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Lehrstunde über Koalition und Bankenwelt

Vom Vorschlag Werner Faymanns ist inzwischen nicht mehr viel übrig: Der SPÖ-Chef wollte in Österreich eine Bankensteuer quer über die Bilanzsumme aller Banken einführen. Nunmehr soll es auf Wunsch des ÖVP-Chefs aber offenbar nur noch um als risikoreich eingestufte Bankgeschäfte gehen, wofür im Gegenzug die Kreditsteuer abgeschafft werden soll.

Die Sache ist damit zwar etwas vernünftiger geworden. Sie ist aber auch ein kleines Exempel für den Zustand der Koalition:


  1. Wie in deren schlechtesten Zeiten prescht abwechselnd eine Seite öffentlich mit einem Vorschlag vor, um die andere in der Öffentlichkeitswirkung zu überrumpeln. Und erst danach setzt man sich nun - angeblich - zusammen.

  2. Die ÖVP besteht offensichtlich nur noch aus dem Parteiobmann. Und wenn der aus schwer nachvollziehbaren Gründen zusammen mit dem Wirtschaftsminister nach Indien reist (würde nicht einer genügen?), dann ist die Partei tagelang nicht reaktionsfähig. Maria Fekter, die einzige (wenn auch auf einem anderen Feld) noch eigenverantwortlich handelnde Ministerin, ist ja vom Parteiobmann inzwischen weitgehend demontiert worden. Die schwarze Regierungsmannschaft besteht also jetzt im Grund nur noch aus farblosen Mitterlehners (auf der Gegenseite ist außer einem Hundstorfer freilich auch nicht viel zu sehen).

  3. Die Reaktion der ÖVP war weitgehend davon geprägt, dass die Kronenzeitung für die Bankensteuer eintritt (deren offenkundiges Motiv: immerhin haben ja die Banken einst Hans Dichand einen Großkredit zum Auskaufen von Kurt Falk verweigert). Daher konnte die ÖVP zur Bankensteuer nicht direkt Nein sagen, sondern stotterte erst zwei Wochen herum, bis sie dann zu einem "Ja, aber" fand.

  4. Während also in der Sachpolitik eher Chaos herrscht, deutet viel darauf hin, dass in der Personalpolitik die Koalition wie geschmiert läuft. Der nunmehr offizielle Verzicht der Volkspartei auf eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl ist bei einer Partei, die sich berühmt, bei allen Meinungsumfragen an erster Stelle zu liegen, nun doch erstaunlich. Ähnlich misstrauisch machte der rasche Verzicht der ÖVP auf Wilhelm Molterer als erwünschter EU-Kommissar.


Soweit die Machtspielchen in der klein gewordenen großen Koalition. Während dieser Spiele fiel aber auch ein interessanter, bisher kaum beachteteter Satz des Bundeskanzler zum Thema Banken. Er sagte, künftige Schäden der Geldinstitute müssten diese selber tragen und dürfen nicht dem Steuerzahler umgehängt werden. Das ist eine spannende Aussage, wenn wir einmal davon ausgehen, dass sich Herr Faymann dabei auch irgendetwas gedacht hat: Denn der Satz kann ja nur bedeuten, dass man die Geldinstitute nunmehr krachen lassen wird, wenn sie es eben nicht schaffen, etwaige "Schäden" (Kreditausfälle in großem Maßstab und ähnliches) selbst zu tragen. Wenn das aber für die Zukunft richtig ist, dann muss das wohl auch für die Vergangenheit gelten. Dann waren die diversen Rettungsaktionen des Vorjahres falsch, mit denen die Steuerzahler Banken und Industriekonzernen beispringen durften - oder eher mussten.

Bisher waren aber hierzulande beide Großparteien sehr stolz auf diese Rettungsaktionen und brüsteten sich so wie viele andere Regierungen, solcherart größere Crashs vermieden zu haben. Und nur die konsequentesten Gegenspieler aller planwirtschaftlichen und staatsinterventionistischen Aktionen, nämlich die Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, haben die Milliarden-Interventionen schon damals gerügt. Diese Jünger von Mises, Menger oder Hayek sind freilich trotz des Sammelbegriffs "Österreichisch" im Ausland viel angesehener als hierzulande, wo an den Universitäten noch immer die Schuldenphilosophie eines Herrn Keynes gelehrt wird.

