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Die Intelligenz der Frau Karl

Sollte man nicht endlich einen Intelligenztest für Politiker einführen? Genügt es derzeit wirklich, in die richtige Länder-, Geschlechter-, Bünde-Quote zu fallen, um Minister zu werden? Der Fall Beatrix Karl macht die Antworten auf diese Fragen klar: zweimal Ja. Die „Wissenschafts“-Ministerin fordert aus heiterem Himmel ein „Gymnasium für alle“. Mit der gleichen Logik fordere ich nun „einen Magistertitel für alle“. Genauso legitim wäre auch: „Alle 8,3 Millionen Österreicher sollen Minister werden!“

Dass ihre plötzliche Forderung nach einem „Gymnasium für alle“, nach einer „einheitlichen Schule für alle 10- bis 14-Jährigen“ nichts anderes als die Gesamtschule, zeigt der sofortige Jubel der SPÖ. Offenbar hält Karl die Österreicher für so blöd, dass diese den Trick nicht merken. Aber die Menschen sind klüger als Minister. Sie wissen: Gesamtschule bleibt Gesamtschule, auch wenn künftig über allen Schultoren das Wort „Gymnasium“ steht.

Ebenso klar ist, dass Karl damit ihrer Partei einen schweren Schaden zufügt. Die einheitliche Schule für alle ist total unpopulär (außer bei universitären Pädagogen, zeitgeistigen Journalisten und linken Gesellschaftszerstörern). Außerdem ist sie in jedem bisher vorliegenden Modell extrem teuer. Eltern in Österreichs Städten wollen einfach nicht, dass ihre Kinder und Enkel in Schulen gehen müssen, wo ihnen Klassen drohen, die zu 50 bis 95 Prozent aus Kindern bestehen, die einen kulturellen Hintergrund mit Drittwelt-Niveau haben, die so große Probleme schon mit der deutschen Sprache haben, dass es chancenlos ist, dass sie mit 13 schon zwei Fremdsprachen auf dem Lehrplan haben könnten.

Das unausgesprochene Motiv der Frau Karl ist klar: Sie glaubt, damit die Zustimmung der SPÖ für die Einführung von Zugangsbeschränkungen an den Universitäten zu erlangen (für die sie eigentlich zuständig ist). Selbst wenn das auf diesem Weg gelingen sollte, macht das ihren Fehler nicht geringer. Man kann doch nicht einfach die universitäre Dummheit der SPÖ dadurch ausgleichen, dass man selber noch eine viel größere schulische Dummheit begeht. Man kann doch nicht einfach unsere Kinder opfern, nur weil die SPÖ Angst hat, ein paar studentische Wähler an die Grünen zu verlieren. Das ist zwar für die Wirtschaftsuniversität tragisch – aber letztlich irrelevant, solange dort Professoren unterrichten, die öffentlich allen Ernstes erklären, dass die Hauptursache der griechischen Krise die zu niedrigen Gehälter der deutschen Arbeiter sind.

Besonders dumm ist der Vorstoß der Frau Karl auch insofern, als gerade vom ÖAAB und dem parteinahen Management-Club einige sehr spannende – und durchaus divergente – Konzepte für eine bessere Bildung präsentiert worden sind. Deren Diskussion wäre zukunftsweisend, aber nicht ein neuerliches schwarzes Umfallen in Richtung SPÖ.

Vor wenigen Tagen konnte man überraschenderweise sogar im ORF eine finnische Erziehungs-Beauftragte hören, welche ausdrücklich sagte, dass die gute Qualität der dortigen Schulen nicht Folge eines Gesamtschulmodells sei, sondern vor allem mit einem bei uns ganz unmodisch gewordenen Zauberwort zu erklären sei: „Disziplin“. (Ob die Redakteurin, die dieses Interview auf den Bildschirm gebracht hat, das überlebt?) Überdies haben die Finnen einen viel geringeren Anteil an Drittwelt-Ausländern. Überdies kann sich in Finnland eine Schule viel leichter von unfähigen Lehrern trennen als bei uns (was auch der Management-Club fordert). Das sind die entscheidenden Unterschiede.

