder zumindest eingefroren.
  • Beispiel Griechenland: Die dortige Regierung hat sich bisher in keiner Weise durch die wilden Gewerkschaftsproteste bei ihren drastischen Sparmaßnahmen irritieren lassen.
  • Beispiel Dänemark: Es schränkt wie mehrere andere Länder die Zuwanderung per Familienzusammenführung ein, die besonders bei türkischen und arabischen Frauen eine reine Zuwanderung in die Segnungen des Wohlfahrtsstaates bedeutet, ohne dass diese Frauen jemals arbeiten würden.
  • Beispiel Deutschland: Weder die Regierung in Berlin noch die in Stuttgart noch die Deutsche Bahn haben sich durch die aggressiven Proteste von dem für die Bahnbeschleunigung (auf der auch für Österreich wichtigen Strecke Paris-Budapest) unverzichtbaren Projekt „Stuttgart 21“ abbringen lassen. Die Politik hat sich vielmehr in einer für österreichische Ohren verblüffenden Art noch lautstark und mutig hinter das Projekt gestellt.

Eine traurige Bilanz

Die Bilanz ist deprimierend:
Wir haben die Regierung, die wir verdient haben.
Wir haben den feigsten Regierungschef Europas, der alles verludert, was Österreich unter Schüssel noch zum international anerkannten Vorbild gemacht hat.
Die ÖVP hat sich alternativlos auf einen solchen Partner eingelassen (Die Hauptschuldigen daran heißen Leitl, zweimal Pröll und einmal Konrad); sie hat zugleich ihre Familien-, Europa- und Wirtschaftskompetenz verspielt, lediglich die Bauernkompetenz bewahrt.
Und weit und breit gibt es kein Substitut.

Was zur philosophischen Erkenntnis führt: Mut kann man halt nicht kaufen, genauso wenig wie politische Intelligenz.

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