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Ein Leser aus der Vorarlberger Stadt Feldkirch hat mir „stark zentralistische Tendenzen (Stichwort: Landesfürsten)“ vorgeworfen. Ich würde Einsparungspotentiale stets schwergewichtig bei den Ländern und nicht bei der aufgeblähten Bundesverwaltung orten. Und er verwies auf das Gegenbeispiel der Schweiz mit ihrer soliden Finanzpolitik.
Ernsthafte Kritik gibt immer zu denken. Aber auch manchen Anlass zur Erwiderung. Erstens: Die Schweiz hat nicht fünf, sondern im Wesentlichen nur drei Verwaltungs-Ebenen: Gemeinde, Kanton, Konföderation. In Österreich heißt der Stufenbau hingegen: Gemeinde, Politischer Bezirk, Bundesland, Republik, Europäische Union.
Da wäre gerade das Schweizer Vorbild ein Anlass, die eine oder andere Ebene grundsätzlich in Frage zu stellen. Wobei gleich hinzuzufügen ist, dass das nicht die EU sein kann, denn bei einem Austritt würden in Österreich Hunderttausende Arbeitsplätze verloren gehen. Und auch ein wiedergeborener Schilling wäre längst kaputt, wenn nur zwei Nobelpreisträger wieder in Aufsätzen Schwachsinnigkeiten über Österreich verbreiten sollten (wie vor einem Jahr geschehen).
Zweitens: Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Solidität der Schweiz vor allem eine Ursache – neben dem alemannischen Volkscharakter der Sparsamkeit – hat: die direkte Demokratie. In der Schweiz, wo immer alle Stimmbürger mitbestimmen können, setzen sich Lobbies und Partikularinteressen nie so leicht durch wie in Österreich. Hierzulande wird hingegen allzu viel nach dem Motto verschwendet: Hier bekommen meine Bauern Subventionen, dafür darfst du bei der Bundesbahn Milliarden verschwenden. Um nur eines von Dutzenden Beispielen anzuführen.
Und drittens ist gerade die Schweiz ein Musterbeispiel dafür, was notwendig ist, damit Föderalismus im Gegensatz zu Österreich funktioniert. Das Schlüsselwort heißt: Steuerautonomie. Jeder Kanton setzt selbst die Steuersätze fest. Dadurch entsteht ein heftiger, aber gesunder Wettbewerb zwischen den Kantonen und Gemeinden, mit möglichst niedrigen Steuersätzen möglichst gute Dienstleistungen für die Bürger zu erbringen.
Von all dem kann in Österreich keine Rede sein. Hier ist es für den Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann viel wichtiger, die Privilegien der Landesbeamten zu verteidigen (auch wenn die 130 Millionen Euro kosten), weil die ein so wichtiger Teil seiner Partei sind. Für Sparsamkeit bekommt er im derzeitigen System keine halbe Wählerstimme.
Denn die Steuern und Abgaben setzt ja (mit wenigen marginalen Ausnahmen) der Bund fest, der das Geld auch für die Länder eintreibt. Die Länder sind hingegen nur dazu da, um das Geld auszugeben. Eine geradezu perverse Situation.
Wenn wir uns darauf einigen könnten, dass alle Ausgaben eines Bundeslandes auch durch von diesem Land autonom festgesetzte Steuern hereingebracht werden müssten, dann wäre ich sofort für jede Form von Föderalismus. Denn im Prinzip ist jede Verwaltung besser, wenn sie näher beim Bürger ist und wenn es keine einheitlichen Regeln für einen gemeinsamen Markt braucht. Dann wäre vor allem bald Schluss mit lustig.
Dann wäre Schluss mit sinnlosen Straßen- und Prestigebauten, mit pompiger Repräsentation, mit unnötigen Spitälern (der niederösterreichische ÖVP-Landesrat Sobotka hat soeben die dadurch mögliche Einsparung von Dutzenden Millionen mit der entwaffnenden Begründung abgelehnt, dass die Bevölkerung all diese Krankenhäuser wolle), mit Brot und Spielen (von dem auf Steuerkosten zu einem Dauerrummelplatz verwandelten Wiener Rathausplatz bis zu der nicht mehr überschaubaren Zahl sommerlicher Festspiele in jedem zweiten Bauerndorf), mit unnötigen Milliarden-Tunnels (von der Koralm bis zum Brenner). Um nur die wichtigsten zu nennen.
Niemand ist sparsam, wenn er vom Geld Dritter lebt.
Dennoch verstehe ich die erbittert gegen einen Abbau des Föderalismus kämpfenden Vorarlberger: Denn dort ist wirklich alles anders. Dort ist jeder sparsam, bis hinauf zum Landeshauptmann. Dort würde kein Politiker die Schuldenlawine anderer Länder überleben, die in Kärnten, Wien und Niederösterreich am größten ist. Einem Vorarlberger tritt die Verschwendung immer nur auf Ebene des Bundes gegenüber, nie auf der des Landes. Im Osten Österreichs ist es genau umgekehrt.
Denn es sind halt leider nicht alle Österreicher Vorarlberger. Daher sollten die Vorarlberger hier und da durch die Arlberg-Tunnels nach Osten blicken und erkennen, dass Reform dringend nottut. Und dass letztlich auch sie davon profitieren werden. Ob die Reform nun in einer Zusammenlegung vieler Kompetenzen – etwa jene der Gesetzgebung – auf Bundes- (und EU-)Ebene besteht oder in der vollen Übernahme der Finanzierungsverantwortung durch die Länder. Sind Länder und Gemeinden erst einmal den Bürgern für jede Steuererhöhung verantwortlich, dann werden sie vor allem ganz von selber nachdenken, welche Aufgaben man besser mit anderen Ländern und Gemeinden zusammenlegt. Und welche vielleicht sogar billiger kommen, wenn man sie ganz nach unten in die Nähe des Bürgers verlegt.