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Die Knechtschaft der Politischen Korrektheit und der Rechtsstaat

Die Generalattacke der Politischen Korrektheit auf Rechtsstaat und menschliche Grundfreiheiten steht im Mittelpunkt eines Beitrags für einen Band "Das Ringen um die Freiheit", der im Herbst erscheinen wird. Das Werk, an dem ich mitwirken durfte,  ist ganz einem der wichtigsten Bücher des letzten Jahrhunderts gewidmet, der vor genau 50 Jahren erschienenen "Verfassung der Freiheit" des österreichischen Nobelpreisträgers Friedrich A. von Hayek.

(Vorsicht, dieser Text ist etwas länger und grundsätzlicher. Ein Teil der hier abgedruckten Gedanken ist auch in der letzten Nummer der "Academia" abgedruckt worden).

Es war eine der vielen Erkenntnisse Hayeks, die sich erst in den Jahrzehnten nachher wirklich überall bestätigen sollte. Dieser Erkenntnis fügt die Geschichte heute ein neues Kapitel hinzu – eine Ergänzung, die Hayeks Analyse aber im Grund nur zusätzlich bestätigt.

Der spätere Nobelpreisträger hatte vor 50 Jahren in der „Verfassung der Freiheit“ herausgearbeitet, dass die marxistische Forderung nach Verstaatlichung der Produktionsmittel, die ein Jahrhundert lang die sogenannten Intellektuellen fasziniert, die aber nirgendwo funktioniert hatte, einer neuen Bedrohung der individuellen Freiheit Platz macht: dem Konzept des Wohlfahrtsstaates.

In Hayeks – und meiner – österreichischen Heimat hat man freilich erst in den 80er Jahren mit der Privatisierung verstaatlichter Betriebe begonnen. Und in unserer gemeinsamen Geburtsstadt Wien hält eine sozialistische Stadtregierung sogar heute noch an ihrem hundertprozentigen Eigentum an allen kommunalen Betrieben fest. Was freilich weder Österreich noch Wien gehindert haben, schon sehr früh auch die nächste von Hayek diagnostizierte Bedrohung der Freiheit zu realisieren, den Wohlfahrtsstaat.

Die Sozialisten in fast allen Parteien, wie er sie nannte, hielten das in fast allen Ländern für den richtigen Weg. Sie ließen sich dabei nicht durch die Explosion der Staatsschulden irritieren, die zur Finanzierung der ununterbrochen steigenden Wohlfahrtsansprüche notwendig wurde (in Österreich etwa stieg die Staatsschuld binnen 40 Jahren von 12 auf rund 70 Prozent des BIP – was europaweit sogar noch als relativ stabil gilt!). Sie ließen sich auch nicht durch die parallele demographische Lücke irritieren, die zusammen mit dem Steigen der Lebenserwartung unweigerlich zu einem Kollaps der meisten Altersversorgungssysteme führen wird.

Erst die große Finanzkrise nach 2008 begann ein Umdenken auszulösen. Dieses Umdenken wurde aber erst 2010 ernsthaft, als immer mehr Staaten Probleme mit der Finanzierung der Staatsschulden bekamen, weil ihnen die Investoren zu misstrauen begannen.

Diese Krise des Wohlfahrtsstaates führt nun zwangsweise zu weiteren Einschränkungen der Freiheit. Alle Versuche, die ohnedies schon an Enteignung grenzenden Steuern und Abgaben zu reduzieren, sind chancenlos geworden. Stattdessen setzte in Europa und in den USA eine Enteignungswelle gegenüber privatem Vermögen ein, wurden Banken verstaatlicht (statt sie in Konkurs gehen zu lassen), wurden mit einer Welle neuer Regulierungen viele Investoren nach Ostasien vertrieben.

