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Silvios Glück und nicht das Ende

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi wirft Gianfranco Fini, seinen gefährlichsten Rivalen, hinaus. Das ist das Ende einer sich lange anbahnenden Beziehungskrise in der bürgerlichen Mehrheitpartei. Es stellt vielleicht auch die Sanierung des Landes in Frage.Es zeigt aber auch die Stärke Berlusconis.

Das bezeichnendste an den Reaktionen ist - zumindest vorerst - das völlige Ausbleiben von Neuwahlforderungen durch die italienische Linke. Es wäre ja eigentlich das Normalste, dass bei einem Zerfall der Regierungspartei die Opposition nach Newahlen ruft. Besonders dann, wenn mit Fini zahlreiche andere Abgeordnete gehen. Besonders dann, wenn man den Berichten der meisten ausländischen Medien glaubt, dass Berlusconi im ständigen Abstieg ist.

Das ist er aber in Wahrheit nicht, denn die Berichterstattung deckt sich nicht mit der Stimmung in der Bevölkerung. Deswegen hat nicht nur die Linke recht unsicher auf Berlusconis Gewaltakt reagiert, sondern auch Fini. Er hat zumindest in den letzten Tagen geradezu um die Gnade des Ministerpräsidenten gewinselt, nachdem er ihn zuerst scharf attackiert hatte.

Denn die Italiener wissen: Nur mit Berlusconi und seinem in den letzten Tagen durchgezogenen scharfen Sparpaket können dem seit Jahrzehnten schwer verschuldeten Land griechische Verhältnisse erspart bleiben. Schon in den letzten Jahren hat es Berlusconi geschafft, den Zuwachs der Staatsschulden mit Erfolg einzubremsen. Während die einstigen christdemokratischen Linksregierungen Schulden angehäuft haben.

Fast könnte man glauben, dass es Berlusconi darauf angelegt hat, in Neuwahlen zu gehen. Die Linke ist total zerstritten (auch wenn die österreichischen Medien darüber nie berichten, sondern immer nur Berlusconi hinunterschreiben). Sie ist ein wirrer Haufen von Kommunisten, christlichen Gutmenschen und klassischen Sozialdemokraten ohne ein klares Programm, außer dem, gegen Berlusconi zu sein.

Und auch Fini hat als unsicherer Kantonist wenig Chancen. Er hätte nur als Thronfolger Berlusconis mit dessen Segen Chancen gehabt. Aber nicht als Unruhestifter, der vorzeitig gegen den Altmeister revoltiert. Gianfranco Fini hat sich politisch so oft und so weit bewegt, dass es ihm schwerfallen wird, sich nun auch als Anti-Berlusconi zu profilieren. Hat er doch die einstige neofaschistische Partei zuerst mit Berlusonis Gruppe fusioniert und sich dann innerhalb dieser an den ganz linken Rand bewegt, sodass Fini schon fast alle politischen Richtungen verfolgt hat. Was die Glaubwürdigkeit mehr zerstört als die Strizzi-haften Züge Berlusconis.

Ganz interessant ist der Vergleich der italienischen Krise mit Deutschland. Da wie dort ist es das Hauptproblem einer nach einem großen Wahlerfolg an die Macht gekommenen bürgerlichen Regierung, dass sie im Grunde eine Dreierkoalition darstellt. In Deutschland sind sich sofort CSU und FDP in die Haare geraten. In Italien taten das die Fini-Gruppe innerhalb der Mehrheitspartei und der Koalitionspartner Lega Nord. Also da wie dort: Der Hauptkampf war zwischen der Nummer Zwei und der Nummer Drei.

Der große Unterschied: Während Angela Merkel alle Streitigkeiten ohne klare Führung auszusitzen versucht, schlägt Berlusconi mit südlichem Temperament hinein und stellt sich an die Seite der Lega Nord. Was klug ist: Ist doch die separatistische und immigrationsfeindliche Lega im Norden sehr erfolgreich unterwegs; sie konnte zuletzt die Rückschläge für die Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" voll kompensieren.

Jedenfalls steht - im Gegensatz zu den meisten Medienberichten - Berlusconi heute besser da als Merkel, die mit den schlechtesten CDU-Umfragewerten seit Menschengedenken fertig werden muss.

Anerkennung für das taktische Geschick Berlusconis und seinen Sanierungskurs heißt freilich noch nicht, dass man die strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn und einige seiner Freunde ignorieren darf. Nur muss man die in Relationen sehen: Erstens, das Showmaster-Talent Berlusconis ist in Zeiten, wo die halbe Gesellschaft völlig unpolitisch ist, ganz unverzichtbar.

Und zweitens: Die Italiener sind nach der Massenkorruption und dem Dauerstreit der christdemokratisch-sozialistischen Periode weit Schlimmeres gewöhnt. Manche der Vorwürfe klingen auch eher skurril.

Wie etwa  der jüngste einer Geheimloge innerhalb der Berlusconi-Partei: Denn bis heute ist nicht ganz klar, wo jetzt das Verbrechen liegt. Irgendwie hat man das Gefühl, dass sich da eine Gruppe von Politikern halt zu vertraulichen Gesprächen getroffen und nachgedacht hat, was in Italien alles geändert werden muss. Das aber tun alle Politiker dieser Welt (bis auf die ganz unfähigen). Und es ist gut so. Reformen müssen immer zuerst in Ruhe und ohne Medien besprochen werden. Das tun ja auch die echten Freimaurer in Österreich, wo sie neben der Arbeiterkammer die mehr oder weniger (zuletzt eher weniger) intellektuelle Vorhut der Sozialdemokratie bilden. Aber offenbar ist alles gut und erlaubt, wenn es die Linken tun; wenn sich rechte Politiker geheim treffen, wird es zum Hochverrat.

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