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Fischer braucht dringend einen Dämpfer

20 Gründe, warum es der politischen Kultur in diesem Lande überaus gut täte, wenn Heinz Fischer am Sonntag einen deutlichen Dämpfer bekäme.

Zuerst aber die Suche nach dem Positiven an Heinz Fischer: Er ist zweifellos ein (allerdings mit Schlagseite) gebildeter Mann, der sich würdevoll zu bewegen weiß und ordentliche Umgangsformen hat. Sonst kann man eigentlich nur eines zu seinen Gunsten ins Treffen führen: Dass er durch die Länge seiner politischen Karriere weit mehr Gelegenheiten als seine Gegenkandidaten hatte, Fehler zu machen.

Fischer hat diese Gelegenheiten freilich auch kräftig genutzt. Was sich an Hand vieler Fakten zeigen lässt - im Gegensatz zu dem Eindruck, den die fast total gleichgeschaltete Medienlandschaft derzeit zu erwecken versucht. Fischer hat durch Taten und Worte wie auch durch Unterlassungen gepatzt. All diese hier kurz aufgezählten Gründe machen ihn zum unwählbarsten Kandidaten am kommenden Sonntag.


  1. Der jüngste Fehler war der schwere außenpolitische Fauxpas, nicht zum Begräbnis des polnischen Staatspräsidenten nach Krakau gefahren zu sein. Wer weiß, wie sensibel die Polen sind, der weiß auch, dass Fischer mit seiner Reiseunlust mehr Porzellan zerschlagen hat, als all seine vielen gemütlichen Präsidententreffen in noblen Residenzen gut machen können. (Übrigens sollte auch der Außenminister den schweren Fehler einsehen, dass die Republik plötzlich nur durch den Botschafter vertreten war – wie bei einem drittrangigen Routinetermin.) Besonders peinlich ist das auch deshalb für Fischer, weil er sich ja immer mit seiner langen internationalen Erfahrung brüstet. Die Schande ist durch seine fadenscheinigen Ausreden, der Chauffeur hätte nicht so weit fahren dürfen, nur noch schlimmer worden. (Eine Strecke dauert maximal sechs Stunden, und auch die Mitnahme eines zweiten Chauffeurs wäre angesichts der Vielzahl von servilem Personal rund um den Bundespräsidenten möglich gewesen). In dieser Republik verludern die Sitten, beginnend an der Spitze.

  2. Zur Sittenverluderung zählt auch der nächste Minuspunkt auf dem Konto Fischers: Wer so auf nobel und fein tut wie er, wer so groß „Werte“ (freilich bezeichnenderweise ohne Inhalt) plakatiert, der hätte längst die extrem intoleranten Störaktionen seiner Partei gegen die Wahlveranstaltungen einer Gegenkandidatin stoppen müssen.

  3. Statt dessen hat er die sozialistischen Jugendlichen noch aufgehetzt, indem er infamerweise behauptet hat, Rosenkranz habe die Gaskammern geleugnet. Was einfach nicht stimmt – so bedenklich auch einige ihrer Äußerungen waren.

  4. Alles andere als vorbildlich ist auch seine Weigerung, sich einer Diskussion mit seinen beiden Gegenkandidaten zu stellen.

  5. Eine wirklich unglaubliche Kühnheit Fischers ist es, nun ausgerechnet die Kärntner Ortstafelfrage als Hauptthema seiner zweiten Amtsperiode anzukündigen. Abgesehen davon, dass Österreich derzeit ein paar existenziellere Fragen hat, zu denen er offenbar weiterhin schweigen will, ist gerade die Betonung der Ortstafelfrage durch Fischer ein Musterbeispiel von „Haltet den Dieb!“ Denn es war niemand anderer als die SPÖ selbst, die unter seiner vollen Rückendeckung die Lösung des Problems verhindert hat. Einzig das SPÖ-Veto unter Alfred Gusenbauer hatte die Umsetzung der schon fix ausverhandelten Lösung der Ortstafelfrage torpediert: Wolfgang Schüssel hatte nämlich mit Jörg Haider, dem Kärntner Heimatdienst und fast allen Slowenen-Vertretern bis auf den letzten Beistrich einen detaillierten Konsens über die alte Streitfrage erzielt, in welchen Ortschaften Kärntens noch zweisprachige Tafeln aufzustellen seien. Dieser Kompromiss ist damals einzig daran gescheitert, dass die SPÖ der bösen Regierung Schüssel den Triumph nicht gegönnt hat, wenn ausgerechnet Schwarz-Blau das notwendige, aber seit 55 Jahren fehlende Gesetz zur Erfüllung des Staatsvertrags realisieren hätte können. (Neben der SPÖ war nur noch ein völlig unbedeutender Slowenen-Verein dagegen, der sich bezeichnenderweise in diesen Tagen mangels Masse selbst auflöst). Die SPÖ hätte dann endgültig ihre scheinmoralische Faschismus-Keule gegen Schwarz, Blau und Orange wegwerfen müssen. Eine ziemliche Chuzpe, wenn sich nun ausgerechnet Fischer als Löser der Ortstafelfrage ausgeben will.

