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Metternichs Wiederauferstehung

Immer mehr deutet darauf hin, dass die liberale westliche Demokratie, die uns den größten Wohlstand, die größten Freiheiten, die längsten Friedensperioden der gesamten Geschichte beschert hat, zu Ende geht. Sie wird erneut so bedroht, wie das schon die zwei großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts getan haben. Und wieder steht vor allem ihr zentralster Wert im Kreuzfeuer: nämlich die Meinungsfreiheit.

Diesmal kommt der Angriff auf eine besonders infame Weise, nämlich unter der zur Tarnung gewählten Überschrift „Terrorismus-Bekämpfung“. Das österreichische Justizministerium – ganz bewusst muss man die von sehr schlagseitigen Juristen beherrschte Institution nennen und nicht die wohl nur zum freundlich Lächeln begabte Ministerin – dieses Ministerium hat einen Gesetzentwurf durch den Ministerrat gebracht, der eine weitere entscheidende Einschränkung der Meinungsfreiheit bedeutet. Wenn das Gesetz nun auch das Parlament passieren sollte, dann wird mit zwei Jahren bestraft, wer andere wegen ihre Geschlechtes, ihres Alters, ihrer sexuellen Ausrichtung oder Weltanschauung verächtlich macht.

Nun bin ich alles andere als dafür, andere verächtlich zu machen, das ist in der Regel moralisch abzulehnen, es zeugt von schlechter Erziehung. Nur: Den Strafrichter zur Verfolgung solcher schlechten Sitten zu beauftragen, zeugt von totalitären Absichten. Hier werden Meinungen strafbar gemacht.

Daher bekenne ich jetzt schon, Menschen mit kommunistischer oder nationalsozialistischer oder islamistischer Gesinnung zutiefst zu verachten. Und ich werde das weiter so äußern. Ich werde auch kein Parlament achten können, das Gesetze beschließt, die jemanden wegen der Verachtung für solche oder andere Weltanschauungen mit Haft bestraft.

Miese juristische Tricks


Ein besonders übler Trick bei der Entstehung dieses Gesetzes ist die über unkritische Journalisten verbreitete Behauptung, das Justizministerium habe den Entwurf "entschärft". In Wahrheit ist allerhöchste Alarmstufe am Platz. Unter dem Vorwand, die Österreicher gegen terroristische Bedrohungen zu schützen - ein mehr als legitimes Ziel - wird die Einschränkung der Meinungsfreiheit der Österreicher auf eine absolute, bisher ungeahnte Spitze getrieben. Diese erinnert zunehmend an das Metternichsche System, gegen das am Schluss nur noch die Revolution geholfen hat, deren oberstes Ziel ja einst der Ruf nach Meinungsfreiheit, damals auch oft „Pressfreiheit“ genannt, gewesen ist.

Das Tagebuch ist alles andere als ein Ort, wo der Strafjustiz bei der Verfolgung von Verbrechern in den Arm gefallen wird. Das tun im Gegenteil von Amnesty International bis zu den linken Wiener Verfassungs-Juristen viele andere oft und gerne,  bisweilen unter den lächerlichsten Vorwänden. Umso schärfer werde ich aber immer für diese Meinungsfreiheit kämpfen, die der archimedische Punkt unserer gesamten rechtsstaatlichen Demokratie ist. Ohne Meinungsfreiheit ist relativ rasch der Rechtsstaat und die Demokratie, aber auch der Wohlstand bedroht (weil nur die Meinungsfreiheit eine wirksame Waffe gegen die jeden Wohlstand zerstörende Korruption ist).

Daher ist es besonders provozierend, wenn das fast einzige sinnvolle Vorhaben des Antiterrorismusgesetzes nun im Zuge dieser „Entschärfung“ weggefallen ist, nämlich die Strafbarkeit des Besuches eines Terrorcamps. Für eine solche Camp-Teilnahme wird man künftig nur dann bestraft, wenn auch die Absicht nachweisbar ist, terroristisch aktiv zu werden. Was, bevor Bomben explodiert sind, ziemlich schwer nachweisbar ist. Daher dürfen – mehr oder wenig neue – Österreicher und hier wohnende Gäste auch künftig straflos in den pakistanisch-afghanischen Bergen das Schießen und Bomben trainieren. Ich darf sie aber nicht mehr verächtlich machen. Nur zur Illustration: Der österreichischen Staatspolizei sind in den ersten beiden Monaten 2010 schon mehr solcher Terrorcamper bekannt geworden als im ganzen Vorjahr.

Diese Entschärfung darf sich die bekannt Islam-freundliche SPÖ auf die Fahnen schreiben, die sich hingegen nicht an der vom Justizministerium geplanten Einschränkung der Meinungsfreiheit  stört. Die Hauptschuld trägt aber sicher die ÖVP, welche eine ahnungslose Ministerin ins Justizressort entsandt hat, und die keinen einzigen Juristen von Format mehr in ihren Reihen hat, der da noch bremsen könnte, wie es etwa einst ein Michael Graff gewesen ist. Die damit auch selbstmörderisch die letzten liberalen Wähler vertreibt.

