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Die Debatte ist ja nicht gerade neu. Trotzdem sollte man sie ernst nehmen: Sollen die Schulen bis hin zur Matura ganz zur Bundes- oder ganz zur Landessache werden? Die Debatte ist aber nicht nur alt, sondern auch gut und könnte in diesem Land vieles zum Besseren wenden.
Denn eines scheint nun Konsens geworden zu sein: So wie es bisher gelaufen ist, darf es nicht mehr weitergehen. Dabei ist es fast schon egal, ob sich letztlich das zentralistische Unterrichtsministerium durchsetzt oder die föderalistischen Bundesländer. Denn fast jeder klare Sieg einer der beiden Seiten ist besser als der schmierige Kompromiss des Ist-Zustandes, in dem die Länder bestimmen und der Bund zahlt.
Freilich sollte man es weder dem Unterrichtsministerium noch den Ländern allzu einfach machen: Jede Seite müsste – zumindest wenn es um eine seriöse Debatte ginge – nun ganz genau vorrechnen, welche Variante die billigere wäre. Denn müsste die Regierungsführung – zumindest wenn wir eine solche hätten – dann nur noch zwei Einsparungsziffern vergleichen. Und schon könnte die Entscheidung klar sein. Ob einem eine Claudia Schmied oder ein Erwin Pröll sympathischer sind, sollte dabei völlig außer Acht bleiben – zumindest wenn es rational zuginge.
Und was ist, wenn beide Varianten ungefähr gleich viele Einsparungen für den einzigen vorhandenen Steuertopf einbrächten (schließlich zahlen ja auch wir Steuerzahler ja „nur“ in einen einzigen Topf ein)? Dann ist tendenziell die Länderkompetenz vorzuziehen.
Denn je näher eine Kompetenz beim Bürger ist, umso besser, umso flexibler, umso menschennäher wird sie realisiert. Ein Lehrer wird nicht besser, wenn er in einer Großstruktur arbeitet, meist gilt sogar das Gegenteil. Außerdem würde eine solche Länderkompetenz (natürlich im Rahmen einheitlich vom Bund vorgegebener Kompetenzen!) einen gesunden Wettbewerb schaffen: In welchen Ländern werden die vorgegebenen Bildungsziele besser erreicht? Wo werden die Zuwandererkinder besser gefördert? Wo entsteht eine leistungskräftigere Elite?
Dieser Wettbewerb müsste in aller Transparenz dann auch sehr rasch auf die Schulebene hinunter fortgesetzt werden. Auch wenn das die Gewerkschaft nicht gerne sieht. Denn nur dort wird wirklich Erziehungsleistung geleistet. Dort müssten dann vor allem die Direktoren Kompetenzen bekommen, etwa auch jene, unfähige Lehrer rasch wieder in passendere Berufe zu verabschieden. Dort sollten dann auch die Eltern als die eigentlichen Auftraggeber mehr Rechte bekommen.
Dass eine Verländerung einen gesunden Wettbewerb auslöst, sieht man ja etwa in Deutschland, wo sogar Universitäten Landessache sind. Und wo alle Länder mit Gesamtschulen bei Vergleichstests wie Pisa viel schlechter abschneiden als die leistungsorientierten Länder.
Zum gesunden Wettbewerb gehören auch unbedingt die Privatschulen als das unverzichtbare Salz in der Suppe. Dort sollen bei annähernd gleichen Rahmenbedingungen religiöse und private Träger den Landes-Schulen zeigen können, wie man es besser macht. Und umgekehrt.
Können die Länder aber überhaupt billiger sein als der Bund? Nun, wenn sie, wie bei den Verwaltungsbeamten der Gemeinde Wien, weit über dem Bundesniveau liegende Luxusgehälter zahlen, wird das gewiss nicht funktionieren. Aber genau diese Fragen müssten präzise und verbindlich geklärt werden, bevor man über eine Verländerung der Schulen entscheidet.
Ist das nicht alles recht utopisch? Warum soll der Bund auf Schulkompetenzen verzichten?
Auf den ersten Blick ist diese Skepsis durchaus logisch. Auf der anderen Seite gibt es aber auch ganz klare Bereiche, wo die Länder Aufgaben abtreten könnten und sollten.
So ist die Aufrechterhaltung einer eigenen Landesgesetzgebung mit dem ganzen daranhängenden Apparat durch nichts mehr zu rechtfertigen – außer durch das Interesse der Parteien, Hunderte Funktionäre als Landtagsabgeordnete auf Kosten der Allgemeinheit zu finanzieren. In Wien sieht man es seit vielen Jahren am besten: Der Gemeinderat ist wichtig, hingegen sind die Entscheidungen der selben hundert Menschen, wenn sie plötzlich zum Landtag mutieren, ebenso selten wie irrelevant.
Auch im Spitalsbereich ist wohl nur noch eine bundesweite Organisation sinnvoll – oder aber ein pluralistische Struktur, die von unter Wettbewerb stehenden Krankenkassen und Versicherungen (samt Zuschüssen für Sozialfälle) getragen wird. Wobei letzteres zwar die beste Variante wäre, der SPÖ aber sicher nicht abgerungen werden kann.
Aber schon eine bundesweite Vereinheitlichung des Spitalswesens brächte Vorteile. Denn während bei Schulen Größe kein Qualitätsvorteil ist, ist das bei Krankenhäusern sehr wohl der Fall. Viele Ärzte bestätigen, dass eine ganze Reihe der heimischen Provinzspitäler ein echtes Gesundheitsrisiko darstellt. Etwa wenn dort bestimmte Operationen nur fünf Mal im Jahr durchgeführt werden.
Die Aufrechterhaltung vieler Spitäler erfolgt nur aus Prestigegründen, weil es für Bürgermeister und Landeshauptleute einen Machtfaktor bedeutet, an (Partei-)Freunde Ordinariate zu vergeben, weil bei regionalen Wahlkämpfen sofort die Kirchturmspolitiker die Oberhand behalten, die auf „unser“ Spital pochen. Bei Unfällen und Notfällen ist nicht die Nähe des anzufahrenden Spitals lebensentscheidend, sondern die Qualität des Notarztes an unmittelbarer Ort und Stelle. Ob dann die Fahrt oder der Flug ins Spital über 20 oder 80 Kilometer geht, ist für die Heilungschancen hingegen irrelevant.
Zeichnet sich da ein großes Design ab, das Österreich endlich voranbringen würde? Die Indizien mehren sich und die Sachlogik spricht eine klare Sprache.
Dennoch deuten die zwei allerwichtigsten Indizien in eine andere Richtung: Zum ersten haben die Krise und ihre langwierigen Folgen noch lange nicht in allen Köpfen den nötigen Bewusstseinswandel ausgelöst. Zum zweiten wäre es mehr als überraschend, wenn ausgerechnet diese Regierung, die bisher außer einem Verfassungsbruch, einer Explosion der Korruption (via Bestechungsinserate), der Verschwendung von Milliarden für eine pleitegegangene Regionalbank und einer absurden Grundsicherung nichts zustandegebracht hat, plötzlich zu solch historischen Kraftanstrengungen imstande wäre.
Aber warten wirs ab. Existenzialisten würden sagen: Trotz allem hoffen.