  6. Ähnlich gravierend ist leider das Fehlen jeder Stellungnahme Fischers zu dem Skandal, dass jetzt mit Hilfe von Steuermitteln in Wien eine nordkoreanische Propagandaschau stattfinden soll. Fischer dementierte nicht einmal die Berichte, dass sein eigenes Büro selber zugunsten dieser Ausstellung interveniert hatte. Die Eröffnung dieser Ausstellung wird auch einigen hochrangigen Apparatschicks des schlimmsten Folter- und Terrorregimes der Welt eine schöne Reise nach Österreich bescheren. All das bestätigt erneut auch die geistige Nähe Fischers zu jenem Regime, die sich ja schon in jahrelanger Vizepräsidentschaft in der nordkoreanischen Freundschaftsgesellschaft gezeigt hat.

  7. Fischer ist auch mit hohem Lob für Kuba, eine fast genauso schlimme Diktatur, in den Archiven festgehalten.

  8. Nicht so eindeutig bewiesen, aber zumindest durch starke Indizien (insbesondere Fischers New-York-Reisen) unterlegt, ist seine Verwicklung in den Rufmord an Kurt Waldheim – auch wenn er sich am Ende von Waldheims Präsidentschaft von diesen Denunziationen zu distanzieren versucht hat.

  9. Besonders unglaubwürdig – und als rein parteipolitische Inszenierung entlarvt – wird die Liebe Fischers zur Faschismuskeule, die er und seine Freunde gegen alle relevanten politischen Gegner schwingen, durch seine einstigen Attacken auf Simon Wiesenthal. Er hatte dem weltweit wichtigsten Jäger nationalsozialistischer Verbrecher öffentlich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss angedroht, nur weil dieser darauf hinzuweisen gewagt hatte, dass der damals zum Mehrheitsbeschaffer für die SPÖ avancierte Freiheitliche Friedrich Peter ein hochrangiger SS-Offizier mit fragwürdigen Kriegsaktivitäten gewesen war. Jener Auftritt Fischers hätte unter anständigen Politikern eigentlich unbestreitbarer Anlass zum Rücktritt sein müssen.

  10. Fischer ist auch deshalb absolut unwählbar, weil er der gesellschaftspolitisch deutlich am weitesten links stehende Bundespräsident der zweiten Republik ist. Das hat er etwa mit seinem Engagement für das Adoptionsrecht schwuler Paare gezeigt – obwohl dieses Thema nicht nur moralisch und wertemäßig, sondern angesichts des Desinteresses der angeblich so lange diskriminierten Schwulen an der Ehe auch quantitativ ein absoluter Rohrkrepierer ist.

  11. Fischer hat sich auch mehrfach für ein Bleibrecht Arigona Zogajs ausgesprochen – und damit klar signalisiert, wo er in der Zuwanderungsfrage steht, also bei jenem Thema, das den meisten nicht-linken Österreichern neben der katastrophalen Finanzlage des Landes die größten Sorgen macht. Dass er diese Sorgen vieler Österreicher in keiner Weise teilt, hat er übrigens auch dadurch gezeigt, dass er radikale Islamisten zum offiziellen Essen geladen hat.

  12. Apropos Finanzkatastrophe: Wer hat jemals von Fischer zu diesem Thema – anstelle der Zogaj- und Ortstafel-Schmonzetten – klare Worte gehört? Totales Schweigen im Walde. Vielleicht könnte er wenigstens einmal einen Text des deutschen Bundespräsidenten zu wirtschaftlichen Fragen vorlesen. Vielleicht könnte er nachlesen, welches Pensionsalter seine deutschen Parteifreunde schon mitbeschlossen haben (nämlich 67 Jahre). Vielleicht könnte er anstelle seines üblichen Gejammeres über die angeblich so vielen sozial Benachteiligten die Statistiken nachlesen, dass Österreich in fast allen Bereichen die höchsten Umverteilungs- und Wohlfahrtsstaat-Quoten hat. Vielleicht könnte er sich von unabhängigen und sachkundigen Menschen (also halt nicht gerade Arbeiterkämmerern) einmal vorrechnen lassen, warum der Finanzminister – endlich – Klartext spricht, dass wir nur noch drei Jahre von griechischen Verhältnissen entfernt sind.