Das alles aus einem einzigen Grund: Die Staaten müssen die Rechnungen für die längst konsumierte Wohlfahrt früherer Jahre bezahlen. Gleichzeitig müssen sie die einst so gerühmten Wohlfahrtsleistungen dramatisch zusammenkürzen, vielerorts sogar die Pensionen kürzen (entweder direkt oder durch einen jahrelangen Verzicht auf Inflationsanpassungen).

Keine Frage: Heute würde Hayek genauso ein Ende der sozialdemokratischen Wohlfahrtsillusion konstatieren, wie er vor einem halben Jahrhundert das Ende des sozialistischen Verstaatlichungsaxioms gesehen hatte.

Er würde aber nicht nur die Schrammen und Wunden zählen, die beide Verirrungen an der allgemeinen Freiheit und dem allgemeinen Wohlstand (also dem Gegenteil der Wohlfahrt) verursacht haben. Er würde mit Sicherheit auch eine neue, wieder ganz anders geartete, aber ebenso gefährliche Bedrohung  der Freiheit und des Rechtsstaates konstatieren: nämlich die sich ausbreitende Diktatur der Politischen Korrektheit.

Diese Politische Korrektheit benützt so wie die schon von Hayek angeführten Einschränkungen der Freiheit die Instrumente des Rechtsstaats, der ja vom Rechtspositivismus zu einem beliebig einsetzbaren Instrument degeneriert worden ist. Diese Diktatur zerstört dabei die eigentlichen Grundlagen des Rechtsstaats (auf Englisch viel prägnanter: Rule of Law), die Naturrechtler ganz ähnlich wie Hayek mit seinem Verlangen nach einer Herrschaft des Rechtes über den Gesetzgeber definiert haben.

Die Politische Korrektheit nimmt nicht mehr wie die von Hayek beobachteten Bedrohungen den Umweg über Veränderungen der Produktions- oder Verteilungsbedingungen, um die Freiheit einzuschränken. Die Political Correctness, auf Amerikanisch kurz P.C., richtet sich vielmehr direkt gegen die Freiheit jedes einzelnen, gegen Meinungsfreiheit genauso wie gegen Vertrags- und Eigentumsfreiheit.

Sie engt zunehmend enger ein, was man sagen, was man denken darf. Und trifft auch immer öfter die Politik selber. Ein deutscher Bundespräsident ist zurückgetreten, weil er öffentlich über den Zusammenhang von militärischen Einsätzen und wirtschaftlichen Bedrohungen wie etwa die weltweit zunehmende Piraterie nachgedacht hat (und weil er dann den Ansturm der politisch korrekten Kritiker nicht ausgehalten hat). Ein deutscher Bundestagspräsident musste zurücktreten, weil er bei einer Gedenkrede einige Anführungszeichen bei Zitaten nicht ausdrücklich ausgesprochen hat. Ein französischer Innenminister ist von einem Strafrichter zu einer Geldstrafe verurteilt worden, nur weil er über Algerier folgenden Satz gesagt hat: „Solange es einer ist, geht es. Probleme gibt es, wenn es viele sind.“

Die Politische Korrektheit frisst ihre Väter.

Hayek würde sie zweifellos als neue „Knechtschaft“ bezeichnen. Auch wenn sie raffinierter Weise vorgibt, selbst Ungerechtigkeiten zu beseitigen. So wie es ja auch die alten Knechtschaftsmethoden Sozialismus/Kommunismus im Kampf gegen das angebliche Unrecht des Privateigentums getan haben. So wie es der Sozialdemokratismus im Kampf gegen die angeblich ständig wachsende Armut tut (obwohl gerade in den am wenigsten wohlfahrtsstaatlichen Staaten vor allem Asiens die Armut am raschesten schwindet).

Anders als der Marxismus gewinnt die P.C. auch die Unterstützung vieler christlicher Kirchen – obwohl diese eigentlich in der Tradition der größten Freiheitsbewegung der Geschichte stehen. Christus hat der Welt das Konzept der Freiheit, der individuellen Verantwortung und Würde, der persönlichen (und niemals staatlichen!) Barmherzigkeit und Nächstenliebe gebracht. Was viele Kirchen heute erstaunlicherweise vergessen.

