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Die Europäische Heuchlerunion

 Das Wort von der „Brüsseler Diktatur“ war lange Zeit nur eine übertriebene Formulierung der EU-Skeptiker. In der letzten Zeit gewinnt es aber zunehmend an beklemmender Substanz.

So notwendig, gut und hilfreich die EU als Wirtschaftsgemeinschaft auch war und ist – sie hat jedem Österreich weit mehr Wohlstandsmehrung als den berühmten Ederer-Tausender gebracht – so sehr ist ihre Ausdehnung auf andere Bereiche wie Justiz oder Universitäten eine gefährliche Fehlentwicklung. Gerade auch Freunde des europäischen Gedankens sollten rechtzeitig die Gefahr sehen, dass die Union daran eines Tages zerbrechen könnte.

Typisch für diesen europäischen Neokolonialismus sind etwa die Ausreißer von Viviane Reding, die aber keine Einzelfälle sind, sondern signifikant für das Denken vieler in Brüssel und Strassburg. Denn ihre Attacke gegen Frankreich, in dem sie die Roma-Ausweisung als „Schande“ bezeichnet und mit den Nazis verglichen hat, ist keineswegs der einzige der herrischen Dame aus Luxemburg. So hat sie vor wenigen Tagen auch mit einer zweiten Aussage geglänzt: „Wir wollen keine Völker, die sich der gleichgeschlechtlichen Ehe widersetzen. Falls dies nicht verstanden wird, müssen wir eben eine härtere Gangart einlegen.“ Und im gleichen Atemzug kündigt sie an, auch alle sonstigen Partnerschaften der Ehe gleichzustellen.

Diese Drohungen gegen die Völker Europas haben bisher erstaunlicherweise nur auf etlichen (deutschen) Internet-Seiten einen Sturm ausgelöst. Die klassischen Medien haben das hingegen bisher ignoriert. Offenbar halten sie das erstens für inhaltlich richtig und zweitens für einen passablen Ton einer Kommissarin gegenüber den Mitgliedsländern.

Besonders erstaunlich ist aber, dass die Frau Reding eine Christdemokratin ist. Was freilich nur zeigt, dass sich die Christdemokraten in etlichen Ländern im gleichen Tempo nach links begeben haben, wie ihnen die Wähler zu rechtsliberalen und rechtspopulistischen Parteien davonlaufen. Gerade in Luxemburgs Benelux-Landschaft gibt es genug einschlägige Beispiele. (Freilich auch in Wien: hat doch mittlerweile die unglückliche ÖVP-Spitzenkandidatin Marek soeben bei einer Diskussion mehr Steuergeld für den im Tagebuch vor kurzem kritisierten „Queere Kleinprojektetopf“ zugunsten schwuler Initiativen verlangt!).

Aber kehren wir zurück zur EU-Roma-Problematik. Will uns die EU-Kommission wirklich einreden, dass wir in eine Union gelockt wurden, die jedem Europäer das Recht gibt, in jedem Staat Europas irgendwo auf jedem beliebigen Grund sein Quartier aufzuschlagen und von irgendwelchen jedenfalls nicht versteuerten Einkünften zu leben? Glaubt man wirklich, damit den Europagedanken zu fördern?

Die dabei offenkundig gewordene Heuchelei der Political Correctness ist manchmal unfassbar. Denn bei aller Aversion gegen vieles am politischen Stil des französischen Präsidenten hat er  mit der polemischen Aufforderung an Luxemburg (dessen Regierung ja sofort die „Schande“-Kommissarin unterstützt hat) durchaus recht, doch selbst die Roma-Campers in das Großherzogtum zu holen. Immerhin wird dort das höchste Durchschnittseinkommen der EU verdient. Und dennoch gibt es dort kein einziges Roma-Lager – weil sie von der Luxemburger Polizei viel rascher vertrieben werden als von den bisweilen laxen Behörden Frankreichs oder Italiens.

Interessant ist, dass der erste, der sich öffentlich an die Seite der Franzosen gestellt hat, Italiens Silvio Berlusconi gewesen ist (die einst engsten Alliierten Frankreichs, die Deutschen, taten das zwar auch, aber viel zurückhaltender). Der Mann weiß, wie man sich oft hemmungslos Freunde macht, um dann auch nationale Anliegen durchsetzen zu können. Siehe etwa auch das dicke Lob von Tony Blair für Berlusconi in seinem neuen Buch („Der redet nicht nur, der handelt auch und hält seine Versprechungen“). Siehe Berlusconis Erfolg, Libyen zur Rücknahme der illegalen Einwanderer aus Schwarzafrika zu bewegen (wenn auch um viel Geld für den erpresserischen Diktator, was aber noch immer weniger ist, als die Hunderttausenden „Asylwerber“ aus Afrika kosten).

Österreich hat sich – natürlich – an die Seite der Political Correctness gestellt, deren 27. Gebot ja lautet: Roma sind immer unschuldige Opfer. Was hätte sich nur die Außenpolitik des Landes bei den Franzosen alles an Dankbarkeit zugunsten Österreichischer Interessen einkaufen können, wenn Außenminister oder gar Bundeskanzler oder der gerade mit Belanglosigkeiten durch Brüssel gereiste Bundespräsident  den bedrängten Franzosen zu Hilfe gekommen wären!

Wobei wir die Frage gar nicht stellen wollen, was Österreich täte, wenn sich in seinen Orten Tausende Menschen aus anderen EU-Ländern einfach irgendwo illegal niederlassen. Und wenn dann halt die Alpenrepublik von den heuchlerischen Kritikern an den Pranger gestellt wird.

Und dann wird sich Österreich nicht einmal wie die Franzosen aufplustern können und sagen: So darf man mit einem großen Staat nicht umgehen. Mit einem kleinen bitte auch nicht, wenn Europa keine Diktatur sein will. Und wenn kleine Staaten wie Österreich eine geschickte Außenpolitik hätten.

Freilich: Hinter all dem steht die gern verdrängte Tatsache, dass durch die erfolgten und die vermutlich bevorstehenden EU-Erweiterungen Millionen Roma plötzlich EU-Bürger geworden sind. Das sind Menschen, die insbesondere in Rumänien, der Slowakei und Serbien unter oft drittweltartigen Bedingungen leben. Deren Integration in die Gesellschaft nie geglückt ist, weder unter den Kommunisten noch unter der Demokratie, weder unter linken noch unter konservativen Regierungen.

Was viele Ursachen hat, die sowohl bei den Roma wie auch bei der übrigen Bevölkerung liegen.

Daher sollte man dreierlei sicher nicht tun: Erstens, Rumänien und Co mit dem Problem ihrer Roma wieder wie in den letzten Jahren allein zu lassen; zweitens nach Political-Correctness-Art ständig mit blöden „Rassismus“- oder „Verhetzungs“-Sprüchen so zu provozieren, dass das noch mehr Spannungen schafft und gleichzeitig jeden Druck von den Roma nimmt, sich nicht immer nur ständig als Opfer zu porträtieren, sondern auch selbst tatkräftig an einer Änderung ihrer Lebensumstände mitzuwirken; drittens sollte man überall nach den vielen kleinen Beispielen suchen, wie die Roma-Integration noch am relativ erfolgreichsten erfolgen kann. Auch hier kann zweifellos nur eines gelten: nicht nur fördern, sondern auch fordern.

Blöde Sprüche schaden aber jedenfalls immer und allen: sowohl die „Schande“- und „Rassismus“-Sprüche linker Heuchler wie auch das „Zurück nach Indien“ rechter Scharfmacher.

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