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Die Chattering class und die Wiener ÖVP

Das Wiener ÖVP-Debakel, das nun sogar mit der demütigenden Verbannung auf den Oppositionsbänken endet, wird zwar von der Bundespartei weitgehend ignoriert. Aber es ist Faktum und hat  zwei Namen. Der eine heißt Christine Marek, wie hier schon dargelegt worden ist. Der zweite Name lautet: Vernachlässigung wichtiger Wählergruppen.

Diese Vernachlässigung begann schon, als Johannes Hahn die Partei führte. Während die Volkspartei unter Hahn wie Marek der Chattering class nachjagte, also der sich selbst für den Nabel der Welt haltenden Klasse von Journalisten, Politikberatern, Kulturmenschen, Berufsfeministinnen und aus Mangel an Welttauglichkeit in den Universitäten steckengebliebenen Theoretikern, zeigte sie den bürgerlichen Wählern zunehmend die kalte Schulter – zu denen in anderen Städten längst auch schon die gut ausgebildeten und die Wirtschaft tragenden Facharbeiter zählen.

Diese wurden genauso ignoriert wie die folgenden oft sogar verhöhnten Wählergruppen: Dazu zählen die vielen Wiener Eltern, die sich vor der Einführung der  Gesamtschule fürchten. Ebenso wie jene mindestens genauso große Zahl, die sich vor der rapiden Zunahme der islamischen Bevölkerung fürchten. Oder jene, ein rapides Schwinden der kulturellen Identität beklagen. Ebenso wie die Anhänger einer liberalen Ordnungspolitik (was ungefähr das Gegenteil ist von Kammer-Lobbyismus). Und last not least die christlich konservativen Wähler.

Was sich auch an Hand der Vorzugsstimmen in einem kleinen, aber anschaulichen Exempel zeigen lässt. Marek bekam nur 3533 persönliche Vorzugsstimmen, was weit weniger ist als bei allen anderen Spitzenkandidaten – einschließlich der grünen Vassilakou. Obwohl die Grünen an sich noch weniger Stimmen erzielten als die Schwarzen, obwohl bei den Grünen für den weit hinten platzierten Alexander van der Bellen ein konkurrierender Vorzugsstimmenwahlkampf lief, was es bei der ÖVP diesmal nicht im entferntesten gab.

Marek liegt damit fast in der gleichen Dimension wie bei den letzten Wahlen die christlich-konservative Kandidatin Gudrun Kugler. Diese hat weit hinten auf der ÖVP-Liste stehend 2413 Stimmen erzielt. Sie hatte dennoch – wie das ganze konservative Lager – im Marek-Wahlkampf nicht einmal eine Chance auf den allerletzten Listenplatz bekommen.

Zum Vergleich: Der medial groß hinausposaunte Schwimmer Jukic kam auf weniger als dreihundert Stimmen. Ein Spezialwahlkampf, der nur zum Baden gehen gut war.

Aber all das wird ganz offensichtlich auch nach der Wahl von der ÖVP ignoriert. Der – längst fällige – Hinauswurf des Parteisekretärs Walther, der schon unter Johannes Hahn für eingeschlafene Füße gesorgt hatte, kann ja wohl nicht alles gewesen sein, was den Wiener Bürgern ihre Volkspartei zurückbringt.

Man hat zwar den Eindruck, dass Josef Pröll Trotz seines recht spezifischen bäuerlichen Hintergrunds bisweilen sehr wohl spürt, dass seine Partei falsch positioniert ist. Aber er hat ganz offensichtlich viel zu wenig Zeit, um sich gegen den Rest des Parteiapparates durchzusetzen, gegen die Chattering class eben.

PS.: Ich suche noch immer nach zumindest einem ÖVP-Wähler, der wegen des angeblichen (freilich nur von jenen Journalisten aus der anfangs angesprochenen halbgebildeten plappernden Klasse bemerkten) Law-and-order-Wahlkampf der Christine Marek zu einer der Linksparteien übergelaufen ist, wie mit unverdrossener Hartnäckigkeit nun auch schon in der ÖVP selbst geglaubt wird. Ich kenne statt dessen nur ÖVP-Wähler, die nach rechts gewechselt sind, oder solche, die lauthals schwören: Wenn die so weitertun als verlängerter Fortsatz der SPÖ und unter Aufgabe aller bürgerlichen Werte, dann wähle auch ich beim nächsten Mal den Strache.

PPS.: Wird die Wiener ÖVP auch weiterhin nur schaumgebremste Opposition machen, weil in der Wiener Wirtschaftskammer ein paar Funktionäre um den Zuschuss der Gemeinde zur Weihnachtsbeleuchtung in irgendeiner Einkaufsstraße bangen? Und weil irgendein schwarzer Bezirksvorsteher um das notwendige Ja der Rathaus-Kamarilla zu einer neuen Verkehrsampel kämpft? Wenn Ja, dann sollte sich die Partei die Kosten für die nächste Kandidatur gleich ganz ersparen.

PPPS.: Ob die Grünen mehr sind als die 24. Bezirksorganisation der Wiener SPÖ wird man schon in Kürze sehen: Werden sie rechtzeitig die Wahlen wegen des gerade von den Grünen aufgedeckten Betrugs anfechten, wie sie angekündigt haben? Oder sind sie inzwischen schon so gekauft wie die die Wiener Boulevard-Medien? Wenn Ja, dann sollte sich die Partei die Kosten für die nächste Kandidatur gleich ganz ersparen.

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