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Wer rettet diese Justiz?

In der Justiz ist der Wurm drinnen. Und der wird immer größer. Das wurde auf dieser Seite schon mehrfach mit Sorge registriert. Die vergangenen Stunden haben gleich mehrere Anlässe geliefert, die zusätzlichen Grund zur Sorge geben.

Da ist einmal die unglaubliche Geschichte eines Strafurteils,  das einem Austrotürken eine "allgemein begreifliche, heftige Gemütsbewegung" zubilligte, als er auf seine scheidungswillige Frau eingestochen hatte. Denn Personen mit Migrationshintergrund, wie sie in der politisch korrekten Sprache genannt werden, befinden sich laut der Urteilsbegründung eben "in einer besonders schwierigen Lebenssituation".

Und - schon wieder - ist es die Wiener Staatsanwaltschaft, die dem Gericht diese seltsame Ansicht empfohlen hatte.

Nichts zeigt exemplarischer als diese Begründung, wie weit sich die Justiz in ihrer Welt- und Menschensicht schon von dem entfernt hat, was "allgemein begreiflich" ist. Denn außerhalb des Elfenbeinturmes der heimischen Gerichte kann niemand ein solches Urteil begreifen.

Woher kommt eine solche Justiz? Nun, viele Wurzeln lassen sich bis zu Christian Broda zurückverfolgen, dem sozialistischen Justizminister der 70er Jahre, der von einer gefängnislosen Gesellschaft geträumt hat. Motto: Alles verstehen, heißt alles verzeihen. Auf diesen Minister folgten durchwegs schwache - teilweise bürgerliche - Ressortchefs, die von der Gesetzgebung bis zur Personalpolitik ständig den Schülern Brodas das Feld überließen.

An den Universitäten - vor allem jener in Wien - kamen etliche Professoren mit ähnlichen Visionen dazu, und in den Medien der linksliberale Mainstream von ORF über "Kurier" und "Profil" bis zu "Falter", "Heute" und "Österreich", die sich nur dann für den Rechtsstaat (oder das, was sie dafür halten) einzusetzen beginnen, wenn es um böse schießwütige Polizisten und die arme Arigona Zogaj geht.

Es ist ein Treppenwitz, dass dieses Urteil genau zum gleichen Zeitpunkt erfolgt, da die Richter in den Streik treten: Jeden Monat gibt es künftig eine Woche lang keine Verhandlungen. Der Grund ist nicht etwa zu geringe Bezahlung - das wäre gerade in diesem Berufsstand auch allzu seltsam -, sondern die angebliche oder wirkliche Unterbesetzung der Gerichte.

Das muss man sich ja auf der Zunge zergehen lassen: Weil es zu viel Arbeit gibt, wird (noch) weniger gearbeitet. Das ist ungefähr die gleiche Intensität an Logik, die es für allgemein begreiflich hält, dass ein Austrotürke auf seine Frau einsticht.

Hinter der hierorts häufig geführten Kritik an der Justiz stehen keine bösen persönlichen Erfahrungen mit dieser, sondern die auch durch Beobachtungen internationaler Entwicklungen gewonnene Erkenntnis, dass die Justiz die weitaus wichtigste Abteilung des uns alle immer enger umschließenden Staates ist. Wenn in einem Staat die Justiz nicht funktioniert, kann die Verwaltung nicht funktionieren, kann die Wirtschaft nicht zu blühen beginnen, können die Bürger kein gutes Gefühl bekommen.

Daher bräuchte es dringend Politiker, etwa einen neuen Justizminister, der dem Justizapparat seine überragende Bedeutung wieder bewusst macht, der sich nicht nur in Micky-Maus-Themen verliert; die Hoffnung, dass Bundeskanzler oder Bundespräsident zu mehr als populistischen Aussagen gut sein könnten, habe ich ja sowieso schon aufgegeben.

Richter haben gewaltige Macht. Sie entscheiden über Schicksale, nicht nur von Tätern, nicht nur von Opfern, sondern durch die generalpräventive Wirkung auch über das Schicksal potentieller künftiger Opfer. Sie entscheiden aber auch über  ganze Firmen, darüber ob Unternehmer nur noch die bösen Ausbeuter sind, ob auch Arbeitnehmer Pflichten haben. Sie entscheiden im Familienrecht fast noch mehr als im Strafrecht über Existenzen.

Daher sollte es auch wieder mehr Bemühungen um die Würde des Gerichts geben. Richter mit Christusschlapfen und T-Shirt unter dem Talar zeigen genauso wie Richterinnen, die wie selbstverständlich ihren Hund in Verhandlungen mitnehmen, dass sie absolut nichts begriffen haben. Jedenfalls nicht das, warum sie eigentlich da sind (wenn sie da sind).

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