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SN-Kontroverse: Die Faymann-Bilanz

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Ist Werner Faymann ein guter Bundeskanzler?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden. 

Billiges österreichisches Gesudere

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Österreich ist ein überschaubares Land mit der unausrottbaren Sehnsucht nach der einstigen k&k monarchischen Bedeutung. Man kann dazu auch  Größenwahn sagen und dieser tobt sich heutzutage im politischen Kontext gerne an den jeweiligen Führungsfiguren des Landes aus. Die Maßstäbe für deren Beurteilung sind zwar nicht mehr die k&k Verflossenen, aber ebenso grotesk, weil der Rückgriff auf die „Überväter" der Zweiten Republik häufig auch nicht am Platz ist. So wird jeder SPÖ-Vorsitzende seit Jahrzehnten am „Übervater" Bruno Kreisky gemessen. Leopold Figl und  Julius Raab sind die Projektionsfolien zur Beurteilung von ÖVP-Obleuten. Ausgeblendet wird  gerne, dass die jeweils Handelnden früher auch enorme Schwierigkeiten hatten, ihre Ziele umzusetzen und höchst umstritten waren. Vor allem in Koalitionskonstellationen. 

Dazu kommt, dass die heimische Journaille gerne auf den „großen" Bruder Deutschland schielt und dessen politisches System bei der Beurteilung österreichischer PolitikerInnen anwendet. Speziell bei Regierungschefs. Bei deren Bewertung wird gerne ausgeblendet, dass der österreichische Bundeskanzler KEINE Richtlinienkompetenz hat - anders wie deutsche Regierungschefinnen - und daher keinem einzigen seiner Ministerinnen und Minister etwas anschaffen kann. Österreichs Kanzler sind primus inter pares. Im Ministerrat gilt das Einstimmigkeitsprinzip. 

Wer Werner Faymann als Bundeskanzler beurteilen oder gar jetzt schon  abschreiben will,  schreibt gleichzeitig alle anderen Mitglieder der SPÖ-ÖVP-Koalition nieder. Ohne im einzelnen seine bzw. ihre Leistungen zu beurteilen. Dies noch dazu Mitten in der Legislaturperiode!

Das ist flacher Populismusjournalismus, gestützt auf hastige Meinungsumfragen oder billiges österreichisches Gesudere.  


Von Anfang an verspielt

Andreas Unterberger

Werner Faymann hat schon zu Amtsantritt die Chance verspielt, ein respektabler Bundeskanzler zu werden, als er sich der Kronenzeitung angedienert und EU-Volksabstimmungen versprochen hat. Selbst wenn solche EU-Referenden klug wären, muss seriöse Politik einen so gravierenden Kurswechsel zuerst in Parlament, Regierung und Öffentlichkeit diskutieren. Und nicht per Brief an Hans Dichand mitteilen. 

Genauso peinlich blieb Faymanns restliche Vorstellung. International ist er außer bei der SPD mangels Sprachkenntnissen, mangels Ahnung von Außenpolitik irrelevant.

Ansonsten hat er nur parteiintern gepunktet. Die SPÖ hat er im Griff – weil niemand mehr gegen den Parteichef intrigiert, wie es Faymann selbst gegen Alfred Gusenbauer getan hat. Parteiintern dürfte ihm auch nützen, dass er die konsequentesten Säuberungen im Kanzleramt seit 1945 durchgezogen hat. Siehe etwa die brutale Umfärbung des eigentlich zu juristischer Unabhängigkeit verpflichteten Verfassungsdienstes.

Gut für die Partei, schlecht für Österreich sind auch die Zig-Millionen Euro, die seit Faymann alljährlich zusätzlich an Inseraten auf Steuerzahlerkosten vor allem an Boulevardzeitungen gehen. Dort fällt seither kein kritisches Wort mehr über Faymann; umgekehrt konnten dadurch erfolglose Billigblätter die Krise überleben. Diese an Korruption grenzenden Subventionsinserate übertreffen die gesetzliche und nach objektiven Regeln vergebene Presseförderung um ein Vielfaches.

Am ärgsten ist Faymanns völlige Reformunwilligkeit. Österreich hat als einziges EU-Land trotz Krise keinen einzigen konkreten Sparbeschluss gefällt. Bis nach den Wiener Wahlen im Oktober verweigert Faymann als Wahlhilfe für Michael Häupl auch nur jede ernsthafte Diskussion darüber. Nachher werden dann naturgemäß nur noch Husch-Pfusch-Reformen möglich sein. Wenn überhaupt …

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