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Christoph Schönborn nennt in einer Boulevardzeitung seine Urlaubslektüre. Es ist eines der üblichen grünen Panikmach-Bücher mit den üblichen grünen Weltuntergangs-Szenarien (wenn auch von einem einst CDU-nahen Autor).
Diese Katastrophen-Prophezeiungen haben nachweislich noch nie gestimmt. Sie sind zwar seit den 60er Jahren in immer neuen Varianten ausgestoßen worden, haben sich aber immer in jeder Hinsicht als falsch erwiesen. Aber trotzdem fürchtet sich der Wiener Kardinal offenbar halt so viel gerne. Was ihm ja gegönnt sei - andere lesen zu diesem Zweck Krimis und Thriller.
Bedenklich wird es nur, wenn ein einflussreicher Kirchenfürst die grüne Panikmache auch für bare Münze nimmt. Und dies auch in einem Gratisblatt mit dem Kommentar unter die Menschheit bringt, dass ihn das an seine Kindheit erinnert. "Wir hatten unvergleichlich weniger als heute. Waren wir unglücklicher?"
Vielleicht sollte der Kardinal sich mehr mit Fakten als mit den - für fast jeden - schönen Illusionen über die gute alte Zeit und die eigene Kindheit befassen. Denn in den von ihm als so glücklich hingestellten Jahren war die Lebenserwartung mehr als ein Jahrzehnt niedriger, hat es rund um den Erdball immer wieder Hungerkatastrophen in einem seit Jahren völlig unbekannten Ausmaß gegeben (mit Todeszahlen, die jene des großen Tsunami weit übertreffen), mussten Hunderttausende wegen der großen Armut aus Österreich auswandern, erlitten Kinder wegen Fehlernährung und unzureichender medizinischer Betreuung lebenslange Schäden, waren Luft und Gewässer in Österreich lange nicht so sauber wie heute, wurden Kinder in Heimen aller Art übel be- und misshandelt, waren uneheliche Kinder Wesen letzter Ordnung. Und das alles war vor dem Krieg in keiner Weise besser.
Oder glaubt der Kardinal, dass meine Verwandten, die in den frühen 50er Jahren nach Kanada ausgewandert sind - mit zehn Dollar in der Tasche, ohne eine Anlaufadresse und ohne ein Wort Englisch -, dass die seine romantische Geschichsfälschung teilen? Oder die Emigranten der letzten Hundert Jahre davor?
Irgendwie glauben in der Kirche offenbar noch immer viele, dass es schwer sündhaft wäre, wenn man nicht die Welt als ständig schlechter werdend darstellt. Dass man zumindest niemals zubilligen darf, dass Forschung und Wissenschaft, Marktwirtschaft und Globalisierung das Leben der Menschen dramatisch verbessert haben.
Oder meint der Kardinal vielleicht nur, dass vor dem Konzil alles viel besser gewesen wäre? Das wäre interessant.
Übrigens: Der Mann, den Schönborn als "Wirtschaftsforscher" rühmt, wird von Wikipedia zu Recht nur "Sozialwissenschafter" genannt und schreibt sich anders als der Gemeinte (was in einer Gratiszeitung natürlich niemandem auffällt). Aber das nur am Rande.