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Josef Prölls trauriges Erwachen

Josef Pröll war 2008 fast der einzige, der geglaubt hat, mit einem Werner Faymann könne man einen Staat machen. Alles deutet mittlerweile darauf hin, dass er – und Österreich – in den nächsten Wochen  ziemlich ausweglos vor den Trümmern dieser Illusion stehen wird. Und zwar wegen des Scheiterns eines echten Sparbudgets.

Das Zustandebringen eines solchen Budgets wird derzeit von Tag zu Tag unwahrscheinlicher, obwohl Pröll naiver Weise geglaubt hatte, wenn er bis nach die Wiener Wahlen wartet, dass dann die SPÖ die Notwendigkeiten einsehen wird. Damit hat er sich lediglich selbst den Vorwurf eines Verfassungsbruchs eingehandelt.

Denn die letzten Stunden machen zunehmend deutlich, dass mit einem Faymann eine Sanierung des schwer verschuldeten Staatsschiffs prinzipiell unmöglich ist. Er versteht wie einst schon im Wiener Rathaus unter Politik nur populistische Demagogie auf Vorstadtniveau, auch wenn er manchmal charmant aufzutreten versucht. Auf diesen Schmäh ist der treuherzig-biedere Bauernsohn Pröll voll hereingefallen.

Die Faymann- Aussagen der letzten Stunden machen es jedenfalls deutlich, dass der sogenannte Bundeskanzler nicht nur in Wahlkämpfen völlig verantwortungslos ist. Wagt er es doch in dieser Situation Österreichs in aller Öffentlichkeit zu sagen: Bei den Jungen dürfe genauso wenig gespart werden wie bei den Alten.

Das heißt letztlich: Nirgendwo darf gespart werden. Denn selbst wenn man zwischen der Jugend und dem Alter noch von einer (ohnedies immer kürzer werdenden) Phase eines mittelalterlichen Erwerbslebens ausgeht, darf ja laut SPÖ dort erst recht nicht gespart werden: Schickt die Arbeiterkammer doch gerade allen Haushalten – natürlich auf deren Kosten – eine Broschüre in die Briefkästen, mit der knalligen Überschrift „Wir (gemeint sind die Arbeitnehmer) haben schon gezahlt“.

Was ja eine glatte Lüge ist: Die Einkommen und Konsumausgaben der Arbeitnehmer sind in der Krise als einzige nicht gesunken; die Einkommen jener Menschen, die im Lebensabend von ihrem Ersparten leben wollten, hingegen sehr. Dasselbe geschah mit den großen wie kleinen Unternehmereinkommen. Und die Schulden, die es jetzt mit absoluter Dringlichkeit abzubauen gilt, wurden nicht zuletzt zur Sicherung der Arbeitsplätze gemacht. Daher hat Österreich heute auch die niedrigste Arbeitslosenquote – aber als fast einziges Land noch keine einzige Sparmaßnahme unter Dach und Fach.

Daher kann auch gar kein Zweifel bestehen, dass Österreich kräftig und dringend sparen muss, will es nicht Griechenland werden. Und die Strafe durch die Märkte kann sogar viel früher als befürchtet erfolgen, wenn es kein Budget mit einer kräftigen Defizitreduktion gibt.

Aber gleichzeitig wird von Stunde zu Stunde klarer: Die SPÖ ist nicht sparwillig. Viele Teile der ÖVP übrigens auch nicht – aber diesen Widerstand kann Pröll wahrscheinlich überwinden. Den der SPÖ wohl nicht mehr.

Das bringt ihn in eine ziemlich aussichtslose Situation. An der Pröll aber selber schuld ist. Denn er hat ja 2008 ernsthaft geglaubt, mit einem unseriösen Typen wie einem Faymann eine tragfähige Koalition eingehen zu können. Gewiss haben ihn auch etliche Onkeln und Leitls in diese Richtung gedrängt. Aber letztlich war natürlich Pröll selbst der Mann, der blauäugig das entscheidende Ja zu einem Faymann gesagt hat.

Hätte er Alternativen gehabt? Ja, natürlich. Denn eben dieser Faymann hatte wenige Wochen vor Abschluss der neuen Koalition die alte mit einem Milliarden-Verschwendungs-Paket (nebst einer populistischen Kehrtwende in der österreichischen EU-Politik) brutal gebrochen. Eine seriöse und strategisch denkende ÖVP-Führung hätte daher nie und nimmer eine Koalition mit einem Faymann eingehen dürfen, ohne dass dieser einer Rücknahme der verheerenden Beschlüsse des 24. September 2008 zustimmt.

Das wäre nicht nur zur Gesichtswahrung nötig gewesen, sondern auch aus staats- (und finanz-)politischer Verantwortung. Wie man schon damals sehen konnte, und wie heute jeder Wirtschaftsforscher weiß.

Aber wäre Österreich dadurch nicht unregierbar geworden? Warum hätte das so sein sollen? Der Koalitionsbruch der SPÖ ist – wenn er nicht wieder zurückgenommen wird – ein logisches Kooperationsangebot an jene Parteien, die ihr damals beim Ausräumen der Staatskassen geholfen haben (wenngleich festzuhalten ist, dass die schwer desorientierte ÖVP nach Wochen des Widerstandes im letzten Augenblick selbst einem Teil der Maßnahmen zugestimmt hat). Es kann ja wohl nicht sein, dass Faymann die FPÖ als wichtigsten Helfershelfer beim Griff in die Kasse akzeptiert, aber dann nicht bereit ist, mit dieser auch die Verantwortung für die Konsequenzen zu teilen.

Jedoch: Pröll war damals nicht zu diesem logischen und zwingenden Schritt bereit. Ob er – trotz lebhafter Proteste der damals noch vorhandenen Parteibasis – wirklich so naiv war, einem schon einmal wortbrüchigen Faymann zu glauben, werden wir wohl nie wirklich erfahren. Oder ob ihn der Glanz der scheinbar halben Macht gelockt hat. Oder ob er wirklich geglaubt hat, die am Schluss weltweit geradezu bejubelte Schüssel-Politik sei total falsch gewesen, wie seine Umgebung streut. Oder ob er dem Druck der auf ihre Pfründe gierigen Landeshauptleute und Leitls nicht gewachsen gewesen ist.

Am Ergebnis ändert das nichts. Und an der Ausweglosigkeit der Lage Prölls auch nicht. Ein Mädel vom Land, das einmal auf halbseidene Schmähs vom  Wiener Gürtel hereingefallen ist, hat ja meist auch keine zweite Chance.

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