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Eigentlich sollte man glauben, dass solche Äußerungen sommerliche Dreitagesfliegen sind, die rasch wieder eingehen. Aber bei dieser Regierung sollte man nicht so sicher sein, ob nicht am Schluss all ihre grauslichen Steuererhöhungspläne Wirklichkeit werden. Wie etwa die jüngsten SPÖ-Phantasien von einer Reichensteuer.
Im parteipolitischen Sandkastenspiel sind solche Vorschläge ja eh ok: Niemand fühlt sich den obersten Zehntausend zugehörig, von denen der SPÖ-Sekretär Günther Kräuter despektierlich redet. Daher kann man mit solchen Ideen in Zeiten der Nachrichtenflaute leicht und billig Stimmung machen. Und den Koalitionspartner zum bösen Lakaien der obersten Zehntausend stempeln, wenn der nicht gleich begeistert zustimmt.
Überdies sind die SPÖ-Vorschläge so verwirrend und widersprüchlich, dass man dahinter außer der Produktion von Sommer-Schlagzeilen kein wirkliches Konzept vermuten kann. So will Kräuter alle Steuersätze für die Besserverdiener durch einen Solidarzuschlag um fünf Prozent erhöhen; andere Sozialdemokraten wiederum sprechen "nur" von einer Erhöhung des Spitzeneinkommensteuersatzes (derzeit 50 Prozent und bei Arbeitnehmern 43 Prozent) bei einem Jahreseinkommen von 300.000 Euro auf 55 Prozent; die oberösterreichischen Sozialdemokraten wiederum wollen gleich gar auf 60 Prozent erhöhen; dann heißt es wieder bei Kräuter, dass man den obersten 10.000 künftig alljährlich 1,7 Milliarden Euro abknöpfen werde.
Das scheint auch auf einer Linie mit den deutschen Sozialdemokraten zu liegen, die - freilich in der realpolitisch ungefährlichen Oppositionsrolle - ebenfalls den Spitzensteuersatz erhöhen wollen. Freilich tun sie das in ganz anderen Regionen: Sie wollen den Steuersatz auf bloße 49 Prozent erhöhen, sie bleiben damit also noch immer unter dem schon jetzt geltenden österreichischen Prozentsatz!
Niemand sollte sich angesichts solcher Ideen wundern, wenn die österreichische Wirtschaft derzeit wieder deutlich hinter der sich erstaunlich schnell erholenden deutschen hinterherhinkt (unter Schwarz-Orange haben die deutschen noch neidvoll nach Österreich geblickt!). Und wenn für gutverdienende Leistungsträger Österreich immer weniger attraktiv wird. Solches Politikergerede hat ja immer schon prophylaktisch einschüchternde Wirkung - selbst wenn dann nichts davon verwirklicht würde.
Noch eine zweite Selbsttäuschung wäre gefährlich: nämlich sich zurückzulehnen und zu sagen: Das trifft ja eh nicht mich. Das aber ist ein Irrtum. Aus mehreren Gründen.
Erstens und vor allem: Alle Erfahrung zeigt uns, dass Einkommensteuersätze, die bei ihrer Einführung weit entfernt schienen, binnen weniger Jahre auch jene treffen, die sich ursprünglich über die Schröpfung der Reichen freuten. In Zeiten einer sich mutmaßlich beschleunigenden Inflation geschieht dieser Prozess mit zusätzlichem Tempo. Daher werden auch die derzeit so utopischen 300.000 Euro bald gar nicht mehr so utopisch sein.
Man bedenke nur, dass man in Österreich schon ab einem Jahreseinkommen von 10.000 Euro plötzlich mehr als 38 Prozent Einkommensteuer zahlt. Und ab 25.000 Euro mehr als 43 Prozent. Dazu kommt noch die saftige Sozialversicherung (scheinbar "nur" 18 Prozent, in Wahrheit bei Unselbständigen fast 40 Prozent). Auch diese Einkommenshöhen waren einst nur die einer kleinen Minderheit.
Zweitens: Gerade die Spitzenverdiener (Künstler, Sportler, Topmanager) werden sich in vielen Fällen gegen eine zusätzliche Gier des Fiskus zu wehren wissen. Sie werden oft übersideln oder sonstwie versuchen, im Ausland zu versteuern; oder sie werden viel zusätzliche Mühe in die Entwicklung von Umgehungskonstruktionen investieren. Oder sie werden einfach Aufträge ablehnen: "Das zahlt sich wegen der Steuer nicht aus für mich". Ein Argument, das man ja jetzt schon oft genug hört. Alles führt dazu, dass in Summe weniger in der Staatskasse landet als vorher. Von Kräuters Milchmädcheneinnahmenrechnung gar nicht zu reden.
Und drittens: Gerade die Spitzenverdiener sind auch die Investoren und Big spender, die jedes Land so dringend braucht. Brutal gefragt: Sollen nur noch Russen die Juweliere, Luxushotels und Nobelrestaurants am Leben halten? Sollen in Österreich nie Vermögen entstehen dürfen, die dann wie in Amerika regelmäßig in großen wohltätigen Stiftungen münden?
Durchaus verständlich, dass man die Reichen nicht mag. Aber dumm (Kräuter eben), wenn man sie aus simplem Neid zu vertreiben beginnt.
Genauso dumm ist aber auch, dass die Regierung im koalitionären Konsens jetzt die allerwichtigste Investorengruppe der Nation mit ihrem Sparpaket doppelt treffen will: nämlich die Familien mit Kindern. Diese werden nicht nur durch die allgemeinen Steuererhöhungen und sonstigen Belastungen getroffen, sondern doppelt durch eine drastische Kürzung der Familienleistungen.
Die kultur- und leistungsorientierte Erziehung von Kindern ist aber überhaupt die wichtigste Zukunftsinvestition. Auch wenn das derzeit weder Industriellenvereinigung noch Wirtschaftskammer begreifen. Aber die Leistungsträger der Zukunft sind für unser künftiges Wirtschaftswachstum zweifellos noch viel wichtiger als etwa die Forschungsaufgaben, für welche die Wirtschaft so heftig kämpft. Davon, dass Forschung in Österreich auch Geldverschwendung für Politologenschwampf und Ähnliches bedeutet, wollen wir ja gar nicht reden.
Statt dass man die Familiengelder zielorientiert macht, werden sie brutal mit dem Rasenmäher gekürzt werden. Zielorientiert hieße etwa, dass die Gelder bei Kindergarten- oder Schulschwänzen, bei (trotz Kursangeboten) schlechten Deutschkenntnissen von schon seit Jahren im Lande befindlichen Kindern, bei Übergewicht oder bei Fernhalten der Mädchen von Sport und einer (von den Lehrern empfohlenen) höheren Erziehung kräftig gekürzt werden.
Übrigens: Die einzigen Gutverdiener, die nicht ausweichen können, hat Silvio Berlusconi nun in Italien im Visier: Er kürzt allen 955 Abgeordneten das Gehalt um zehn Prozent. Das ist sicher zehnmal schlauer als Steuerpolitik a la Kräuter. Wie überhaupt Berlusconi derzeit in Sachen Sanierung extrem effizient, fast vorbildlich agiert (weshalb man ihm fast seine sonstigen Gaunereien vergessen könnte).