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Krisenzone Justiz, nächste Instanz

Nach ein paar Tagen haben auch alle anderen Medien das hier kritisierte Skandalurteil thematisiert, das aus einem Mordversuch einen bloßen Totschlagversuch gemacht hat, nur weil der Täter türkischer Abstammung war. Wieder ein paar Tage mehr und endlich hat auch die Justizministerin reagiert. Aber wie! Irgendwie wird der Rechtsstaat endgültig zur Farce.

Das Ministerium von Claudia Bandion-Ortner hat nämlich einen "Erlass" zu diesem Thema herausgegeben und diesen an viele Gerichte und Justizstellen weitergegeben. Abgesehen davon, dass man im Justizministerium nicht Deutsch kann und mit Vokabeln wie "unvorgreiflich" daherstelzt, hat der Erlass die Dinge nur noch schlechter gemacht. Denn eine politische Instanz hat laut Verfassung und gemäß den zentralen Grundbausteinen unserer Rechtsordnung den Gerichten zu deren Urteilen überhaupt nichts zu sagen, schon gar nicht per Erlass. Sondern einzig durch ein Gesetz.

Dass damit die Gewaltentrennung, eine wirkliche Säule der Republik, ins Wanken gebracht worden ist, haben aber nicht einmal die Oppositionsparteien begriffen, die Bandion plötzlich loben.

Was hätte die Ministerin statt dessen machen können? Sie hätte erstens durchaus das Recht, ganz persönlich ihre Meinung zu einem Urteil zu sagen, sobald sie gleichzeitig betont, dass sie dies nur als Staatsbürgerin tut.

Sie hätte aber zweitens durchaus auch als Ministerin handeln können. Denn als solche ist sie weisungsberechtigte Vorgesetzte der Staatsanwälte. Und das Gericht war ja in dem Anlassfall durch die von der Staatsanwaltschaft fabrizierte Klage, die lediglich Totschlag inkriminiert hatte, schon weitgehend eingeengt gewesen. Bandion-Ortner hätte statt eines "unvorgreiflichen" Erlasses den Staatsanwälten eine ganz klare Weisung geben können. Was sie bis heute unterlassen hat. Es hätte im übrigen genügt, den Staatsanwälten die einschlägige OGH-Judikatur zukommen zu lassen, welche die Dinge nicht so leichtfertig sieht wie die von den Staatsanwälten zitierten Kommentare.

Die unter der Hand ausgestreute Rechtfertigung der Staatsanwaltschaft, sie habe nur deshalb Totschlag angeklagt, damit es nicht vor ein schwer steuerbares Geschworenengericht kommt, ist nicht nur ein Armutszeugnis, sondern auch eine glatte Rechtsverletzung. Die - sollte sie wahr sein - fast schon an Amtsmissbrauch grenzt.

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