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Im Grund ist es ja ziemlich gleichgültig, wer neuer Fernseh-Chefredakteur im ORF-Fernsehen ist, ob der nun Fritz Dittlbacher heißt oder Armin Wolf. Und ob nun Alexander Wrabetz oder Elmar Oberhauser die Informations-Direktion leitet. Dennoch sind die ob dieser Fragen entbrannten ORF-Machtkämpfe überaus lehrreich.
Dittlbacher wie Wolf stehen, wenn auch mit signifikanten Unterschieden, so weit links der politischen Mitte, dass man sich in keinem Fall Hoffnungen auf eine objektivere Berichterstattung machen konnte – und schon gar nicht auf ein Austarieren der katastrophalen Linkslastigkeit fast der ganzen ORF-Informations-Mannschaft. Die nicht nur aus rechtlichen, sondern auch betriebswirtschaftlichen Gründen angesichts des dramatischen Seherschwindens freilich dringend am Platz wäre. Leben wir doch in einem Land, in dem sich die Menschen selbst im Schnitt als leicht rechts der Mitte deklarieren.
Dennoch zeigt das Ergebnis, also die Bestellung Dittlbachers, den totalen, um nicht zu sagen totalitären Durchgriff der SPÖ bei sämtlichen ORF-Bestellungen. Wolf steht zwar noch weiter links als die SPÖ und deren Fußvolk, die ja in Wahrheit alle nirgends mehr stehen, sondern nur noch auf die Macht stehen. Aber er ist wenigstens parteiunabhängig. Immerhin befragt Wolf bisweilen auch SPÖ-Politiker mit ein wenig Aggressivität – wenngleich immer mit Argumenten, die von noch weiter links kommen, also aus dem Attac- und Grün-Eck. Untergriffe durch Wolf gibt es nur gegen rechte Politiker.
Aus dem wirtschaftliberalen oder wertkonservativen Eck sind im ORF ja schon seit Menschengedenken keine Fragen gestellt worden. Das passiert höchstens in jedem zehnten Club 2, wenn die Politkommissare Oberhauser, Amon & Co einmal nicht genug darauf aufgepasst haben, dass dort die Linken unter sich bleiben können. Weil sie ja sonst argumentativ sofort untergehen würden.
Interessant ist jedenfalls die Beurlaubung des eigentlich für den Chefredakteur zuständigen, aber bei der Entscheidung übergangenen Intendanten Oberhauser gegen die Dittlbacher-Nominierung. Seine erste öffentliche Äußerung: Er habe zwar an Rücktritt gedacht, aber diesen dann doch bleiben lassen, wie Oberhauser im selben Atemzug mitteilt. Das nennt man Mut und Konsequenz.
Überraschende Konsequenz hat dann einen Tag später Wrabetz gezeigt und Oberhauser suspendiert. Man kann freilich wie immer bei Wrabetz sicher sein, dass das weniger persönlicher Mut war, sondern eine klare Anordnung aus der SPÖ.
Interessanter ist freilich die Frage nach dem Motiv für Oberhausers Rücktritts-Androhung samt sofortigem Verzicht auf den Rücktritt. Waren da gar die Privilegien und Remunerationen eines ORF-Direktors überzeugender als Oberhausers neuentdecktes Gewissen? Arbeitsrechtlich ist er ja zweifellos in einer weit besseren Position, wenn er nicht von sich aus aufgibt.
Vieles deutet aber auch auf ein raffiniertes Spiel hin. Oberhauser könnte nun vor der nächsten Wahl wieder ein paar orange-blauen Stiftungsräten einreden, er würde ihnen ja eigentlich nahestehen, er habe das nur nie öffentlich zeigen dürfen. Oder vielleicht sogar auch den schwarzen, von denen er offenbar hofft, dass sie in den letzten vier Jahren keinen Fernsehapparat besessen haben. Die grünen ORF-Räte hat er mit seinem Engagement für Wolf hingegen schon in der Tasche.
Für einen Kampf Oberhausers um die ganze Macht spricht die Tatsache, dass sich seltsamerweise ein Gerd Bacher für Oberhauser stark macht; dass die angeblich ÖVP-nahe Raiffeisengruppe gerade die bürgerliche Alternative Helmut Brandstätter als Kurier-Chefredakteur verbrennt (wo der Fernsehprofi, der aber keinen einzigen Tag Tageszeitungserfahrung hat, ja nur scheitern kann). Für die Alternative Oberhauser spricht auch die Tatsache, dass SPÖ-intern die ORF-Drahtzieher Rudas-Pelinka-Wrabetz außerhalb des Faymann-Büros meist nur noch Kopfschütteln auslösen.
Jedenfalls scheinen SPÖ und die Faymann-Partie die Gefahr durch Oberhausers Taktieren erkannt zu haben. Weshalb sie ihn nun kaltzustellen versuchen, damit er nicht das gleiche heimtückische Spiel spielen kann wie einst Wrabetz, der bis knapp vor der Generaldirektoren-Wahl der damaligen Generalin Lindner unverbrüchliche Treue geschworen hat.
Gegen Oberhauser spricht nur ein ganz unbedeutendes Detail: nämlich dass die Fernsehinformation in den letzten vier Jahren so einseitig grünlinks, qualitätsarm und oberflächlich geworden ist, wie noch nie in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Was ja auch eine dramatische Seher-Flucht ausgelöst hat. Aber das hat Intriganten noch nie interessiert.
Für Macchiavellisten wird der ORF-Kampf jedenfalls spannend. Für Seher und Hörer wird es hingegen eine einzige Qual.
PS.: ein wichtiger Hinweis für die linken Politkommissare von einer ganz anderen ORF-Front, wo dringender Handlungsbedarf besteht: Die Londoner Korrespondentin wagte es, noch dazu in klaren Worten, die Politik der britischen Gewerkschaften als destruktiv darzustellen. Also unbedingt bei erstbester Gelegenheit: Rübe ab! Die gute Frau hätte sich ja an der ORF-Berichterstattung über die französischen Streiks ein Vorbild nehmen können, wo in jedem Satz die große Sympathie anständiger linker Menschen für die Streikenden zu hören ist – im Radio übrigens noch viel mehr als im Fernsehen.