Was wäre wirklich passiert, wenn die Staaten nicht interveniert hätten - oder wenn sie nur die Gläubiger der Banken, nicht jedoch die krachenden Institutionen geschützt hätten? Besonnene Menschen kommen zunehmend zur Überzeugung, dass man 2009 damit den Schock zwar noch vergrößert hätte, dass man nach einigen Wochen des Schreckens heute aber wohl viel besser dastünde. Möglicherweise hätten zwar manche Banken im vergangenen März um einen absoluten Okkasionspreis den Eigentümer gewechselt. Aber eine Reduktion der Bankenmenge wäre nicht gerade ein Schaden für die Wirtschaft gewesen - sofern man dabei den Dominoeffekt eines Bankkraches verhindert hätte. Genauso hätte es der europäischen Auto-Industrie durchaus gut getan, wenn ein paar Marken vom Markt verschwunden wären, statt dass die Überkapazitäten um teures Geld gerettet wurden. Denn die solcherart erfolgte Rettung von Arbeitsplätzen wird in den nächsten Jahren noch viel mehr Jobs kosten.

Aber im Vorjahr ist man ja schon zum halbkriminellen Dissidenten und Vaterlandsverräter gestempelt worden, wenn man über all das nur nachgedacht hat.

Nun wird halt so getan, als ob man für die Zukunft genau regeln wird können, welches Bankgeschäft gefährlich ist und daher besteuert oder gar verboten wird - und welche Bankgeschäfte zu den guten gehören. Viel Spaß dabei!

So sinnlos bürokratisch aufwendige Bagatellsteuern wie die Kreditvertragsgebühren sind, so blöd ist es vorzugeben, dass Kredite gut und beispielsweise Derivate (Optionen) schlecht seien. Denn in Wahrheit ist der Crash 2008 durch das reihenweise Platzen von Immobilienkrediten und nicht durch das Scheitern von Derivat-Geschäften oder ähnlichem ausgelöst worden. Immobilienkredite gelten aber als die allersicherste Form von Bankgeschäften. Noch dazu, wenn wie im Fall der amerikanischen Papiere das Risiko gebündelt, also auf Tausende Hypothekarschuldner aufgeteilt wird.

Alle Finanzexperten haben damals geglaubt, dass das eigentlich die allersicherste Form der Geldanlage sei. Noch dazu in Amerika.

Umgekehrt sind Derivate sehr oft Finanzgeschäfte, welche nicht Unsicherheit schaffen, sondern zur Sicherheit beitragen: Etwa wenn sich jemand gegen einen Anstieg der Ölpreise oder gegen eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands oder Spaniens absichern will. Was eigentlich ein vorsichtiger Kaufmann durchaus tun sollte. Wird es nun weniger solcher Derivatgeschäfte geben? Sicher nicht. Sie werden künftig halt nur vermehrt im Ausland abgewickelt werden. So wie halt die Bank Austria im Unicredit-Konzern stufenweise auf eine österreichische Filiale zurückgestutzt wird.

Man sollte endlich begreifen: Es gibt keine absoluten Sicherheiten in der Finanzwelt. Am ehesten trägt man zu mehr Sicherheit bei, wenn man den Banken eine viel höhere Reservehaltung vorschreibt als bisher. Aber gerade dieser Weg der Bildung einer höheren Sicherheitsreserve wird ja absurderweise durch die Bankensteuer erschwert. Besonders unsicher hingegen wird es, wenn man Finanzpolitik auf Empfehlungen der Kronenzeitung oder gar von "Österreich" betreibt. Und die allergrößte Unsicherheit ist es, wenn der Steuerzahler eine Bank auffängt, die falsch angelegt hat: Denn damit ermutigt man die Banken, sich auch für die Zukunft auf dieses Auffangnetz zu verlassen. Damit ermutigt man sie verstärkt, noch riskantere Kredite zu vergeben. Die ja bessere Zinsen bringen als die langweiligen, aber relativ sicheren Geldverleihungen.

Und nur noch von Ahnungslosigkeit zeugt es, wenn man glaubt, die heimischen Banken wären schon wieder Goldesel, die jetzt das üppig verschuldete Budget retten können: Die Probleme, die nun auch Raiffeisen durchbeuteln - und deren wahrer Charakter auch durch Veröffentlichung von Geheim-Analysen nicht ganz klar wird -, zeugen davon, dass die Krise munter weitergeht. Ebenso wie es skurril ist zu glauben, dass etwa die Volksbanken, die zum Unterschied von Raiffeisen und Sparkassen nicht einmal die Zinsen für die Partizipationsscheine (die ja de facto nachrangige Kredite des Staates an die Banken sind) zahlen können, würden nun unter dem Titel einer Bankensteuer plötzlich das Geld ausspucken können.

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