  13. Fischer hat sich auch nie der heuchlerischen Kampagne seiner Partei gegen das Weiß-Wählen einiger ÖVP-Funktionäre entgegengestellt, das undemokratisch sei. Obwohl er allen Grund dazu hätte, das Weiß-Wählen zu verteidigen: Hat er es doch selbst 1998 bei der zweiten Klestil-Wahl als legitim empfohlen.

  14. Gehen wir noch ein wenig weiter in Fischers Vergangenheit zurück – wie es ja umgekehrt auch die SPÖ mit riesigem Aufwand bei jedem ihrer Gegner tut –, dann finden wir da etwa in einem Buch Fischers eine massive Attacke auf „das rabiate  Festhalten an der sozialen Marktwirtschaft“.

  15. Unter Federführung Fischers entstand damals auch ein sozialdemokratischer „Problemkatalog“, der klarmachte, was Fischer anstelle der Marktwirtschaft eigentlich wollte. Da liest man etwa: „Die Verwirklichung einer klassenlosen Gesellschaft ist weiterhin das dominierende Ziel einer sozialistischen Gesellschaftsreform.“ Im gleichen Text liest man auch das Verlangen nach einem „Abbau individueller Entscheidungsmöglichkeiten“, nach einem weiteren „Vordringen der verstaatlichten Unternehmungen“, und nach einer „Umkehrung der Entlohnungspyramide“. Karl Marx war ein Weichei gegen jene Fischer-Worte.

  16. Als einmal sozialdemokratische Politiker vor Gericht standen, empörte sich der nunmehrige Hüter von Verfassung und Rechtsstaat über „die Unfairness und Brutalität mancher Justizfunktionäre“. So wie wenn Fischer in Wahrheit Peter Westenthaler hieße.

  17. Der angeblich so noble Fischer konnte auch im Parlament gut austeilen: „Sie Schwein, Sie!“ sagte er etwa einem Abgeordneten, der sich über Hannes Androschs Geschäfte erregt hatte.

  18. Ebenso finden sich in den Archiven öffentliche Solidaritätsbekundungen Heinz Fischers für den Sechsfachmörder Udo Proksch.

  19. Ein weiteres ganz starkes Motiv, Fischer nicht zu wählen, hört und sieht man täglich im ORF, liest man in fast allen Zeitungen: Natürlich gilt die Unschuldsvermutung und es besteht keinerlei Zusammenhang mit den 160 Millionen, die der ORF von der Regierung bekommen soll, und den 100 Millionen, welche die Zeitungen im Vorjahr von Regierung und Gemeinde Wien bekommen haben. Tatsache ist, dass (bis auf die Kronenzeitung) wie auf Kommando gleichlautende Stimmung für Fischer gemacht wird. Gegenkandidaten werden (im zur Objektivität verpflichteten ORF!) ungeniert als „schrullig“ und „umstritten“ niedergemacht. Fischer werden hingegen fast nur belanglose Hofberichterstattungs-Fragen gestellt, wie etwa jene des ORF-Radios: Wie fühle sich Fischer denn so, wenn man eine Ehrenkompanie abschreite.

  20. Und last not least ist es auch extrem provozierend, wenn Fischer im Wahlkampf Schulen besuchen darf, die anderen Kandidaten dort jedoch Zutrittsverbot bekommen. Dafür kann Fischer wohl nichts persönlich; es zeigt aber neuerlich, wie sehr öffentliche Institutionen von den Freunden Fischers parteipolitisch missbraucht werden.


Haben wirklich 80 Prozent der Österreicher ein so schlechtes Gedächtnis, dass sie sich am Sonntag trotz all dieser Gründe für den absolut unwählbarsten aller Kandidaten entscheiden werden? Dies prophezeien jedenfalls die Meinungsumfragen. Oder wird es ihm nicht einmal gelingen, die Hälfte der Wahlberechtigten hinter sich zu vereinen? Ich werde mich jedenfalls in den nächsten Tagen noch mit den vier Alternativen zu befassen versuchen, die jeder Bürger hat, um Fischer nicht zu wählen.

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