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Der Weltkrieg ist vor 65 Jahren zu Ende gegangen. Nur noch ein sehr kleiner Prozentsatz der Akteure ist noch am Leben. Dennoch gibt es eine Renaissance der Instrumentalisierung des Krieges und der dabei begangenen Verbrechen als Waffe gegen politische Gegner. Von Griechenland bis Italien. Und in Österreich sowieso in jedem Wahlkampf der letzten Jahre.
In Griechenland beschimpfen Zeitungskommentatoren die Deutschen, weil Berlin damit zögert, die Kleinigkeit von acht Milliarden zur Finanzierung der griechischen Steuerhinterzieher, Beamten (mit Gehaltssteigerungen weit über jenen in Deutschland oder Österreich), Subventionen (für alles und jedes, die sogar die österreichischen Verhältnisse weit übertreffen), Pensionisten (Bild-Zeitung: "Warum zahlen wir den Griechen ihre Luxus-Renten?") und Arbeitsmoral (die eher das Gegenteil einer solchen ist) hinzulegen. Wobei es, nebstbei vermerkt, sicher nicht bei den acht Milliarden bleiben wird. Denn die Griechen werden nächstes Jahr wieder mit dem Hut in der Hand dastehen. Und Spanier, Italiener, Portugiesen ebenso, wenn sie einmal gesehen haben, wie leicht die Griechen ihre Schulden dem Ausland anhängen können.
Das wirklich skandalöse Hauptargument der griechischen Kommentatoren ist, dass die Deutschen wegen der Untaten von SS und Wehrmacht im Krieg ihnen jetzt beistehen müssen. Offenbar gilt auch bei ihnen das Motto: Es muss immer ein anderer an der eigenen Not, den eigenen Fehlern schuld sein. Und wenn die Argumentation aus noch so lang vergangenen historischen Epochen hergeholt werden muss. Man bittet nicht, man fordert.
Vielleicht ein kleiner Tipp für die Griechen: Auch die Türken/Osmanen sind vor einiger Zeit über ihr Land hergefallen (und den Türken geht es in letzter Zeit ein wenig besser). Da müsste doch auch etwas zu holen sein. Und was ist mit den Briten? Oder gar den Italienern, die doch die Nachfolger der alten Römer sind und einst viele Griechen als Sklaven genommen haben?
Das wäre übrigens auch eine gute Methode, die österreichischen Staatsfinanzen zu sanieren: Wann haben die Franzosen für die Einfälle der napoleonischen Armeen in Österreich bezahlt? Oder die Ungarn für ihre mittelalterlichen Exkursionen die Donau herauf?
Freilich sollte sich auch die österreichische Regierung bewusst sein: Wenn am Ende die Deutschen wieder einmal unter dem Titel Weltkrieg zahlen müssen, dann sind auch die Österreicher bald dran.
Am flottesten sind die Italiener unterwegs. Aber natürlich nicht mit Entschädigungen an die Griechen; oder an die Kroaten, Slowenen, Äthiopier und andere für die italienischen Überfälle. Nein auch sie sind natürlich nur Opfer: Sie lamentieren nicht lange, sondern nehmen sich einfach das Geld der Deutschen (ehrlich, kein Witz). Seit März 2009 zahlt Italien der Deutschen Bahn nicht mehr das Geld für Fahrkarten nach Deutschland, die in Italien verkauft worden sind. Einige italienische Richter haben zugunsten von italienischen Opfern deutscher Kriegsmassaker einen entsprechenden Exekutions-Titel bewirkt. Und die Deutsche Bahn ist schwachsinnig genug, jetzt lange vor italienischen(!) Gerichten herumzuprozessieren, statt einfach in Italien ausgestellten Tickets nicht mehr anzuerkennen.
Aber auch in Griechenland sind Richter schon einschlägig unterwegs gewesen: Und nur eine Notbremsung der griechischen Regierung verhinderte etwa eine Pfändung des Goethe-Instituts in Athen zugunsten der Nachfahren von Nazi-Opfern.
Das alles – so muss man sich vor Augen halten – findet inmitten einer Europäischen Union statt, an deren Wiege der deutsch-französische Schwur des „Nie wieder“ gestanden ist. Wenn der Schwachsinn so weitergeht, dann wird auch diese Union so zerfallen wie die anderen zwei großen multinationalen Gebilde in Europas Geschichte, nämlich die beiden Reiche, die das Adjektiv „Römisch“ trugen. Nichts ist ewig – bis auf die chauvinistische Dummheit.