Nachbar Deutschland zeigt es noch viel deutlicher: All jene Bundesländer, die die verpflichtende Gesamtschule haben, liegen in allen Rankings weit hinter jenen, die das achtjährige Gymnasium haben.

Frau Karl ignoriert das alles, sondern rühmt, dass bei der Gesamtschule die Eltern dann erst Schul-Entscheidungen treffen müssten, wenn die Kinder 14 sind. Warum eigentlich ausgerechnet im schwierigsten Entwicklungsalter von Jugendlichen, wo sie oft von der Pubertät nur so durchgebeutelt werden, was aber zum Glück vorübergeht? Warum verschweigt Karl, dass auch jetzt schon die Hälfte der Maturanten bis 14 in Hauptschulen gegangen ist – aber eben in die guten leistungsorientierten auf dem Land und nicht in die städtischen? Warum begreift sie nicht, dass das Leben eben immer aus Entscheidungen besteht, die nur populistische Politiker vorgeben, aus dem Weg räumen zu können?

Warum verschweigt sie, dass mit der gleichen Berechtigung auch die „Matura für alle“ gefordert werden kann? Warum verschweigt sie, dass damit eine weitere Motivation zum Leistungsanreiz in den Schulen verloren geht, wenn ohnedies bis 14 nicht differenziert werden darf? Warum kämpft die Frau Assistenzprofessor, statt solche Vorschläge zu machen, nicht gegen das Schmied-Ministerium, Landesschulräte und vor allem Schuldirektoren, die ständig das Niveau senken, die die Hausübungen zum unverbindlichen Freizeitspaß degradieren, die negativen Noten de facto abschaffen wollen? Warum kämpft sie nicht gegen die Gewerkschaft, die unfähige, unwillige, bösartige Lehrer verteidigt, statt sie als Schaden für die Kinder und die anderen Lehrer möglichst rasch aus der Schule entfernen zu lassen?

Warum verschweigt sie, dass der Bildungsweg weniger von den Schultyp-Entscheidungen der Eltern abhängt als von deren Engagement für die Ausbildung der Kinder? Von der Zuwendung, die Kinder erfahren; davon, ob es daheim Bücher gibt, ob diese auch gelesen werden, welche Fernsehprogramme (wenn überhaupt) eingeschaltet werden, welche Sprache am familiären Tisch gesprochen wird, welche Themen da im Zentrum stehen, welche Anregungen – von Museen bis zu Freunden –  den Kindern mitgegeben werden, wie die Eltern selbst zu Leistung, Bildung und Wissen stehen.

Das sind die wirklichen Fragen, an denen sich die Zukunft der Kinder entscheidet, lange vor dem 14., auch vor dem 10., ja zum Teil sogar schon lange vor dem 6. Geburtstag. Und ganz sicher ist nicht das Einkommen der Eltern der kausale Faktor (nur wird dieses halt logischerweise in Familien mit Leistungsorientierung meistens viel höher sein als in jenen, die die Kinder vom Fernsehapparat aufziehen lassen).

Ganz beiseite lassen wir dabei den auch sehr spannenden Aspekt, dass ein guter Facharbeiter wahrscheinlich künftig viel mehr verdienen wird als die Massen an Publizisten, Germanisten, Historikern, Politologen und Kunststudenten, die Karls Universitäten heute produzieren.

Es ist irgendwie erschütternd: Elisabeth Gehrer hat gewiss Fehler gemacht; aber die sollten jedoch keinesfalls ein Grund sein, dass es seither mit den Politikern kontinuierlich ständig steil bergab geht, welche die ÖVP ins Wissenschaftsministerium entsendet.

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