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Gibt es ein Leben nach dem Fußball?

Fußball ist aus. Das löst eine seltsame Leere in uns aus. Was war das doch nur, das wir mit unserer Zeit vor der Weltmeisterschaft angefangen haben? Hat das Leben noch einen Sinn?

Drei Viertel aller Österreicher (und -innen, was man in diesem Fall ausnahmsweise besonders betonen sollte) sind in den letzten vier Wochen zu grandiosen Fußballexperten geworden. Daher werde ich hier nicht meine eigene Expertise hinzufügen. So klug natürlich meine Analysen über Spieler, Schiedsrichter, die physikalischen Eigenschaften eines Balles und die Tatsache auch wären, dass es auch in Afrika ziemlich kalt sein kann.

Statt dessen einige Randbeobachtungen.

Etwa über die amüsanten Leitartikelschreiber, welche das Ablaufen des Turniers gleich als Beweis dafür anführen, dass das Modell Südafrika gelungen ist. Aber leider ist etwa Johannesburg noch immer von einem Weltrekord an Morden und Rauben geplagt. Leider gibt es unter den schwarzen Südafrikanern noch immer oder schon wieder starke Stimmen, welche die vier Millionen Weißen vertreiben wollen, obwohl deren Vorfahren zu einem viel höheren Prozentsatz schon in Südafrika gelebt haben als die der Schwarzen.

Eine solche Vertreibung würde den relativen Wohlstand des Landes (der weit über allen anderen Ländern Schwarzafrikas liegt), seine medizinischen und wissenschaftlichen Standards rasch ruinieren. Ähnlich wie es im benachbarten Zimbabwe passiert ist, als schwarze Rassisten die rund 4000 weißen Farmer vertrieben haben. Das hat aus einem blühenden Lebensmittelexportland eine Stätte der millionenfachen Flucht (von Schwarzen) vor dem Hungertod gemacht.

Aufgefallen ist auch, dass Fußball trotz des Gutmensch-Gelabberes der Funktionäre natürlich nicht die politischen Probleme dieser Welt lösen kann, meist nicht einmal übertünchen. Das merkte man nicht nur an den Spannungen in der französischen  Mannschaft oder der Hymnenverweigerung bei manchen deutschen Spielern.

Das zeigte sich auch nach dem Finale, als ein Teil der Weltmeister-Mannschaft - darunter der spielentscheidende Superstar Iniesta - plötzlich mit einer Fahne durchs Stadion rannte: Aber es war nicht die Fahne Spaniens, sondern die von Katalonien! Dessen Einwohner - ungefähr so viel wie es Österreicher gibt - fordern vehement mehr Eigenständigkeit von Spanien. Was sie erst am Wochenende mit einer der größten Demonstrationen in der Geschichte Barcelonas unterstrichen haben. Und worunter sehr viele auch Unabhängigkeit verstehen, was sie angesichts des repressiven spanischen Systems aber nicht laut zu sagen wagen.

Der demonstrative Zwischenfall mit der Fahne ist im übrigen den meisten Sportreportern gar nicht aufgefallen. Da müssten sie halt mehr von Geschichte und Politik verstehen.

Eine weitere Randnote zur Weltmeisterschaft war die Präsenz Nordkoreas. Dessen Mannschaft wurde zwar meist vernichtend geschlagen, aber irgendwie versucht mein unausrottbarer Optimismus allein aus deren Präsenz und propagandafreiem Auftreten einen kleinen Schritt der Normalisierung in jener fernen Diktatur abzuleiten. Ohne damit auch nur irgendwie den verbrecherischen Charakter jenes Regimes zu verniedlichen. Dessen brutaler Terror war ja nur von Claudia Schmied und Heinz Fischer für harmlos gehalten worden (offenbar nach dem Motto: ein roter Terror kann nie ein böser Terror sein).

Aber auch diplomatisch gibt es seit ein paar Tagen übrigens wieder Friedenssignale, so trügerisch sie sein mögen. Und vielleicht kommt im Laufe dieses Jahres mit der dritten Diktatoren-Generation vielleicht doch etwas Menschlichkeit und Vernunft in das Regime. Denn angeblich soll der angebliche Nachfolger ein paar Jahre unter Tarnnamen in der Schweiz in die Schule geschickt worden sein. Jeder solcher Kontakte mit der Welt ist jedenfalls ein Schritt, der helfen könnte, den Wahnsinn des Kommunismus zu beenden.

Und jedenfalls hat uns die Weltmeisterschaft auf eine Weltregion aufmerksam gemacht, in der das Leben für die Menschen noch schlimmer und unfreier ist als in Nordkorea (auch wenn das kaum für möglich schien): In den von radikal-islamistischen Milizen kontrollierten Teilen Somalias landete man in den letzten Wochen im Gefängnis, wenn man die Übertragung eines Fußballspiels anschauen wollte. Und jetzt sind sogar Menschen im Nachbarland Uganda durch eine Bombe umgekommen, die höchstwahrscheinlich von Islamisten gezündet worden ist - nur weil sie eine Fußballübertragung angeschaut haben. Ein Milizenchef hatte das Fußballschauen nämlich für "Geld- und Zeitverschwendung" erklärt. (Bitte im übrigen diese Passage ohne Entwicklung von Hassgefühlen gegen den Islam zu lesen, weil sonst würde mir bald eine von dieser Regierung geplante Gefängnisstrafe drohen).

Zurück zur Sorge um die Leere für drei Viertel aller zu Fußballexperten mutierten Österreicher: Vielleicht könnten wir uns zumindest einen Teil unserer Zeit auch mit den großen Herausforderungen unserer Epoche befassen - also etwas größeren, als es die peinliche Rolle Österreichs im internationalen Fußball ist: mit der demographischen, mit der ökonomischen, und mit der islamistischen Katastrophe. Denn keine der drei wird durch die Sprücheklopferei der Politischen Korrektheit gelöst. Die da lauten: "Unser Aussterben und unsere Überalterung verhindern wir durch Zuwanderung", "Die durch Schulden verursachte Finanzkrise lösen wir im Zeichen der sozialen Gerechtigkeit durch noch mehr Schulden" und "Der Islam ist eine Religion des Friedens, da sollte man einzelne Ausreißer nicht beachten". Dagegen ist sogar der Satz "Der Ball ist rund" ein Abgrund an Weisheit.

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