Begonnen hatte die P.C. im Bereich von Usancen, von rechtlich unverbindlichen Vorstellungen über das, was sich gehört und was nicht. Sie konzentrierte sich anfangs auf die Sprache. Sie glaubte durch die Änderung irgendwelcher Bezeichnungen Probleme zu lösen.

So hatte man plötzlich „Roma“ statt „Zigeuner“ zu sagen, obwohl die Roma bloß eine von vielen Untergruppen der Zigeuner sind und viele Zigeuner den Begriff „Roma“ ablehnen. Aus behinderten Menschen wurden solche mit besonderen Bedürfnissen. Statt „schwererziehbar“ waren Kinder „verhaltenskreativ“. Was sie natürlich nicht einfacher machte.

Die USA wiederum haben aus „Negern“ („Negro“ war im Gegensatz zu „Nigger“ lange ein völlig wertfrei Vokabel) die „Schwarzen“ gemacht; einige Jahre später wurden diese wieder umgetauft, diesmal zu „Afroamerikanern“. Und besonders Korrekte vermeiden nun auch schon diesen Begriff – weil schon wieder jemand behauptet hat, dass auch diese Bezeichnung diskriminiere. Manche Zeitungen schreiben daher nur noch, dass ein Täter aus einem bestimmten Gegend oder Straße kommt. Was zumindest jene informiert, die wissen, wie jener Stadtteil ethnisch geprägt ist. Und in der deutschen Sprache behaupten nun schon manche, dass Worte wie „schwarzfahren“ oder „Schwarzarbeit“ rassistisch wären. Und sie tun das immer in einem Tonfall, als ob man sich mit der Verwendung solcher Worte zum Mittäter des Holocaust machen würde.

Eine besonders unheilvolle Rolle bei der Einschränkung der Freiheit in Europa spielt der Europarat. Diese durch die EU völlig überflüssig gewordene Institution versucht sich nun als oberste Zensurbehörde und P.C.-Wächter eine Lebensberechtigung zu verschaffen. Im Europarat wird beispielsweise allen Ernstes die Verwendung des Begriffs "Mutter" bekämpft. Der Grund: Dieses Wort sei ein sexistisches Stereotyp und verhindere die Gender-Gleichheit. In der Schweiz hat prompt ein amtlicher „Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren“ – er ist 192 Seiten dick! – angeordnet, dass die Worte „Vater“ und „Mutter“ durch das Wort „das Elter“ zu ersetzen sei.

Womit wir bei einer besonders bösartigen Form der P.C. gelandet sind, der Gender-Ideologie. Diese behauptet, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern rein erziehungsbedingt und nicht genetisch verursacht seien. Der Größe des Unsinns entsprechend ist die Zahl der Kampagnen und Aktionen sehr groß, welche die Gesellschaft diesbezüglich umerziehen sollen. Was jedenfalls den vielen sonst arbeitslosen Politologinnen, Soziologinnen, Psychologinnen, Germanistinnen, Pädagoginnen einen Arbeitsplatz auf Kosten der Steuerzahler verschafft. Was in etlichen Universitäten ganze neue Studienrichtungen entstehen lässt. Was viele normale Studenten zwingt, auch Kurse über irgendwelche Gender-Themen zu belegen, um ihren Abschluss zu erreichen. So wie man einst im Osten Marxismus-Leninismus absolviert haben musste.

An einigen Universitäten mussten Rektorswahlen und Berufungs-Ausschreibungen wiederholt werden, nur weil sich keine Frau beworben hat.  Das ist nicht nur zeitraubend, sondern schadet auch der Qualität der Unis, die primär rasche Entscheidungen und qualifiziertes Personal bräuchten.

