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Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hat seinerzeit Wahlkampfzeiten als Zeiten des fokussierten Unsinns bezeichnet. Einen solchen liefert die Wiener ÖVP-Spitzenkandidatin Familienstaatssekretärin Christine Marek mit ihrem Vorstoß für einen „Arbeitsdienst" für die Bezieher der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Laut Marek sollen diese, wenn sie nach sechs Monaten keine Job gefunden haben, zum „Straßenkehren" oder „Rasenmähen" verpflichtet werden. Die Staatsekretärin will dies als „Keule gegen sozialen Missbrauch" verstanden wissen.
Die Mindestsicherung wurde im Juli vom Nationalrat auch mit den Stimmen der ÖVP beschlossen und ist erst seit 1. September vorerst nur in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Salzburg in Kraft. Sie soll die unterschiedlich geregelte Sozialhilfe ersetzten. Die Mindestsicherung, die derzeit bei 744 Euro liegt, für Paare 1116 Euro, ist eine der wesentlichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung.
Der Vorstoß der Familienstaatssekretärin geht ins Leere. Denn Marek übersieht geflissentlich, dass schon jetzt Bezieher der Mindestsicherung, wenn sie arbeitsfähig sind, auch zur Aufnahme einer Arbeit bereit sein müssen. Wird im Zuge einer Arbeitsvermittlung eine zumutbare Arbeit nicht angenommen, kann die bedarfsorientierte Mindestsicherung gestrichen werden. Lediglich Personen mit Betreuungspflichten für Kinder bis zu drei Jahren bzw. schwere Pflegefälle in der näheren Familie, Bezieher im Pensionsalter und Arbeitsunfähige sind von dieser Verpflichtung ausgenommen. Bei allen anderen Fällen kommt es zur Streichung bzw. Kürzung der Leistung, wenn es der Bezieher verweigert, eine Arbeit anzunehmen.
Die einzige Keule die Staatssekretärin Marek daher mit ihrem Arbeitsdienstdienstgefasel geschwungen hat, ist jene des billigen Populismus.
Andreas Unterberger
"Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen." Dieser provozierende Satz ist vielen unbekannt - und steht doch schon im weitaus meistgelesenen Buch der Menschheitsgeschichte, im Neuen Testament. Etliche Theologen ignorieren ihn oder interpretieren ihn um, wie etwa auch das ebenso „kapitalistische" Gleichnis von den Talenten.
Zu spät, aber doch entdeckt hingegen die ÖVP den wirtschaftlich wie moralisch bedenklichen Irrweg, der mit der Einführung der Grundsicherung beschritten wird. Die (unter anderem christdemokratische) Partei ignoriert nun zu Recht die Linkskatholiken, die das Gebot der Nächstenliebe umgewandelt haben zu: „Fordere ständig vom Staat noch mehr Geld für angeblich soziale Zwecke zu Lasten der nächsten Generation, auch wenn diese darunter zusammenbrechen wird, dann kannst du dich als einen guten Menschen ausgeben."
Es wird zwar behauptet, die Mindestsicherung wäre nur eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe, dennoch wird zugegeben, dass sie mindestens einen dreistelligen Millionenbetrag mehr kostet. Dass von den Beziehern im Prinzip jetzt schon Arbeitswilligkeit verlangt wird, ist sehr oft nur sanktionlose Theorie. Die „Ich-bin-doch-nicht-so-blöd-zu-arbeiten"-Österreicher, aber auch überdurchschnittlich viele Zuwanderer haben ein neues Signal bekommen, dass man es sich hierzulande auf Kosten der anderen bequem machen kann. Man denke an ein formal zwei verschiedene Adressen angebendes Pärchen, das in Summe nun mehr Geld bekommt als ein hart arbeitender Alleinverdiener. Man denke an die populäre Kombination Pfuschen plus Mindestsicherung. Man denke an die vielen eher unangenehmen Jobs, für die sich niemand findet.
Ein echter Zwang, nach mindestens sechs Monaten der Joblosigkeit wieder zu arbeiten, würde aber auch vielen verzagten Menschen helfen, sich wieder an die Kultur der Arbeitswelt zu gewöhnen.