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Einig lasst in Brüderchören …

„Einig lasst in Brüderchören Vaterland dir Treue schwören.“ Die von einem Partner des Tagebuchs ergangene Aufforderung, über diese Zeile der Bundeshymne nachzudenken, ist so ungewöhnlich wie schwierig. Klingt doch fast jedes Wort hoffnungslos altmodisch.

Das beginnt mit der gleich doppelten Verletzung des Diktats der Political Correctness, die ja unsere Sprache im Zuge eines staatlich verordneten Gender Mainstreaming auf den Kopf zu stellen versucht. „Brüder“, „Vater“: Damit, so behaupten die linksfeministischen Sprach- und Gesellschaftsmanipulatoren, würde ja das halbe Land ignoriert. Was natürlich lächerlich ist – nicht nur deshalb, weil die Autorin der Bundeshymne eine Frau gewesen ist. Die das sicher nicht im Sinne hatte. Sondern auch weil bis vor wenigen Jahren für alle ganz klar gewesen ist, dass das grammatikalische Geschlecht nichts mit dem biologischen zu tun hat. So wie noch immer für den Duden. Was aber die Intelligenz der Sozialtechnokraten an unseren Universitäten und Schulen übersteigt.

Dieser Anschlag auf die Sprache ändert nämlich nichts daran, dass auch weiterhin „das“ Mädchen keine Sache ist, sondern weiblich, „der“ Mensch weiblich wie männlich, „das Opfer“ eines Mordes entweder männlich oder weiblich, aber sicher nicht sächlich. Und so weiter. Daher gibt es eben ein Vaterland (selbst wenn es nur das der Mutter ist) und eine Muttersprache (selbst wenn es nur die des Vaters ist).

Nächstes Problem mit der Hymnenzeile: der Treueschwur. Es gibt durchaus Situationen, in denen man keineswegs dem Vaterland treu sein muss. Etwa eben dann, wenn sprachbehinderte Funktionäre des Vaterlandes, wie soeben beschrieben, die Muttersprache zu vergewaltigen suchen. Allgemeiner formuliert: Wenn das Vaterland sich in die Rede- und Meinungsfreiheit oder andere über dem Vaterland stehende Menschenrechte einzumischen versucht.

Spätestens seit den großen Totalitarismen wissen wir, dass Treueschwüre ohne Wenn und Aber nicht mit dem Gewissen vereinbar sind. Ob nun dieses Gewissen von christlichen Grundlagen genährt wird oder vom Naturrecht oder einem atheistischen Humanismus. Die mystische Idealisierung des Staates, dem man unbedingte Treue zu halten hat, durch die Hegelsche Philosophie führt direkt zu Marx, Stalin und Hitler.

Christen wissen hingegen, dass wir Menschenwerk – also auch den Staat – nie kritiklos verabsolutieren dürfen. Auch wenn uns der Staat mit Gewalt zu etwas zwingen kann, hat das nichts mit der inneren Bindung durch die altgermanische Institution des Eides zu tun. Der aufgeklärte Staatsbürger – und der Christ sogar doppelt – entgeht nie der moralischen Pflicht, die Legitimität eines Staates zu hinterfragen.

Das heißt aber nicht, dass sich jeder selbst seine Privatgesetze machen kann. Menschliche Gemeinschaft braucht immer ein gemeinsames und von allen akzeptiertes Regelwerk. Sonst endet sie in Anomie. Das, was jedenfalls Aufgabe des Staates ist, reicht von der Festlegung der Straßenseite, auf der man tunlichst sein Fahrzeug bewegen sollte, bis hin zum Recht des Staates, für die Erledigung der nur durch ihn erledigbaren Aufgaben Steuern einzuheben.

Und das reicht auch bis zur Pflicht des Einzelnen, zur Sicherung der Gemeinschaft sein Leben und seine Gesundheit zu riskieren. Als Soldat, als Polizist, als Feuerwehrmann. Der Schutz gegen Angriffe von außen, gegen die Ausbreitung von gefährlichem Chaos in benachbarten Regionen, gegen Verbrecher und Naturkatastrophen im Inneren gehört sogar zur fundamentalsten Aufgabe eines Staates, auch wenn gerade davon heute nur noch sehr ungern geredet wird.

Eine kernweich gewordene Gesellschaft glaubt nämlich, alles Böse ließe sich durch gutes Zureden oder durch immer mehr schuldenfinanzierte Sozialprogramme wieder beseitigen. Ob nun die Sicherheit nach außen nur durch ein österreichisches Heer oder auch durch gemeinschaftliches Agieren aller Europäer gewährleistet werden soll, ist da schon wieder sekundär. Das gemeinschaftliche Agieren ist zweifellos wirkungsvoller – wird aber nur funktionieren, wenn Lasten und Risiken gleichmäßig verteilt sind. Dem aber widerspricht die von Österreich einst formal "aus freien Stücken", aber de facto etwas unfreiwillig ausgerufene Neutralität.

Woraus kann aber nun überhaupt die Legitimität eines Staates abgeleitet werden, wenn angeordnete Treueschwüre nicht mehr funktionieren? Die wichtigste Basis dafür ist die ständige freie Zustimmung der Bürger zu diesem Staat – woraus wieder zwingend das Selbstbestimmungsrecht und auch Sezessionsrecht folgt. Oder glaubt jemand, ein Südtiroler wird beim italienischen Heer im Ernstfall mit der gleichen inneren Begeisterung kämpfen wie – möglicherweise – ein Piemontese?