Eine Hauptkampffront der Gender-Offensive ist die „Quote“. Die Genderianerinnen verlangen garantierte Frauen-Quoten in Parlamenten, in akademischen Lehrkörpern, in Führungspositionen. Obwohl es gerade bei solchen Schlüsselfunktionen immer nur um die Suche nach dem Besten gehen sollte. Obwohl in vielen Bereichen – etwa bei allem, was mit Technik zu tun hat – die Zahl der qualifizierten Frauen noch immer sehr gering ist, die sich für solche Funktionen interessieren.

Statistiken zeigen aber auch ein beharrlich großes Desinteresse von Frauen an allem, was mit Politik zu tun hat. Daher finden Quoten-Parteien oft nicht genügend Kandidatinnen, um alle Quoten-Plätze zu füllen. Umgekehrt garantiert eine Quote praktisch jeder Frau eine Top-Karriere, die einen Spitzenposten wirklich haben will – unabhängig von ihrer Qualifikation.

Frauen stellen zwar in den meisten Ländern die Mehrheit der Universitäts-Absolventinnen. Aber sie konzentrieren sich dabei ganz auf die vom Arbeitsmarkt kaum nachgefragten geistes- und sozialwissenschaftlichen Ausbildungen. Akademikerinnen strömen überdies vor allem in jene Berufe, die sich aus bekannten Gründen gut mit einer Familie vereinbaren lassen: Lehrer  und Richter.

Die Zahl jener Frauen ist hingegen extrem gering, die den mit viel Stress, Zusatzausbildungen (wie MBA) und Überstunden verbundenen Aufstiegskampf Richtung Aufsichtsrats- und Vorstands-Funktionen auf sich nehmen. Dennoch wird von der P.C. eine Aufsichtsrats-Quote verlangt, was die wenigen dafür in Frage kommenden Frauen enorm bevorzugen würde. Das erinnert stark an die kommunistischen Regime, die für Leitungsfunktionen in Wirtschaft und Verwaltung eine Quote für Bauern- und Arbeiterkinder verordnet haben. Was der Qualität des Personals bekanntlich nicht sehr zuträglich war.

Besonders erfolgreich ist die Gender-P.C. mit der ständig wiederholten Behauptung, Frauen würden für gleiche und gleichviel Arbeit viel schlechter bezahlt: Hier werden die vielen Gegenargumente von den überwiegend politisch korrekten Medien einfach unterdrückt (Wie etwa: Im Zeitalter extrem knapper Kalkulationen wäre jeder Unternehmer zum Bankrott verurteilt, der freiwillig um zweistellige Prozentsätze mehr bezahlt, als er für gleichwertige Arbeit einer Frau zahlen müsste).

Bereits gesetzlich vorgeschrieben ist in einigen Ländern die Sprachzerstörung durch die Genderisierung. Seither sind neue Gesetze – die ohnedies nie ein Ausbund an Verständlichkeit waren – noch viel mühsamer zu lesen. Denn jede Bezeichnung muss nun mit beiden grammatikalischen Geschlechtern erfolgen. Früher war immer klar, dass mit „Die Schweizer“ und „Die Österreicher“ genauso wie mit „die Deutschen“ Männer wie Frauen gemeint waren. Heute meint das noch immer eine starke Mehrheit, eine Minderheit aber nicht mehr.

Es gibt zahllose Beweise, dass im Deutschen das grammatikalische Geschlecht oder die Endung -er nichts mit der Biologie zu tun hat. Siehe „das Mädchen“ oder „das Opfer“ oder „der Mensch“ oder „die Person“ oder „der Gast“ oder „die Geisel“ oder „das Talent“ oder „der Star“ oder „die Führungskraft“. Überall entspricht das sprachliche Geschlecht nicht oder nicht ausschließlich dem biologischen Geschlecht der gemeinten Menschen.

