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Wie hatten Medien doch die Neidgenossenschaft angeblasen, als es noch für alle Politiker die fetten Politikerpensionen gegeben hat! Irgendwie waren fast alle der Meinung, dass die nicht wirklich gerechtfertigt waren. Und doch ist in mir in den letzten Stunden so etwas wie Nostalgie nach diesen alten Zeiten entstanden.
Denn damals gingen Politiker zwar hochhonoriert in Pension. Ein paar Jahre Minister oder Abgeordneter und der Rest des Lebens war gesichert. Dafür herrschte jedoch ein - großteils ungeschriebener - Ehrenkodex, was Politiker nach ihrer aktiven Zeit auf keinen Fall machen dürfen. Etwa als hochbezahlter Lobbyist politische Kontakte im Interesse bestimmter Firmen nutzen. Oder Berater-Honorare einstecken für Null Beratung.
Der Verdacht liegt da allzu nahe, dass auf diesem Weg politische Entscheidungen unsauber beeinflusst werden, dass sich da ein Kanal für verdeckte Parteispenden etabliert hat, oder dass auf diesem Wege Honorare für frühere wohlwollende politische Entscheidungen fließen.
Etliche Altpolitiker kassieren zwar auch heute noch lebenslang die fetten Pensionen, weil sie von der Umstellung auf ASVG nicht mehr betroffen waren. Aber von einem solchen Ehrenkodex wissen sie schon lange nichts mehr.
Da hat etwa der Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky eine Million Schilling (über 70.000 Euro) für die telephonische Beratung des Millionenjongleurs Flöttl kassiert. Und einziger zugegebener Inhalt der Beratung war die Einführung des Euro. Wollte Flöttl etwa gar wissen, wieviel Schilling ein Euro wert sein wird, weil er sich keine Zeitung mit dieser Information leisten konnte? Ist ihm doch leider, leider der Computer mit allen Abrechnungen und Informationen abgestürzt, was er eigentlich mit Hunderten Bawag-Millionen getan hat.
Das Vranitzky-Honorar hat genausowenig einen Staatsanwalt interessiert wie die relativ undurchsichtigen Beratungsgeschäfte des Ex-Innenministers Ernst Strasser, die dieser auch als EU-Abgeordneter weiterführt. Offenbar ist all das irgendwie legal, es ist aber dennoch massiv dubios.
Und man kann wetten, dass auch die seit wenigen Stunden bekannte und extrem eigenartige Tatsache ignoriert werden wird, dass ein weiterer Ex-Bundeskanzler, nämlich Alfred Gusenbauer, ein Jahr nach seinem Abtritt ausgerechnet von der Hypo Alpe Adria 60.000 Euro Honorar bezogen hat. Dabei ist diese HAA unter Milliarden-Kosten für den Steuerzahler aufgefangen und dann verstaatlicht worden. Manche erstaunt es lediglich, dass Gusenbauer um 10.000 Euro billiger ist als einst Vranitzky.
Der einzige Altpolitiker, der wohl sicher wegen seiner schon fast unüberschaubaren politischen Beratungstätigkeiten mit einem Strafverfahren rechnen muss, ist der Freiheitliche Ex-Abgeordnete Meischberger. Er scheint es freilich tatsächlich noch viel ärger getrieben zu haben als die diversen Ex-Kanzler. Soeben ist bekannt geworden, dass er auch mit der nicht gerade SPÖ-fernen Baugesellschaft Porr in Zusammenhang mit ungarischen Aufträgen gute Geschäfte gemacht hat.
Es wird schon stimmen, dass insbesondere bei Auslandsgeschäften ohne Schmiergeld nichts geht. Und das wird halt oft als Beratungshonorar getarnt. Nur: Warum muss das immer ausgerechnet über Ex-Politiker fließen?
Gewiss, es wäre absurd, von Ex-Politikern zu verlangen, sich nach ihrer Tätigkeit in Salzsäure aufzulösen. wie es manche Kommentatoren erwarten. Wir brauchen charakterfeste, seriöse, gebildete, mutige und entscheidungsfreudige Politiker. Je schlechter wir sie während des Jobs - aber auch nachher - behandeln, umso schlechter wird die Personalauslese.
Gleichzeitig wäre es aber dringend am Platz, nach jeder politischen Funktion eine etwa fünfjährige Auskühlperiode anzuhängen, in der ein Politiker notfalls noch weiter bezahlt wird (sofern er nicht pensionsreif ist), in der er aber keinerlei verfängliche Geschäfte betreiben darf.
Es würde auch die Qualität unserer Universitäten dramatisch verbessern, wenn Politiker in dieser Auskühlperiode nach amerikanischem Muster Vorlesungen und Seminare an den Unis abhalten sowie Diplomarbeiten betreuen dürften und müssten. Um wie viel würde sich da die Qualität etwa der Wiener Politologie-Vorlesungen verbessern, aber auch die vieler anderer Disziplinen.
Wie toll wäre es, wenn die Expolitiker durch die Schulen zögen, um sich den jungen Menschen zu stellen, um ihnen Staat und Demokratie näher zu bringen. Sie gäben im übrigen auch weit bessere Diplomaten ab als die meisten der jetzigen Botschafter (die etwa ein anreisendes Regierungsmitglied tatsächlich ein ganzes Abendessen lang anjeiern, weil sie doch endlich einen neuen Flachbildfernseher fürs Schlafzimmer haben wollen).
Aber überall hat die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst einen Eisernen Vorhang heruntergelassen, dass nur ja niemand von außen an die Futtertröge in Universitäten oder Außenministerium herankommt.
Und der Gesetzgeber schaut dem tatenlos zu, und er erlaubt zugleich Altpolitikern jede halbseidene Tätigkeit. Was eine weitere heftige Zunahme der Demokratiemüdigkeit auslösen wird.