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Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Ungezähmte Marktwirtschaft und Prophetie haben sehr viel mehr Gemeinsamkeiten, als auf den ersten Blick erkennbar ist. Sie sind unberechenbar und in beiden Kategorien zählt Psychologie häufig mehr als gesunder Hausverstand. So preist Apple derzeit seine jüngste Entwicklung, das iPad, als das „beste Gerät für Internet, Mails und Fotos" mit „fantastischen neuen Apps", mit einem „revolutionären 9,7 inch Touchscreen". Das iPad kann laut Eigenwerbung vieles, „was kein Tablet-PC, Net-Book oder E-Reader" kann. Geschenkt, kann man da nur in Richtung Steve Jobs sagen, der bei der Präsentation der Neuentwicklung naturgemäß noch nichts von den weltweiten Hoppalas bei der Einführung des iPad wissen konnte. Dafür reichte die prophetische Gabe im Hause Apple dann doch nicht.
Keine hellseherischen Fähigkeiten sind nötig, um zu wissen, dass das iPad gedruckte Bücher oder gar Zeitungen nicht ersetzen wird. Trotz Touchscreen und vielen anderen schönen Spielereien. Klar wird es Apple gelingen, sich mittels iPad einen gewissen Anteil vom E-Book-Markt zu holen. Gedruckte Bücher und Zeitungen aber wird es weiter geben, weil sie einfacher, handlicher, haptischer, angenehmer sowie unabhängiger zu benützen sind - also kurzum einen höheren Hedonismusfaktor haben.
Insgesamt erinnert das Getue um das iPad an Francis Fukuyamas zu Beginn der 1990-er Jahre viel diskutierte These vom „Ende der Geschichte", wonach sich nach dem Zusammenbruch der UdSSR bald das Prinzip des Liberalismus in Form von Demokratie und Marktwirtschaft endgültig und überall durchsetzen würden. Nach dem 11. September 2001, der Internetblase, der Immobilienblase sowie der Finanzindustriekrise vulgo Killerkapitalismus im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist klar, dass das „Ende der Geschichte" vermutlich nie erreicht wird.
Andreas Unterberger
Schon in den 90er Jahren konnte man in den USA bei Medienkongressen von berühmten Gurus hören, dass es in fünf bis zehn Jahren keine Zeitung mehr geben werde. Diese Prophezeiung wurde inzwischen Dutzende Male wiederholt – immer wenn irgendwo eine neue Technologie von aggressiven Marketing-Kampagnen gepusht wurde.
Dennoch wage ich die gegenteilige Prophezeiung: Die Papierzeitung wird überleben. Sie wird das so wie das noch viel öfter totgesagte Radio tun. Aber nur wenn sie all ihre Funktionen völlig neu überdenkt. Das heißt keineswegs, dass die Zeitung prinzipiell altmodisch oder überflüssig wäre. Im Gegenteil: Papier ist echter, wirklicher, bequemer, übersichtlicher, eleganter als ein flimmernder Bildschirm.
Entscheidend wird auch sein, ob die Zeitung den Leser als einzigen relevanten Partner ansieht, oder ob für sie die Inserenten wichtiger sind. Wenn sich die Hersteller von gedrucktem Papier nach der Werbung orientieren, denn gleiten sie auf das Niveau von Billa-Prospekten, Gratis-Zeitungen oder Partei-Flugblättern ab. Was seit 2007 besonders gefährlich ist, seit Regierung, ÖBB und viele andere staatliche Organisationen gewaltige Summen Steuergeld in die Hand nehmen, um manche Zeitungen via Inseraten zu bestechen.
Wer sich an Inserenten orientiert, verliert das Vertrauen der Leser. Die Leser aber werden sich umgekehrt entscheiden müssen: Wollen sie unabhängige Informationen, die von gebildeten Journalisten nach bestem Wissen und Gewissen (aber natürlich mit menschlicher Fehlerhaftigkeit) zusammengestellt, kommentiert und analysiert werden, dann werden sie künftig deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen.
Das wird die Auflage der echten Zeitungen senken. Aber sie werden lebensfähig sein und von ihren Lesern geliebt. Und für jene, die auf Zeitungen verzichten, gilt der alte englische Spruch: „If you pay peanuts, you get monkeys.“