Absolut unleserlich sind sprachlich die Binnen-I-Kreationen wie „Landeshauptmann/frau-StellvertreterInnen“. Dass das alles dem Duden und anderen Regelwerken widerspricht, stört die politisch korrekten Sprachmanipulatoren dennoch nicht. Ebensowenig wie der massive Verlust der wichtigsten Funktion jeder Sprache, nämlich Verständlichkeit. Die wird natürlich auch dadurch nicht hergestellt, dass man alles ausschreibt: Dann müsste in Gesetzen stehen „Landeshauptmannstellvertreter, Landeshauptfraustellvertreterin, Landeshauptmannstellvertreterin, Landeshauptfraustellvertreter“ – gar nicht zu reden davon, dass das alles manchmal im Singular und Plural stehen müsste.

Es geht bei der Gender-Sprache um Wichtigmacherei, um Machtspiele, um Ideologie, um verklemmte Sozialtechnologie, um Einschränkung der Freiheit. So wurden in Österreich tatsächlich Arbeitgeber bestraft, wenn sie einen „Schlosser“ suchen und nicht auch ausdrücklich eine „Schlosserin“. Oder eine „Kosmetikerin“ und nicht einen „Kosmetiker“.

Ständig werden von der P.C.  überhaupt neue Ausdrücke erfunden und ihre Verwendung angeordnet: Statt Studenten darf man an vielen Universitäten nur noch „Studierende“ sagen. Statt Marathonläufer gibt es bei korrekten Reportern nur noch „Marathonlaufende“. Im österreichischen Parlament wurde tatsächlich sogar schon einmal von „Abgeordnete und innen“ geredet. Und das nicht in ironischer Absicht.

Es geht aber längst nicht mehr nur um das Frauen-Thema und die Hilfslosigkeit vieler Männer vor allem in Politik und Wissenschaft, damit sachlich umzugehen. Die P.C. greift auch schon direkt die Meinungsfreiheit an. Und sie benützt dazu nun auch die härteste Waffe jede Obrigkeit, also das Strafrecht.

In Österreich soll künftig mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden, der jemand anderen wegen seiner Weltanschauung oder seines Geschlechts oder seines Alters oder seiner sexuellen Orientierung „verächtlich macht“. Damit kann jede pointierte Kritik an Kommunisten oder Islamisten oder auch Nationalsozialisten vor dem Strafrichter enden. Schon wird ernsthaft debattiert, ob Blondinenwitze künftig zu Strafanzeigen führen werden.

Der Autor hält nun zweifellos viele Witze für geschmacklos. Diese aber mit dem Strafrichter zu bekämpfen, ist eine signifikante Annäherung an totalitäre Systeme, die ja ebenfalls unerwünschte Formulierungen oder Witze mit Haftstrafen verpönt haben.

Unsere Gesellschaften verlieren rapide das Gefühl für den Wert der Meinungsfreiheit. Das hat mit dem Verbot der Auschwitz-Lüge begonnen – also damit, dass Dummköpfe und Ewiggestrige, die den großstrukturierten nationalsozialistischen Massenmord an Juden und anderen Gruppen leugnen, nicht mehr verbal und mit Beweisen, sondern kurzerhand mit Haftstrafen bekämpft wurden. Was dazu geführt hat, dass solche Behauptungen für pubertierende Jugendliche und Exzentriker durch den Reiz des Verbotenen interessanter wurden, als sie es sonst wären.

Längst geht die Einschränkung der Meinungsfreiheit aber über die an sich verständliche, wenn auch wohl überschießende Reaktion auf die NS-Verbrechen hinaus. So gibt es Europarats-Resolutionen, die „Homophobie“ zu pönalisieren, also jede kritische Haltung gegenüber Homosexualität. In Großbritannien ist sogar schon ein Bischof bestraft werden, weil er sich geweigert hat, einen Homosexuellen in der Jugendarbeit(!) zu beschäftigen.