Denn die ganze Infamie der Novelle begreift man erst, wenn man das bisherige Strafgesetzbuch neben die (auf der Homepage des Justizministeriums übrigens noch gar nicht kommunizierte!) Regierungsvorlage legt. Denn in der Novelle selber steht nur eine lange Liste von Gruppen, gegen die man nicht zu Gewalt aufrufen darf. Wogegen nichts zu sagen ist. Das gilt nunmehr auch für durch Weltanschauung oder sexuelle Ausrichtung (=Codewort für Schwule) geprägte Gruppen oder auch einzelne Angehörige davon.

Bisher war der vom §283 geschützte Kreis hingegen viel kleiner. Der zweite Absatz dieses Paragraphen bleibt unverändert, sodass er den Abgeordneten im Text der Novelle auch nicht vorliegt. Dort aber wird nicht nur der Gewaltaufruf inkriminiert – der interessanterweise nur  strafbar ist, wenn er sich gegen die durch die Political correctness privilegierte Gruppen richtet, sonst aber offenbar nicht, etwa wenn Unternehmer das Ziel sind! Dort wird ebenso mit zwei Jahren bestraft, wer eine dieser Gruppen „verächtlich zu machen versucht“. Mit anderen Worten, die Gläubigen der kommunistischen, nationalsozialistischen oder islamistischen Weltanschauung dürfen nicht mehr verächtlich gemacht werden.

Das aber entdeckt man nur, wenn man juristische Detektivarbeit betreibt und entdeckt, dass nicht nur der Gewaltaufruf gegen diese Gruppen strafbar ist, sondern über eine alte, bisher aber weitgehend irrelevante Gesetzesstelle, das Verächtlichmachen. Alleine dieses Verstecken ist schon ein massiver Beweis für das schlechte Gewissen der angeblichen Antiterrorkämpfer aus dem Justizministerium.

Niemand soll sich Illusionen machen, dass diese neue Universalwaffe der politischen Korrektheit unbenutzt bleiben wird. So behaupten doch insbesondere die Grünen jetzt schon ständig, dass ihre Gegner „verhetzen“ würden. Zuletzt war das etwa in der Debatte rund um den Kindesmissbrauch der Fall, in der sich die Grünen ja als SaubermännerInnen profilieren wollten. Als aber daran erinnert wurde, dass es die deutschen Grünen waren, die noch Mitte der 80er Jahre – also lange nach den meisten jetzt bekannt gewordenen Fällen! – die völlige Straffreistellung des sexuellen Kindesmissbrauchs gefordert hatten, war das für die Grünen schon eine "Verhetzung".

Trotzdem müsste – sofern wenigstens die Richter noch korrekter wären als die Ministerin – als Erster ein Wiener SPÖ-Abgeordneter wegen des Hass-Videos eines Rappers ins Gefängnis gehen, das er auf seine Homepage gestellt hatte. Immerhin war damals sogar zum Tod eines Politikers einer anderen Weltanschauung aufgehetzt worden.

Zu Innsbruck in geknebelten Banden


Diese nunmehrige Novelle, die Österreich ab 1. August mit einem riesigen Knebel ersticken wird, steht freilich schon in einer langen Liste von Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Ein besonders absurdes Beispiel findet sich etwa in einem Tiroler Landesgesetz, das jeden bestraft, der „die Landeshymne unter entstellender Veränderung ihres Wortlauts oder ihrer Melodie verwendet“ oder der jener Hymne die gebührende Achtung verletzt.

Zu Innsbruck in geknebelten Banden, kann man da nur sagen. Diese Formulierung ist im übrigens nach dem Wortlaut jenes Gesetzes zweifellos schon ein Delikt (übrigens liebe Tiroler, ich bin in Kürze in Eurem Land!). Nur zur Erinnerung: Diese Hymne gedenkt eines Freiheitskämpfers.

Primär ist die Einengung der Meinungsfreiheit freilich Produkt internationaler Gremien wie des Europarates (etwa eines normalerweise nicht beachteten "Antirassismuskomitees", in dem die linken Parteien ihre Existenzberechtigung abzusichern versuchen) und des EU-Parlaments. Auch dieses Gesetz beruft sich in den Erläuterungen auf jene internationalen Institutionen zur Einschränkung der Meinungsfreiheit. In der Überschrift wird aber so getan, als ob es um die Terrorismusbekämpfung ginge.

Antirassismus statt Antiterrorismus


Der Antirassismus ist zum Nachfolgeinstrument des Antifaschismus geworden. Beide Male wird dieses Schlagwort von extrem illiberalen Gruppen der Linken zur Unterdrückung ihrer Gegner verwendet. Und diese begreifen immer erst im Nachhinein, welche miesen Mechanismen sie da selbst einst unterstützt haben. Wer will denn schon ein Rassist oder Faschist sein.

Diese europaweite Annäherung an totalitäres Denken, das diesmal im Zeichen einer linksliberalen Political correctness steht, hat jetzt sogar den französischen Innenminister vor Gericht gebracht. Er hat das Verbrechen begangen, über Nordafrikaner folgendes zu sagen: „Solange es einer ist, geht es. Probleme gibt es, wenn es viele sind.“ Das genügte der Correctness-Partei schon für eine Anklage. In Frankreich gibt es aber wenigstens einen Präsidenten und eine große Partei der rechten Mitte, die noch nicht ganz von der dumpfen Infamie der Political Correctness erfasst ist.

In Österreich begreift die ÖVP nicht einmal, was ihr da unterjubelt wird.

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