Zur Legitimität gehört spätestens seit 1848 aber auch der Respekt des Staates gegenüber den fundamentalen individuellen Grundrechten. Und dazu gehört ebenso, dass der Staat schlicht und einfach funktioniert. Was zwar trivial klingt, aber alles andere als selbstverständlich ist. Leben wir doch in einer Welt, in der es immer mehr „Failed states“ gibt. Staaten, in denen die innere Ordnung zusammenbricht, in denen die Staatsfinanzen kollabiert sind, in deren Straßen das Faustrecht herrscht.

Österreich ist vom Status eines Failed state gewiss weit entfernt. Aber ebenso gewiss ist, dass das Land in den letzten Jahrzehnten an innerer Kohäsion verloren hat. Dessen sollte man sich sehr genau bewusst sein - aus Liebe zu seiner Heimat, nicht wegen formaler Treueschwüre.

Österreich ist heute ein Staat mit einer rasch wachsenden Staatsverschuldung, mit wachsender Korruption, mit rapid abnehmender intellektueller Qualität des regierenden Personals, mit einem wegen weitgehender Abschaffung des Leistungsprinzips ins Mittelmaß abrutschenden Bildungssystem, mit einer von niemandem mehr ernst genommenen Landesverteidigung, mit einer katastrophalen Überproduktion an überflüssigen Gesetzen,  mit einer unfinanzierbar gewordenen Verwaltung auf zahllosen Ebenen und mit Exzessen an Sozialmissbrauch.

Aus Liebe zu seiner Heimat statt wegen formaler Treueschwüre: Damit sind wir beim wichtigsten Punkt angekommen. Dieser diffuse aber ungemein starke Begriff Liebe ist in einer skeptisch und bindungsscheu gewordenen Welt viel wichtiger als Brüderchöre  und Treueschwüre.

Diese Liebe lässt sich aber nicht anordnen. Sie entsteht in jeder Generation neu. Jene Umgebung, jene Menschen, jene Kultur, jene Sprache, die uns vor allem in unseren ersten Lebensjahren umgeben, haben eine gewaltige emotionale Bindungswirkung. Man denke nur an die Sehnsucht nach der österreichischen Heimat, die auch noch im hohen Alter bei den 1938 vertriebenen Landsleuten zu finden ist – trotz all der Gemeinheiten, die viele von ihnen rund um ihre Vertreibung erleben mussten.

Nun erleben wir aber seit ein, zwei Jahrzehnten ein ganz neues Phänomen: Mitten in Österreich wachsen Hunderttausende Menschen auf, denen dieses Land nicht primär eine geliebte Heimat ist. Sie leben primär in einer anderen Sprache und in einer anderen Kultur, die noch dazu meist von einer totalitären Religion geprägt ist. Von Prinz Eugen bis zu den Türkenbelagerungen, vom Schweinsbraten bis zur Volksmusik ist ihnen die österreichische Kultur fremd, ja zum Teil verhasst.

Diese wachsende Spaltung der Gesellschaft ist explosiv und gefährlich – woran auch kein formaler Treueeid (etwa beim Bundesheer) etwas ändern kann. Wenn sich dieses vielgeliebte Österreich noch selbst ernst nimmt, müsste das zu zwei Konsequenzen führen: erstens zu einem radikalen Bremsen der anhaltenden Zuwanderung. Diese erfolgt heute kaum mehr in den Arbeitsmarkt oder über Asylgewährung, sondern primär über die sogenannte Familienzusammenführung ins Schlaraffenland des Wohlfahrtsstaates.

Genauso wichtig ist ein deutlich verstärkter Druck auf die schon im Lande befindlichen Zuwanderer, sich hier wirklich zu integrieren. Das bedeutet finanzielle Konsequenzen, wenn hier geborene Kinder mit fünf Jahren noch kaum ein Wort Deutsch können. Das bedeutet umgekehrt das Angebot von Karrierechancen für besonders Bildungswillige (Stipendien, Freiplätze in Eliteschulen usw.). Das bedeutet scharfe Kontrollen von Predigern und (staatlich bezahlten) Religionslehrern, ob sie gegen unseren freiheitlichen Rechtsstaat Stimmung machen. Das bedeutet scharfe Konsequenzen, wenn jemand junge Menschen zum Besuch von Terrorcamps verleitet. Das bedeutet aber auch Respekt, Hilfe und offene Zuwendung für alle, die bereit sind, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren.

Was durchaus damit vereinbar ist, dass man auch weiter seinen islamischen Glauben lebt. Aber eben als Glauben und nicht als totalitäre Staats- und Rechtsdoktrin. Dennoch steht offiziell auf dem staatlichen österreichischen Lehrplan für den Islamunterricht: Islamisches Zivil- und strafrecht, also die Sharia.

Wird all das gelingen? Die Zweifel sind groß. Haben doch allzu viele Österreicher schon die eigene Zukunft aufgegeben, zumindest deren wichtigstes Element, nämlich die Aufzucht von Kindern. Aus Bequemlichkeit, weil in den 60 reichsten und sichersten Jahren unserer Geschichte die kollektive Erinnerung an die Lehre aus den schlechten Zeiten verloren gegangen ist. Und weil die Menschen auf die Lüge des Wohlfahrtsstaates hineingefallen sind, dass das Vaterland alles für sie tun könne und werde, und dass sie selbst nichts mehr für das Vaterland zu tun brauchen.

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