Wenig Wunder, dass viele Aktivisten nun auch schon Islamophobie unter Strafe stellen wollen. Ihre „Korrektheit“ hindert sie übrigens nicht an inniger Liebe zu terroristischen Organisationen.

Ein besonders schlimmes Beispiel ist die unter dem Vorwand der P.C. in allen Schulen Wiens von der sozialistischen Schulverwaltung angeordnete Aktion „Kiss Ausgrenzung Goodbye“. Dabei wurde jeder Schüler aufgefordert, Lippenstift aufzulegen, um Plakate mit diesem Slogan zu küssen! Diese Plakate werden dann wenige Wochen vor der  Wiener Wahl in einer Ausstellung gezeigt. Diese stalinistisch anmutende Aktion hat einen klaren Zweck: Bei den Kindern (in Österreich kann man schon mit 16 wählen!) Stimmung gegen die rechtspopulistischen Herausforderer der regierenden Sozialisten zu machen, deren Politik gegenüber Zuwanderern regelmäßig als eine der „Ausgrenzung“ denunziert wird. Das erinnert an die in den chinesischen Schulen der Kulturrevolution angeordneten öffentlichen Beschimpfungen und Demütigungen für politische Gegner.

Ebenso krass ist ein Beispiel aus Hamburg: Da haben linke Politiker einen Skandal entfacht, weil in einem Buch für Schüler keines der dargestellten Kinder eine dunkle Hautfarbe hat und weil überdies von einem „Schulleiter“ die Rede ist und nicht von einer „SchulleiterIn“. In Marburg wiederum wurde von Studenten eine Vorlesungsring gesprengt, weil dort eine Professorin auftrat, die bei einer von Homosexuellenverbänden kritisierten Veranstaltung aufgetreten war (obwohl die Professorin bei dem Vorlesungsring nicht über Homosexualität sprechen wollte, sondern über Schiller und Nietzsche).

Die Vertragsfreiheit – so wie die Meinungsfreiheit ein Eckpunkt der einst hart erkämpften bürgerlichen Rechte – wird nicht nur bei Bischöfen und Universitäten zunehmend eingeschränkt. In etlichen Ländern ist es schon verboten, bei der Entscheidung über neue Wohnungsmieter oder Angestellte sexuelle Vorlieben, Geschlecht, ethnische Herkunft und ähnliche Faktoren zu berücksichtigen. Und auch wer neue Mitarbeiter rein leistungsorientiert aufnimmt, muss dann im Notfall selbst beweisen, dass er nicht doch einen der genannten Faktoren beachtet hat.

Besonders heftig ist die angeblich freie Wissenschaft von der Einschränkung der Meinungsfreiheit erschüttert worden. Das gilt nicht nur für die vor allem an den Universitäten verbreitete Genderisierung, für die dominant gewordene Bedeutung des Geschlechts bei Berufungen und für Boykottaktionen durch Schwulen-Organisationen. Das gilt auch immer mehr für die Chance, von wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht zu werden.

Durch massiven Druck soll verhindert werden, dass Wissenschaftler irgendwo publizieren können, welche die herrschende These von der durch den Menschen verursachten globalen Erwärmung bezweifeln oder widerlegen. Das beklagen seit Jahren Hunderte boykottierte Wissenschaftler. Das ist seit 2009 durch das Bekanntwerden zahlloser E-Mails von Erwärmungs-Fanatikern einer englischen Universität bewiesen: Ein internationales Intrigennetzes setzt die Redaktionen wichtiger wissenschaftlicher Zeitschriften unter Druck, um die Veröffentlichung unerwünschter Studien zu verhindern.

