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Die Jungen gehen den Parteien nicht ins Netz

Was fangen die Jungen mit der Politik an? Was fängt die Politik mit der Jugend an? Die Geschichte einer andauernden Kommunikationsstörung. Für die der letzte Wahlkampf nur ein weiteres Exempel ist.

So sehr haben sich seine Wahlstrategen angestrengt, Heinz Fischer mit einem Hauch Barack Obama zu parfümieren. Es begann mit dem lächerlichen Kandidatur-Video auf Facebook und krönte sich mit der „HeiFi2010“-Homepage, welche die jungen Wähler scharenweise mobilisieren sollte. Freilich umsonst: Gewählt haben ihn Frauen und ältere Mitbürger. Die Jungen konnte Fischers aufgesetzte wilde Frische nicht überzeugen. Und das ist kein Wunder.

Die ganze Sache war auch nicht ganz so innovativ, wie uns ihre Erfinder haben einreden wollen. Denn die Parteien haben nicht zum ersten Mal versucht, die Internet-Generation im virtuellen Raum zu ködern. Vor ein paar Jahren glaubte man, sie auf ihrem damaligen Lieblingsspielplatz „Second Life“ abholen zu können. Dort spielte sich nämlich angeblich das wahre junge Leben ab.

Man verwandelte sich in eine Zeichentrick-Figur, kaufte Häuser, machte Geschäfte auf – und die Parteien machten mit. Sie eröffneten ihre virtuellen Parteizentralen, die ÖVP übertrug dort sogar ihren Parteitag live (nur hingeschaut hat keiner). Der Kurzzeit-Kanzler Gusenbauer ging noch weiter: Für 10.000 Steuer-Euro richtete er auf diesem kostenpflichtigen Tummelplatz verspielter Youngster ein Bundeskanzleramt ein. Der Erfolg war mehr als enden wollend. Und „Second Life“ ist auch schon längst passé.

Es gibt eben Dinge, die nicht zusammen passen. Uraltpolitiker werden auch durch ein Facebook-Profil nicht mitreißender. Und Parteien und Institutionen, die die Zukunft ausblenden, werden durch virtuelle Präsenz nicht attraktiver. Die jungen Menschen erkennen solche Aktivitäten sehr genau als das, was sie sind: als Anbiederungsversuche. Und das trägt nicht gerade zu einer Verbesserung der Glaubwürdigkeit bei, eher schon zur Lächerlichkeit.

Wenn jetzt die Parole ausgegeben wird, dass die Fischer-Kampagne im Internet einmalig und richtungweisend gewesen sei, dass nie mehr wahlwerbende Parteien daran vorbei könnten, dann verheißt das nichts Gutes für die bevorstehenden Wahlkämpfe. Denn Vorbild war das keines. Ob im virtuellen Raum oder in unserer ganz gewöhnlichen Wirklichkeit: Wer gewinnen will – und wer vor allem die Jungen auf seine Seite bringen will –, der muss ein Angebot haben, das stimmt. Personell und inhaltlich.

Und dass man all das natürlich auch im Internet transportieren soll und muss, daran hat schon vor „HeiFi2010“ niemand gezweifelt. Nur: Inhalt und „Verpackung“ – also die internettaugliche Präsentation – müssen stimmig sein. Sonst bringt es genau so viel wie bei HeiFi. Nämlich genau nichts.

So, wie unsere Politiker mit dem Internet umgehen, können sie jeden Cent dafür sparen. Es würde sich aber lohnen, die politische Dynamik zu beobachten, die das Netz jetzt schon besitzt – und zwar abseits der Parteien.

Noch nie konnten Gruppen ihren Anliegen so effektiv eine breite Basis verschaffen wie über das Internet. Die berühmte „Hundstrümmerlkampagne“, die einige genervte Mütter von Kleinkindern gestartet hatten, erhielt binnen weniger Tage 150.000 Wiener Unterstützungsunterschriften – Heinz Fischer bekam mit der ganzen teuren Werbemaschinerie nur dreimal so viele Stimmen in Wien. In Deutschland und Schweden zittern die etablierten Parteien vor der „Piraten-Partei“, die sich im Internet gebildet hat und bei den Europawahlen in Schweden schon auf mehr als 7 Prozent gekommen ist. Bei der deutschen Bundestagswahl erreichte sie in manchen Städten bis zu 5 Prozent.

Aber auch diese Piraten sind „Ein-Themen-Gruppen“ – ihnen geht es nur um die Freiheit im Internet (sie wehren sich etwa gegen das Kriminalisieren des Filesharings, gegen alle zensurartigen Eingriffe des Staates im Netz). Daneben haben sie kein Programm, kein formuliertes Anliegen.

Noch braucht sich also keine Partei zu fürchten: Monothematisch wird niemand die Parlamente und Rathäuser stürmen. Mächtig werden solche Gruppen aber dann, wenn sie sich vernetzen. Wenn sie mangels wählbaren Angebots auf den Stimmzetteln gemeinsame Sache machen. Sich inhaltlich verbreitern durch das Zusammenführen ihrer vielfältigen Anliegen. Sich auf eine Gallionsfigur einigen, die dieser virtuellen Bürgerbewegung ein Gesicht gibt. Und sich dann Wahlen stellen.

Solche neue Bürgerparteien liegen in der Luft. Die etablierten Parteien werden es erleben. Ob sie es alle überleben, ist – in the long run – fraglich.

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