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SN-Kontroverse: Zahlen für Frühpension?

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

 

Sollen Betriebe zahlen, wenn Sie Mitarbeiter in Frühpension schicken?

 

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Geldbußen für Altersdiskriminierung

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

In Österreich wird wie in vielen Staaten der EU und anderen hoch entwickelten Industrienationen - siehe Japan - die Generationenkluft immer größer. Der „Durchschnittsösterreicher" geht mit 58 Jahren in Pension, häufig nach Jahren der Arbeitslosigkeit. Oft nicht freiwillig, wie es so manche Propagandisten der neoliberalen Denk- und Handlungsschule glauben machen wollen. Es gibt kein „Paradies der Frühpensionisten". In Wahrheit sind ältere Arbeitnehmer nicht willkommen. Mittels „golden handshake" verabschieden sich Banken, Versicherungen, Industriebetriebe und Verlagshäuser von ihren erfahrenen MitarbeiterInnen im besten Erwerbsalter. Die Absicht ist leicht durchschaubar. Die „golden handshakes" sind ein Mittel, um die Belegschaft zu verjüngen und „verbilligen". Die Zahlen alarmieren: Von 932.000 Österreicherin im Altern von 55 bis 64 waren im Vorjahr nur 334.900 erwerbstätig, 21.700 arbeitslos, 21.400 arbeitsunfähig, 88.600 leisteten Hausarbeit. Die größte Gruppe, 457.700 befand sich in Pension. Seit 2004 ist die Gleichbehandlungskommission auch für Altersdiskriminierung zuständig. Obwohl offiziell verboten sind viele Jobangebote weiter auf „jungen, dynamische MitarbeiterInnen" zugeschnitten. Wird ein Inserent angezeigt, zahlt er im Wiederholungsfall läppische 360 Euro. Etliche EU-Ländern ahnden Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt schärfer. In Frankreich zahlt ein Unternehmer ein Jahresgehalt, wenn er eine/einen 50jährige kündigt. Um die Generationenkluft mit all den zusammenhängenden Problemen nicht zu vertiefen sind dringend vernünftige Beschäftigungsinitiativen für die Generation 50plus nötig. Und natürlich spürbare Geldbußen für Unternehmen, die ihre Belegschaft auf Kosten der Allgemeinheit „verjüngen und verbilligen" wollen. 


Ein populistisches Schauermärchen

Andreas Unterberger

Es ist eines der erfolgreich verbreiteten Schauermärchen von Arbeiterkammer & Co, dass Betriebe massenweise ältere Dienstnehmer gegen deren Willen in Frühpension schicken. Es stimmt nur nicht. Erstens ist der größte Teil der Österreicher selbst sehr interessiert, sobald wie möglich in die Frühpension zu gehen, präziser: in die attraktive Hacklerregelung. Zweitens kann jeder Arbeitnehmer ab dem 50. Lebensjahr mit guten Chancen eine Kündigung bei Gericht abwehren. Wenn er dies wollte.

Dieses Schauermärchen wird in Wahrheit nur ausgestreut, weil man populistisch eine Rechtfertigung für die populäre Hacklerregelung sucht. Diese ist aber der Hauptgrund, weshalb der Zuschussbedarf des Pensionssystems steil ansteigt. Ein Zuschuss, der nur über Schulden finanziert werden kann.

Das einzige, was stimmt: Auch viele Betriebe haben Interesse, dass Mitarbeiter früh in Pension gehen. Sie legen es diesen oft nahe. Sie tun das, wenn sie in Krisen Personal reduzieren müssen; da ist es humaner, ältere Mitarbeiter in die Hacklerpension zu verlieren, als jüngere Familienväter auf die Straße zu schicken.

Arbeitgeber tun das aber auch, wenn sie im Druck des Wettbewerbs die Personalkosten reduzieren müssen. Durch die absurde, fast nur auf Dienstalter und nicht auf Leistung aufbauende Lohnerhöhungsautomatik vieler Kollektivverträge kostet ein 60-Jähriger oft zweimal so viel wie ein 30-Jähriger. Der aber die gleiche Leistung bringt. Da fällt ein Trennungsangebot nicht schwer. Vor allem, wenn der Mitarbeiter ohnedies ganz gerne in Pension ginge.
Die zur Diskussion gestellte Zusatzabgabe würde nur eines bewirken: Die Betriebe wären noch mehr als jetzt vor Eintreten des gerichtlichen Kündigungsschutzes motiviert, vor Eintreten der Abgabenpflicht zu kündigen. Oder gleich Arbeitsplätze á la Androsch ins Ausland zu verlagern.

 

 

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