Das hängt mit großen wirtschaftlichen Interessen zusammen. Seit sich die Staaten mit dem Klimathema befassen, fließt viel Geld: Es gibt dicke Forschungsbudgets, die derzeit gezielt nur den Erwärmungs-Alarmisten zur Verfügung stehen. Es gibt zahllose Förderungen für die diversen Alternativenergie-Produzenten. Es gibt auch großes Interesse der Atomindustrie an der Global-Warming-These. Logischerweise wissen junge Wissenschaftler sehr genau, mit welchen Meinungen man derzeit Karriere macht und mit welchen nicht. Und haben daher meistens solche Meinungen.

All das behindert massiv die Freiheit von Wissenschaft und Forschung, die immer nur in Freiheit und Vielfalt Erfolge haben können.

Ähnlich können sich auch Kritiker anderer Dogmen meist nur noch im Internet artikulieren, weil die meisten Medien Scheu vor Themen haben, die von der P.C. auf den Index gesetzt worden sind. Das betrifft etwa Kritik an einem zwangsweise verordneten Gesamtschulsystemen; das betrifft Kritik an Zuwanderung und Minarettbau; das betrifft Kritik an der Stehsatz-These vieler Leitartikler, dass die Armen ständig ärmer würden; das betrifft Kritik an der Behauptung, eine ständige Steigerung der Akademikerzahl führe automatisch zu mehr allgemeinem Wohlstand; das betrifft Kritik an der ständig getrommelten Behauptung, das Vorhandensein einer Elite wäre schlecht für die Gesellschaft und die weniger Erfolgreichen; das betrifft Kritik an der Vorteilhaftigkeit einer steigenden Sozialquote; das betrifft Kritik an der Behauptung, der Manchester-Liberalismus habe eine Verarmung ausgelöst.

Dieses Unterdrücken kritischer Sichtweisen in öffentlichen Debatten führt zu der von Elisabeth Noelle-Neumann brillant skizzierten Schweigespirale: Menschen fürchten sich, ihre eigene Meinung zu artikulieren, wenn sie glauben, mit dieser alleine zu stehen – auch wenn die Mehrheit ihrer Mitbürger in Wahrheit genauso denkt, aber sich ebenfalls fürchtet, das auszusprechen.

Die Freiheit der Menschen ist in den letzten Jahrzehnten noch durch ein weiteres Phänomen stark eingeschränkt worden, das die negativen Auswirkungen der P.C. noch verstärkt: Das ist der unheilvolle Hang der Staaten auf dem europäischen Kontinent, alles überzuregulieren. Immer stärker versuchen Politiker, jeden Aspekt des Lebens durch Gesetze und Verordnungen zu regeln.

Die Staaten haben Zehntausende Seiten an Gesetzestexten beschlossen, die zu kennen sie von den Bürgern verlangen, die vor allem ihnen selbst ständig mehr Rechte gegenüber den Bürgern geben. Und deren selektive Anwendung auch subalternen Beamten und Polizisten die Möglichkeit gibt, persönliche Willkür auszuüben.

Staaten regeln den Gebrauch von Sicherheitsgurten, auch wenn deren Nichtverwendung nur dem Einzelnen selber schadet. Sie kontrollieren die Erziehung unehelicher Kinder, auch wenn es keinerlei Hinweise auf Probleme gibt. Sie verbieten Menschen, einen Baum auf dem eigenen Grundstück zu fällen. Sie regeln, wer ein Gewerbe ausüben darf.  Sie bestimmen im gesamten geförderten Kultur- und öffentlich-rechtlichen Medienbereich, was wir kulturell sehen und hören – ganz unabhängig von unserem Interesse, also der Nachfrage.

Fast genauso lang ist die Liste politisch korrekter Überregulierung, die noch auf der Agenda irgendeines Grüppchens steht: Jungsozialisten fordern, dass nur noch füllige Schaufensterpuppen verwendet werden dürfen. Tierschützer wollen verbieten, dass Pferde auf Asphaltstraßen Fuhrwerke ziehen.

Diese Regelungswut ist keineswegs nur bei linken Parteien zu finden. Auch der obrigkeitsgläubige Teil der Konservativen ist mit gleichem Eifer dabei. Er will im Grund alles Unerfreuliche verbieten.

Die Beispiele ließen sich lange fortsetzen, wie die elementarsten Freiheitsrechte, welche man schon dauerhaft für gesichert gehalten hat, durch Überregulierung und das P.C.-Diktat unterminiert werden. Der dadurch ausgelöste Schaden wird täglich größer – so wie bei den schon von Hayek beklagten Einschränkungen der Freiheit. Wirtschaftlich wie in Hinblick auf die menschliche Würde.

Großen Schaden hatte einst auch die eingangs angesprochene marxistische Verstaatlichung der Produktionsmittel ausgelöst: Diese löste Armut aus (obwohl genau das Gegenteil versprochen worden war) und führte überdies in vielen Fällen zur Schaffung totalitärer Terrorsysteme. Großen Schaden hat auch der Wohlfahrtsstaat angerichtet: weil er zwangsläufig leistungshemmend ist und weil langfristig die Schuldenfinanzierung der Wohlfahrt nicht funktionieren kann.

Der Wohlfahrtsstaat kann auch zum Untergang ganzer Staaten führen, wie es etwa das von den römischen Kaisern ausgebaute Wohlfahrtssystem des einstigen Weltreichs zeigt, das verkürzt unter „Brot und Spiele“ bekannt ist: Es führte zuerst zur Verarmung und letztlich zur moralischen Vermorschung sowie zum inneren Zusammenbruch eines der größten Weltreiche. Was in der Folge jahrhundertelange Turbulenzen rund ums Mittelmeer ausgelöst hat.

Ebenso groß wie bei diesen historischen Einschränkungen der Freiheit durch Verstaatlichung und Wohlfahrtsstaat droht der Schaden zu werden, den nun die Political Correctness anrichtet – auch wenn wieder viele  gutmeinende Menschen applaudieren.

Ein Ende der Meinungsfreiheit bedeutet zwangsläufig das Ende von Rechtsstaat und Demokratie. Ein Ende der Meinungsfreiheit führt aber  auch zu einer wissenschaftlichen Verengung und damit zu ökonomischer Verarmung. Wenn Staaten bestimmte Fragen für endgültig gelöst erklären, kann nicht mehr in völliger Freiheit, in kritischer Unabhängigkeit und in Pluralität nach der Wahrheit gesucht werden. Die ja dem Menschen nie gänzlich und endgültig bekannt ist.

So haben in den letzten Jahren die Staaten und die Vereinten Nationen die These von der menschengemachten Erwärmung als endgültig bewiesen erklärt. Sie handeln damit beim Thema Klima genauso, wie es Kirche und Staaten einst in blamabler Weise bei astronomischen und physikalischen Fragen (Ist die Erde eine Scheibe oder eine Kugel? Um wen drehen sich die Planeten?) getan haben. Ähnlich ist 1931 auch gegen Albert Einstein ein Buch veröffentlicht worden: „Hundert Autoren gegen Einstein“ – und doch behielt keiner der Hundert recht.

Wenn die Freiheit als Fundament von Wissenschaft und Rechtsstaat, von Demokratie und Wohlstand bedroht ist, ist die politisch korrekte Zertrümmerung der Sprachfreiheit fast noch das kleinere Problem. Nur findet diese viel öffentlicher statt und wird den Menschen viel stärker bewusst als die anderen Schäden durch die Politische Korrektheit.

Es geht bei der Sorge um jenes Fundament nicht mehr um ein „Wehret den Anfängen“, sondern in Wahrheit um ein Umdenken in letzter Minute. Da tröstet Hayek: Trotz all der Unsinnigkeiten, die auch er in seiner Zeit erleben musste, blieb er Optimist und ähnlich wie sein Landsmann Karl Popper überzeugt, dass die Menschen aus jedem Fehler lernen können. Können.

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